Mittelschwaebische Nachrichten
Alterssitz für ausgedientes Kirchturm-Uhrwerk
Die Schönebacher bewahren einen alten Schatz. Die Einzelteile waren nach Lagerung verrostet
Schönebach Sie dürfte die wohl älteste mechanische Kirchturmuhr in weitem Umkreis sein, die heute noch einwandfrei funktioniert. Um 1920 wurde sie von der Ulmer Firma Hörz angefertigt und im Kirchturm von St. Leonhard in Schönebach eingebaut. Dort versah sie bis in die späten 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts ihren Dienst und musste dann einem modernen digitalen Uhrwerk weichen. Vorübergehend wurde das Überbleibsel im alten Spital in Ziemetshausen beim Fundus des Heimatvereins untergebracht. Vor etwa zehn Jahren erinnerten sich die Schönebacher Georg Rößle und Anton Welzhofer der Uhr, wollten sie dem Heimatort erhalten und deswegen auf ihre Kosten reparieren und wieder zum Laufen bringen lassen.
Sie hatten erfahren, dass Friseurmeister Winfried Aust in Dinkelscherben aus seinem Hobby heraus nahezu alle mechanischen und nicht mehr in Betrieb befindlichen Kirchturmuhrwerke im weiten Umkreis von Dinkelscherben erworben und die meisten wieder repariert und funktionsfähig gemacht hat. So erhielt der Friseur den Auftrag, auch das alte Uhrwerk der Schönebacher Kirche wieder zum Laufen zu bringen.
Zum Transport vom Spital nach Dinkelscherben, den die beiden zuvor Genannten bewerkstelligt haben, musste das Räderwerk total zerlegt werden. Aust bezeichnet es nahezu als Trümmerhaufen, was man ihm brachte und stellte darob fest, dass nahezu alle Metallteile der Uhr verrostet waren. In seiner Hobbywerkstatt hat er in den Jahren 2005 bis 2007 die Teile entrostet, eingeölt und wieder zusammengefügt. Und siehe da – das Uhrwerk funktionierte einwandfrei. Für seine Tätigkeit in unzähligen Stunden verzichtete der Hobbyuhrmacher auf einen in Geld ohnehin kaum zu beziffernden Lohn. Aber er nannte seinen Auftraggebern sein „Wunschentgelt“. Beim Abtransport des Uhrwerks vom Spital entdeckte Aust ein uraltes „Wanderer“-Motorrad, auf das er ein Auge geworfen hatte. Dazu wollte er von den beiden Schönebachern noch ein neues Pferdegeschirr für eines seiner Kaltblutpferde haben. Das Motorrad konnte man nicht mehr ausfindig machen, er erhielt einen adäquaten Ersatz dafür. Und auch das (nicht ganz billige) Pferdegeschirr dazu. So waren alle drei Herren auf ihre Weise zufriedengestellt.
Georg Rößle fertigte einen in Größe und auch zum Alter des Uhrwerks passenden Holzkasten mit Rundumverglasung an und so kam das altehrwürdige Stück wieder nach Schönebach und erhielt vorübergehend im neuen Feuerwehrhaus seinen Platz. Nach einem Jahrzehnt dort veranlasste Kirchenpfleger und Mesnerin Sonja Jaser, dass das wertvolle und technisch so interessante Stück ins Pfarrhaus gebracht wird. Dort hat es nun im Pfarrsaal gleich unterhalb des mächtigen Kirchturms einen würdevollen Standort für seinen Lebensabend gefunden.
Winfried Aust hat sich zu seiner Entlohnung für die fachgerechte Reparatur und Wiederinstandsetzung der knapp einhundert Jahre alten mechanischen Kirchturmuhr zum guten Schluss noch ein gemeinsames Kirchturm-Uhrenfeschtle gewünscht. Dies hat er auch bekommen, allerdings hat sich der Teilnehmerkreis dann doch wesentlich erweitert. Sollten doch auch die Bürger von Schönebach an ihrem neuen Museumsstück teilhaben können.