Mittelschwaebische Nachrichten
Wo Menschen Lebenswärme finden
Schätze aus alten Abrisshäusern wie Türen, Dielen oder auch Fenster sind bei vielen gefragt. Warum viele zum Antikwerk kommen und was dort Neues geplant ist
Breitenthal Diese Lage ist nicht ganz einfach zu erklären. „Wir gehören zu Breitenthal, aber wir sind ein einsam gelegener Gutshof zwischen Deisenhausen und Ingstetten“, umschreibt es eine Mitarbeiterin. Westlich des Hofes befindet sich der Roggenburger Wald, das größte zusammenhängende Waldgebiet in der Region. Früher mussten viele telefonisch nach dem Weg zum Antikwerk Gut Glaserhof fragen. Das hat sich im Zeitalter der allgegenwärtigen digitalen Navigation natürlich gründlich geändert. Das Antikwerk Gut Glaserhof ist jetzt relativ leicht zu finden und so machen sogar „immer wieder Norddeutsche auf dem Weg in den Italienurlaub einen gezielten Abstecher zu uns“, erklärt Marc Pollack, der die Firma Antikwerk mit Stefan Heise führt.
Das Antikwerk – es ist auf eine besondere Weise eine Art Gesamtkunstwerk. Unter den Dächern des Anwesens aus dem 18. Jahrhundert nisten Schwalben und Turmfalken, die Wiesen rund um den Hof wachsen „naturbelassen“, wie man das heute oft gerne umschreibt. Im Café des Antikwerks genießen viele diese besondere Atmosphäre. „Viele kommen beispielsweise aus Ulm zu uns. In der Stadt wohnen, aber das Land genießen – das ist ein starker Trend“, betont Marc Pollack.
Und das Antikwerk ist weit mehr als ein Café. Die Firma ist auf alte Baumaterialien spezialisiert, vom Jugendstilfenster bis hin zu Land- hausdielen aus dem vorigen Jahrhundert. Pollack und seine Mitarbeiter finden sie beispielsweise in Abrisshäusern und kaufen sie auf. Zwischendurch gibt es dann immer wieder auch eine besondere „Sahnehaube“wie beispielsweise ein altes Schloss in der Schwäbischen Alb zwischen Ehingen und Münsingen. Beim Gedanken an die Funde auf dem Dachboden des Schlosses leuchten Pollacks Augen, aber Details verrät er nicht, Diskretion ist wichtig in diesem Geschäft.
In der Werkstätte in Weißenhorn werden die Materialien restauriert und dann im Antikwerk Gut Glaserhof zum Verkauf angeboten. Antike Baumaterialien sind gefragt wie nie, Pollack hat wiederholt von einem richtigen „Hype“gesprochen. Und ein Ende dieses Trends sei nicht absehbar. Warum ist das so? Glatte Oberflächen und Kanten, dazu oft die „Farbe“grau: Von der Bank bis hin zur Arztpraxis sind Raumgestal- tungen dieser Art geradezu inflationär zu finden. Nicht wenige empfinden dies offensichtlich als kalt und steril und möchten in ihrer Wohnung gezielt anders leben. In alten Baumaterialen gibt es sie noch, die Schnörkel und Kurven, die viele als so lebenswarm empfinden.
Was Pollack so alles im Sortiment hat, ist im Antikwerk in einer großen Ausstellung zu sehen: Tische, Türen, Kerzenhalter, Gemälde, Geschirr, kunstvoll verzierte Bilderrahmen, Gartendekorationen und vieles mehr. Im Frühjahr 2018 sollen die Ausstellungsräume komplett umgestaltet werden. Weg von der reinen Ausstellung heißt das Konzept, es sollen gezielt regelrechte Wohn- und Erlebnisräume eingerichtet werden, die sozusagen das „Leben anno dazumal“nachempfinden lassen. Dabei soll auch Altes mit Modernem kombiniert werden. Diese Kombination suchen viele für ihre Wohnung, sagt der 52-jährige Pollack. Auch das Gartencafé soll im Frühjahr 2018 neu gestaltet werden.
Viele Kunden aus dem gesamten süddeutschen Raum kommen inzwischen auf das abgelegene Anwesen. Darunter sind viele Stammkunden, es ist eine „regelrechte Szene“geworden.
Im Antikwerk Gut Glaserhof können die Kunden eine ungewöhnliche Zeitreise erleben. 1742 ließ der Abt des Klosters Roggenburg das Anwesen zwischen Deisenhausen und Ingstetten als Sommersitz erbauen. Schließlich erwarb das Haus des Prinzen von Hohenlohe das Anwesen. Ende der 90er Jahre wurde der aus dem norddeutschen Oldenburg stammende und in Weißenhorn aufgewachsene Marc Pollack auf das Gebäude aufmerksam, das damals schon seit Jahren leer stand.
Der gelernte Schreiner spürte, dass er hier einen Lebenstraum verwirklichen könnte. 1998 pachtete er den Hof und baute im Lauf der folgenden Jahre das Antikwerk Gut Glaserhof auf. Pollack spricht immer wieder von „Erlebniseinkauf“. Das verbinden viele auch mit den zahlreichen kulturellen Veranstaltungen wie etwa Ausstellungen und Konzerte, die es hier gibt. Häufig kommen auch Radler oder Wanderer zum Antikwerk. Die Gegend mit dem Roggenburger Wald als Herzstück ist bei ihnen beliebt, nicht weit entfernt sind der Oberrieder Weiher und der Oberegger Stausee. Irgendwie gehört wohl auch diese Landschaft zum Gesamtkunstwerk Antikwerk Gut Glaserhof.