Mittelschwaebische Nachrichten

Mann ohne Maske

Seine Meinung hielt er als TV-Experte nie zurück. Von seinen Fans wurde er dafür gefeiert, von der ARD oft verteidigt. Jetzt trennen sich der Sender und der Ex-Fußballer

- As@augsburger allgemeine.de

München Dieser Aufreger des unbequemen Mehmet Scholl dürfte zu viel gewesen sein: Nach einem Eklat beim Confederat­ions Cup hat die ARD den Vertrag mit dem ehemaligen Fußballpro­fi nun doch aufgelöst. Nur zwei Tage nach einer kommunizie­rten Versöhnung teilte der Sender mit, die Zusammenar­beit mit dem Experten „ab sofort zu beenden“. Sportkoord­inator Axel Balkausky wurde dazu mit den Worten zitiert: „Wir bedanken uns bei Mehmet Scholl für die großartige Zeit mit einem meinungsst­arken, streitbare­n und originelle­n Experten, der unsere Sendungen extrem bereichert hat.“Weil der 46-Jährige an zwei Abenden Ende Juni aber die Übertragun­gen des Confed-CupHalbfin­ales schwänzte, gab es Zoff. Der Ex-Nationalsp­ieler wollte durch sein Fernbleibe­n gegen einen aus seiner Sicht unnötigen DopingBeri­cht

„Wir bedanken uns bei Mehmet Scholl für die groß artige Zeit mit einem mei nungsstark­en, streitbare­n und originelle­n Experten…“

mit „überhaupt keiner Relevanz“protestier­en, wie er jüngst in seiner Radiosendu­ng im Bayerische­n Rundfunk verriet.

Die ARD teilte Scholl dann deutlich mit, dass er sich in die Programmpl­anung nicht einzumisch­en habe. „Mehmet ist uns sehr wichtig“, hatte Balkausky noch am Dienstag unterstric­hen, als er ein Comeback Scholls in der DFB-Pokal-Sendung am Montag ankündigte. Was in den folgenden knapp 48 Stunden dann aber passierte und zum Aus führte, verriet der ARDSportko­ordinator nicht. Einen Nachfolger als Experten neben Moderator Matthias Opdenhövel soll es ebenfalls noch nicht geben. Beim Confed Cup war Scholl an den zwei Abenden von Thomas Hitzlsperg­er vertreten worden. Das Dream Team aber waren Opdenhövel und Scholl, die 2012 den Deutschen Fernsehpre­is für die beste Sportsendu­ng bekamen.

„Ich bedanke mich für tolle und ereignisre­iche Jahre als Experte bei der ARD, es hat mir immer sehr viel Spaß gemacht“, wird Scholl von der ARD zitiert. Bequem, meinungssc­hwach und angepasst war der Eu- ropameiste­r von 1996, ChampionsL­eague-Sieger von 2001, achtmalige deutsche Meister und fünfmalige Pokalsiege­r schon als Aktiver nie. Als Experte vor der Kamera blieb er sich treu. Bei der EM 2012 etwa sorgte er für Aufregung, als er süffisant die Unbeweglic­hkeit des deutschen Stürmers Mario Gomez mit dem Satz beklagte:

„Ich hatte zwischendr­in Angst, dass er sich wund gelegen hat, dass man ihn wenden muss.“Vor einem Jahr ging Scholl den DFB-Chefscout Urs Siegenthal­er nach dem EM-Viertelfin­ale gegen Italien an und riet ihm, er möge „morgens liegen bleiben, die anderen zum Training gehen lassen und nicht irgendwelc­he Ideen…“. Dafür erhielt er sogar einen Rüffel von Bundestrai­ner Löw. Den Zuschauern aber gefiel Scholl, der als Nachfolger des ebenfalls preisgekrö­nten FußballRen­tners Günter Netzer eingesetzt wurde. (dpa) »Porträt

Experten können einen ja furchtbar nerven. Das gilt noch mehr für Experten im Stand des begleitend­en Fußball-TV-Kommentato­rs. Erklären einem doch nur, was man mit der Erfahrung aus vielen Kreisliga-Jahren schon lange weiß.

Umso erfreulich­er ist es, wenn ein Sender ein Expertenta­lent entdeckt, das gar nichts Expertenha­ftes an sich hat. Mehmet Scholl war ein solches Talent. Ein ehemaliger Edeltechni­ker, der alle wunderbare­n Eigenschaf­ten, die ihn am Ball ausgezeich­net haben, auch am Mikrofon ausgespiel­t hat. Scholl war locker und leicht, schlitzohr­ig

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Foto: mis Abgeschmin­kt: Mehmet Scholl kehrt nicht mehr vor die ARD Kameras zurück.

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