Mittelschwaebische Nachrichten
Fast allen Kommunen geht’s gut im Kreis
Auch wenn mancher Kämmerer gerne noch mehr Geld im Gemeindesäckel hätte und Schulden manches Projekt verzögern: Im bundesweiten Vergleich kann hier allenfalls auf hohem Niveau gemeckert werden
Günzburg/Krumbach Das dürfte für bayerische Kommunal- und Landespolitiker jedesmal ein Volksfest sein, wenn die Bertelsmann-Stiftung wie in dieser Woche ihren Finanzreport vorstellt. Die Kommunen im Freistaat stehen gut da. Die Wissenschaftler haben sich als einen Indikator die Kassenkredite vorgenommen. Diese Kreditform dient eigentlich nur der kurzfristigen Überbrückung von Liquiditätsengpässen. Investitionen sollen damit nicht bewerkstelligt werden. So sieht es das Gesetz vor. Tatsächlich haben sich aber die Kassenkredite in vielen Kommunen zum dauerhaften Finanzierungsinstrument entwickelt. Vergleichbar ist das mit einer Privatperson, die ständig auf Dispokredite angewiesen ist. Diese Städte und Gemeinden haben das Problem, dass ihre Gestaltungsspielräume zum Teil erheblich eingeschränkt sind. Wie groß die sind, erklärt René Geißler, kommunaler Finanzexperte der Bertelsmann-Stiftung, an einer Kommune im Ruhrgebiet: „Allein die Stadt Essen führt mehr als doppelt so hohe Kassenkredite wie alle Kommunen in Bayern, BadenWürttemberg, Sachsen und Thüringen zusammen.“
In Bayern entfallen nicht einmal zwei Prozent der kommunalen Verschuldung auf diese Kassenkredite. 56 von 96 Landkreisen und kreisfreien Städten im Freistaat weisen – umgelegt auf die Einwohner – pro Kopf weniger als fünf Euro auf.
Im Landkreis Günzburg gibt es im Jahr 2015 keine Kassenkredite, hat die Bertelsmann-Stiftung nach Daten des Forschungsdatenzentrums (Schuldenstatistik der Gemeinden) berechnet. Das sei auch in den vorangegangenen Jahren so
gewesen.
Dies bedeutet aber nicht, dass Kommunen im Landkreis im vergangenen Jahr nicht am Kreditmarkt tätig geworden sind, um Investitionen finanzieren zu können. Die günstige Zinsentwicklung hat dem Jahresbericht des Landratsamtes zufolge zu einer gemeindlichen Kreditaufnahme – wie sie in den Haushaltssatzungen eingeplant war – von insgesamt fast 19 Millionen Euro geführt. Im Jahr 2015 waren es dagegen nur knapp 5,5 Millionen Euro gewesen.
Die finanzielle Situation der Gemeinden wurde vom Landratsamt als „gut bis sehr gut“bewertet. Im vorvergangenen Jahr waren zehn Kommunen völlig schuldenfrei; Aichen, Aletshausen und Burtenbach gehören dazu. 26 Gemeinden konnten ihre Verschuldung abbauen. Lediglich in drei der 34 Kommunen war die Haushaltslage angespannt.
Steuern sind im Bundesdurchschnitt die wichtigste Einnahmequelle der Gemeinden. Insbesondere die Gewerbesteuer, der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer, die Grundsteuer sowie der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer bilden einen wichtigen Teil der FinanzieUnterschiede rungsbasis. Nach den Angaben des Kommunalen Finanzreports 2017 sind die Gemeindesteuern zwischen 2005 und 2015 um beachtliche 56 Prozent angestiegen. Allein fünf der zehn Landkreise und kreisfreien Städte mit der bundesweit höchsten Steuereinnahmekraft im vorvergangenen Jahr liegen im Freistaat – jedoch keine Stadt oder Gebietskörperschaft davon in Schwaben.
Die Kommunen im Kreis Günzburg haben im Vergleich von 2005 zu 2015 an Steuereinnahmen zugelegt (von 753 Euro auf 1235 Euro; Werte pro Einwohner).
Die weiterhin gute Lage am Arbeitsmarkt hat die Einnahmen aus der Einkommenssteuerbeteiligung im Jahr 2016 gegenüber 2015 nochmals anwachsen lassen: Von knapp 65,6 Millionen auf gut 69,9 Millionen Euro. Da fielen die gesunkenen Gewerbesteuereinnahmen (minus 1,63 Prozent) nicht zu sehr ins Gewicht. Denn nach wie vor ist dieser Steuerposten beachtlich: Er beläuft sich auf über 63,9 Millionen Euro. Und die Mehrzahl der 34 Gemeinden, Märkte und Städte, nämlich 22, konnte sogar einen Anstieg der Gewerbesteuer verzeichnen.
Von der Finanzkraft der Kommunen wird (im Gegensatz zur Steuerkraft) dann gesprochen, wenn bereits die Schlüsselzuweisungen durch den Staat und die Umlagezahlungen an den Kreis mit einberechnet worden sind. Absolut nimmt Günzburg als größte Stadt mit mehr als 20 000 Einwohnern (und im Kreisvergleich auch den meisten Steuerzahlern) mit über 11,25 Millionen Euro die Spitzenposition bei der Finanzkraft ein. Ein Vergleich ist aber erst dann sinnvoll, wenn der Betrag auf die Einwohner heruntergebrochen wird. Mit 561,60 Euro landet die Große Kreisstadt im vorderen Mittelfeld unter den Kommunen. Die nächstgrößere Stadt Krumbach kommt auf 518,55 Euro. Das alles ist aber gar nichts, wenn eine Kommune betrachtet wird, die im Landkreis Günzburg eine absolute Ausnahmestellung einnimmt: Die Finanzkraft von Gundremmingen wird dem Landesamt für Statistik zufolge in diesem Jahr mit 3800,42 Euro je Einwohner angegeben – dem Kernkraftwerk sei Dank. Kein Wunder ist es daher, wenn ein goldenes Atomsymbol den oberen Teil des Gemeindewappens bildet.