Mittelschwaebische Nachrichten
Über eine Berufskrankheit
Trends Journalisten lieben Trends. Sie entdecken sogar einen Trend, wo es keinen gibt. Es ist eine Berufskrankheit, ein Virus, das Journalisten befällt, wenn ihnen etwas auffällt. Einmal hätte mich die Trenderitis fast selbst erwischt.
Und das kam so: Ich schreibe gelegentlich über Comics, ein vielfältiges Medium, das auch vom Journalismus entdeckt worden ist. Denn auch in Comic-Form lassen sich Themen aufarbeiten. David Schraven und Jan Feindt etwa haben das vorbildlich vorgeführt in ihrer „grafischen Reportage über rechten Terror“. Das Buch, das 2015 erschien und 213 Seiten hat, heißt „Weisse Wölfe“.
Aber ich schweife ab. Zurück zur Trenderitis: Ich meinte, auf etwas gestoßen zu sein, das bis dahin niemand groß zum Thema gemacht hatte. Die 50er Jahre, glaubte ich, erlebten einen Boom im Medium Comic. Wollten die Autoren eine steigende Nachfrage nach einer vermeintlich weniger chaotischen Welt bedienen? Ich fand auf Anhieb drei „Graphic Novel“genannte ComicRomane, die in jenem Jahrzehnt spielten oder es zumindest streiften. Ich fragte bei Verlagen nach, erkundigte mich über den neuen, offenbar noch jungen Trend, der kurz davor stand, zum Massenphänomen zu werden. Wie ich dachte. Die Antworten waren ernüchternd.
„Sie haben Recht damit“, schrieb mir ein Verlag, „dass sich in der letzten Zeit Graphic Novels und Comics zu häufen scheinen, die sich mit den Umständen und Entwicklungen der Gesellschaft in bestimmten zeitlichen Abschnitten oder Epochen beschäftigen.“Von einem Trend wusste der Verlag nichts. Allenfalls eben von einer eher zufälligen Häufung. Ja, schlimmer noch: Laut Verlag gab es lediglich den Anschein einer Häufung! Das war’s mit meinem Trend. Von der Trenderitis bin ich seitdem kuriert.