Mittelschwaebische Nachrichten
Dicke Fragezeichen in Gundremmingen
Gewerbesteuerrückzahlung in Millionenhöhe steht bevor. Was sagen die Einwohner? Wie geht’s weiter?
Gundremmingen Für Gundremmingens Bürgermeister Tobias Bühler dürfte es die unangenehmste Bürgerversammlung in seiner inzwischen gut dreijährigen Amtszeit gewesen sein. Wie legt man Bürgern dar, dass einer Gemeinde möglicherweise eine Gewerbesteuerrückzahlung von 26 Millionen Euro bevorsteht (wir berichteten bereits ausführlich in unserer Samstagausgabe). Hinzu kommt, dass zu diesem Zeitpunkt so gut wie noch keiner der rund 60 Besucher von der prekären Situation wusste und schon gar nicht, wie es „aufgrund strittiger Steuerzuordnungen, die über viele Jahre zurückliegen“dazu kommen konnte. Das maximale Risiko sei im Haushalt zwar abgedeckt, wie Bühler erklärte. Gleichwohl sei es für ihn persönlich ein ganz schwerer Verlust. Wie hoch die Summe tatsächlich sein werde, sei derzeit nicht klar. Jede Behörde sehe es, vor allem nach den langen Jahren, anders.
Wie wird sich dies auf Gundremmingen auswirken? Bühler erörterte es anhand einer Beispielrechnung. Bei den Gewerbesteuereinnahmen führte die Gemeinde bisher 29 Prozent Gewerbesteuerumlage an den Freistaat und 49 Prozent Kreisumlage an den Landkreis ab. 22 Prozent verblieben in Gundremmingen. In den folgenden Jahren werden dafür wieder Gelder nach Gundremmingen fließen: Mit der Erstattung aus der Gewerbesteuerumlage, der Rückführung der Kreisumlage und der Schlüsselzuweisung, die Gundremmingen im Jahr 2020 nach Jahrzehnten wieder erhalten wird. Ein Problem stellt der mit einem Zins von sechs Prozent gesetzlich festgeschriebene Betrag der zurückzubezahlenden Gewerbesteuer dar. Deshalb müsse die Gemeinde das Geld so schnell wie möglich „loswerden“, betonte Bühler – auch wenn es möglicherweise erst in zehn Jahren eine endgültige Entscheidung geben werde. Projekte, wie der Bau des Mehrgenerationenhauses oder der Ausbau der Eichbrunnenstraße würden verschoben, gleichzeitig werde eine Anpassung der Wasser- und Abwassergebühren erfolgen. Die hatte die Gemeinde jedoch schon in Auftrag gegeben, bevor die Problematik bekannt wurde.
Was Gundremmingen nicht machen wird, ist das Zurückstellen der geplanten Baugebiete, so wie es einer der anwesenden Bürger gerne gesehen hätte. „Die Kinder sind unsere Zukunft“, sagte Bühler. Man müsse gerade jüngeren Bürgern die Chance geben, in Gundremmingen zu bleiben. Wenn man diesen Schritt verpasse, habe man in zehn Jahren keinen Kindergarten mehr.
Mancher Bürger fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. „Die Gemeinde hat die letzten Jahre auf zu großem Fuß gelebt. Jetzt schlägt es zurück“, meinte ein Bürger. Es habe immer geheißen, man habe ja genügend Geld. Irgendwann musste etwas kommen. Ein anderer dagegen sah die Schuld bei den Finanzbehörden: „Irgendeiner hat granatenmäßig geschlafen und wir dürfen zahlen.“„Eigentlich versteht hier niemand was“, äußerte sich eine Bürgerin. Keiner wolle, keiner dürfe etwas sagen. Ein weiterer Bürger stellte die Frage in den Raum, wo das Geld letztlich hinfließen wird. Eine klare Antwort konnten ihm weder der Bürgermeister noch die zwei Vertreter der beauftragten Münchner Rechtsanwaltskanzlei, die bei der Bürgerversammlung ebenfalls mit vor Ort waren, wegen des Steuergeheimnisses geben. In der regulären Bürgerversammlung im Oktober könne man vielleicht mehr sagen. Die Gundremminger nahmen die Nachricht hin, auch wenn es „das reinste Erdbeben“gewesen sei, wie einer bemerkte. Die Diskussionen dauerten noch eine ganze Weile an. Vielleicht war es aber auch das „Dorflädle-Bier“, das zumindest für diesen Moment den Gundremmingern verhalf, das Ganze erst einmal zu verdauen.