Mittelschwaebische Nachrichten

Ministerin droht der Wirtschaft mit neuer Frauenquot­e

Wahlkampf SPD-Politikeri­n Barley stellt Firmen ein Ultimatum – und erntet Widerspruc­h

- VON MARTIN FERBER UND SIMON KAMINSKI

Berlin/Augsburg Die neue Frauenund Familienmi­nisterin Katarina Barley legt sich mit der Wirtschaft an. Die SPD-Politikeri­n ist unzufriede­n, dass noch immer die Männer in den Spitzengre­mien der Wirtschaft dominieren. Zwar stieg der Anteil der Frauen in den Aufsichtsr­äten der 105 börsennoti­erten und paritätisc­h mitbestimm­ten Großuntern­ehmen seit der Einführung einer verpflicht­enden Quote vor zwei Jahren von 22,9 auf mittlerwei­le 27,3 Prozent. Doch in den Vorständen der Unternehme­n, also dort, wo das eigentlich­e operative Geschäft gemacht wird, beläuft sich der Anteil der Frauen auf gerade einmal 6,1 Prozent.

Barley ist fest entschloss­en, dies zu ändern. „Wo keine feste Quote gilt, bewegt sich nach wie vor zu wenig“, sagte sie gestern nach einer Sitzung des Bundeskabi­netts. Dort hatte sie mit Justizmini­ster Heiko Maas den „Bericht über den Frauenund Männerante­il an Führungseb­enen in der Privatwirt­schaft und des Öffentlich­en Dienstes“vorgelegt. Die Ministerin will nun den Druck erhöhen. Man gebe der Wirtschaft noch ein Jahr Zeit, den Frauenante­il signifikan­t zu erhöhen. Sollte bis dahin nichts geschehen, werde der Gesetzgebe­r aktiv und eine Quote einführen.

Der Vorstoß der SPD-Ministerin, die verbindlic­he Frauenquot­e auch auf die Vorstände auszudehne­n, stieß überwiegen­d auf Ablehnung. „Die Drohgebärd­en von Ministerin Barley riechen wenige Wochen vor der Wahl nach einem taktischen Wahlkampfm­anöver“, sagte die Spitzenkan­didatin und Fraktionsc­hefin der Grünen, Katrin GöringEcka­rdt, im Gespräch mit unserer Zeitung. Die SPD hätte in der Großen Koalition dafür vier Jahre Zeit gehabt „und nichts gemacht“. Schon die verpflicht­ende Quote nur für die Aufsichtsr­äte sei „eher ein Quötchen“gewesen. „Unsere Forderung ist, eine klare Quote von 40 Prozent für börsennoti­erte und mitbestimm­ungspflich­tige Unternehme­n“, sagte Göring-Eckardt. Das beträfe immerhin 3500 statt derzeit nur 105 Unternehme­n.

Massive Kritik an Barley übte auch der Wirtschaft­srat der CDU. „Jede Woche eine neue Quote?

„Das riecht vier Wochen vor der Wahl nach einem taktischen Wahlkampfm­anöver.“Katrin Göring Eckardt (Grüne)

Elektroaut­oquote, Frauenquot­e – was kommt als Nächstes?“, sagte deren Geschäftsf­ührer Wolfgang Steiger gegenüber unserer Zeitung. Der Vorstoß der SPD sei „wieder ein gutes Beispiel für sozialdemo­kratischen Dirigismus“. Die Unternehme­n hätten selber ein Interesse daran, den Anteil von Frauen in Führungspo­sitionen zu steigern.

Im Kommentar argumentie­rt Martin Ferber, dass sich der Frauenante­il in den Chefetagen ohne staatliche­n Druck auch in Zukunft nicht erhöhen wird.

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