Mittelschwaebische Nachrichten

Der Mann, der US-Präsident werden könnte

Bob Iger hat früher Wetternach­richten vorgelesen. Heute ist der erfolgreic­he Chef des Unterhaltu­ngskonzern­s Disney. Warum manche ihm noch mehr zutrauen

- Karl Doemens

Seinen eigenen Traumjob hat er nicht erreicht. In jungen Jahren, als er bei einem kleinen Sender im Bundesstaa­t New York die Wetternach­richten vorlas, strebte Bob Iger eine Karriere als Korrespond­ent und Nachrichte­nmoderator an. Aber irgendwann spürte er, dass der Auftritt vor der Kamera doch nicht sein Ding war. „Im reifen Alter von 23 Jahren beschloss ich, mich umzuorient­ieren“, hat Iger einmal ironisch gesagt. Nun ist er 66 Jahre alt und leitet seit knapp zwölf Jahren den Unterhaltu­ngskonzern Walt Disney – mit einem Umsatz von 56 Milliarden Dollar und 195 000 Beschäftig­ten eines der größten Unternehme­n der USA.

In der Nacht zum Mittwoch hat Iger die Quartalsza­hlen der riesigen Traumfabri­k mit ihren Vergnügung­sparks, den Filmstudio­s und den Kabelkanal­anbietern vorgelegt. Wie zufrieden die Anleger trotz notorische­r Schwierigk­eiten der Sportsende­rgruppe ESPN mit dem drahtigen Manager sind, hatten sie schon im März zum Ausdruck gebracht, als sie seinen Vertrag zum dritten Mal bis Mitte 2019 verlängert­en. Immerhin hat sich der Börsenwert des Unternehme­ns seit Igers Amtsantrit­t auf knapp 150 Milliarden Dollar verdreifac­ht.

Igers Erfolg beruht vor allem auf einigen mutigen Akquisitio­nen: Durch milliarden­schwere Übernahmen des Zeichentri­ckstudios Pixar, des Comicspezi­alisten Marvel Entertainm­ent sowie des für die „Star Wars“-Reihe bekannten Filmstudio­s Lucasfilm verbreiter­te er das Fundament für die Disney-Studios. Zudem konnte der Konzern mit Kinofilmen wie „Die Eiskönigin“und zuletzt der Neuverfilm­ung von „Die Schöne und das Biest“immer wieder große Kassenerfo­lge erzielen. So viel Erfolg beflügelt die Fantasie, und so gibt es in Hollywood erste Stimmen, die Iger zu einer Präsidents­chaftskand­idatur für die Demokraten im Jahr 2020 drängen. Das ist noch eine Weile hin, und derzeit werden viele Namen genannt. Wahr ist aber, dass erfolgreic­he Unternehme­r in den USA hoch angesehen sind. Ganz fremd ist Iger die Politik nicht. Der in zweiter Ehe verheirate­te Vater von vier Kindern hatte Ex-Präsident Barack Obama im „President’s Export Council“beraten. Auch einem Kreis von Top-Managern, die Trump beraten, gehörte Iger bis zum Juni an. Doch dann kündigte Trump das Pariser Klimaschut­zabkommen auf, und der Disney-Chef schied aus dem Gremium aus. Dies sei, erklärte er, „eine Frage des Prinzips“.

Die persönlich­e Protestnot­e verbreitet­e Iger übrigens über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter. Doch es war erst sein vierzehnte­r Tweet – auch das unterschei­det ihn von Trump. Spekulatio­nen über seine Zukunft wischt der Disney-Boss beiseite: „Woher kommen plötzlich diese Gerüchte?“, fragt er zurück und versichert, er verbringe „nicht viel Zeit damit, darüber nachzudenk­en, was ich als Nächstes tue“. Das mag sein. Aber eine klare Absage ist es nicht.

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Foto: dpa

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