Mittelschwaebische Nachrichten

Schröders Putin Nähe wird Schulz gefährlich

Der letzte SPD-Kanzler ist für einen lukrativen Job beim russischen Ölgiganten Rosneft nominiert. Dafür steht er massiv in der Kritik. Was das für den Mann bedeutet, der nächster SPD-Kanzler werden will

- VON BERNHARD JUNGINGER Foto: Sascha Schürmann, afp

Berlin Der letzte SPD-Kanzler sollte helfen, den nächsten ins Amt zu bringen. Das war die Hoffnung der Sozialdemo­kraten. Noch vor Wochen begeistert­e Gerhard Schröder mit einer Mut-Rede 4000 Mitglieder beim Parteitag in Dortmund. Martin Schulz, in Umfragen schier aussichtsl­os zurücklieg­ender Kanzlerkan­didat, hätte Schützenhi­lfe vom noch immer populären Altkanzler gut gebrauchen können. Stattdesse­n wird Schröder für die Wahlchance­n seiner Partei gerade zum unkalkulie­rbaren Risikofakt­or.

In Parteikrei­sen ist von „Fassungslo­sigkeit und Entsetzen“die Rede – darüber, dass sich der Altkanzler wenige Tage nach dem Urnengang in Deutschlan­d selbst zur Wahl stellt. Er kandidiert ausgerechn­et für einen lukrativen Posten beim halbstaatl­ichen russischen Ölgiganten Rosneft. Sein Einzug in den Aufsichtsr­at gilt nur noch als Formsache. Damit wäre Schröder quasi beim russischen Präsidente­n Wladimir Putin beschäftig­t, mit dem ihn eine langjährig­e Männerfreu­ndschaft verbindet.

Seit Schröders Rosneft-Nominierun­g bekannt ist, hagelt es Kritik. „Er erniedrigt sich endgültig zu einem bezahlten Diener der Politik Putins“, gibt der Grünen-Europaabge­ordnete Reinhard Bütikofer den Tenor vor. In der SPD ist weit und breit niemand in Sicht, der Schröder verteidigt. Parteivors­itzender Martin Schulz distanzier­t sich deutlich: „Ich würde das nicht tun.“Wenn sich Schröder für einen solchen Posten entscheide, sei das Privatsach­e. Für ihn aber gelte: „Auch nach meiner Zeit als Bundeskanz­ler werde ich keine Jobs in der annehmen.“Die Affäre um den möglichen RosneftPos­ten trifft einen wunden Punkt: Dass Schröder kurz nach seiner Abwahl 2005 einen Posten beim Erdgas-Pipeline-Projekt Nord Stream angenommen hat, für das er noch kurz zuvor als Bundeskanz­ler den Weg frei gemacht hatte, ist in der SPD bis heute umstritten. An der Ostsee-Gasleitung hält der russische Staatskonz­ern Gazprom die Mehrheit. Seit 2016 kümmert sich Schröder für Gazprom um das umstritten­e Nachfolgep­rojekt Nord Stream 2.

Unvergesse­n ist, dass Schröder seinen Freund Putin einst als „lupenreine­n Demokraten“bezeichnet hat. Seit der Annexion der Krim, dem von Moskau befeuerten Konflikt in der Ostukraine oder der Unterstütz­ung des syrischen Diktators Assad durch Russland sehen viele Sozialdemo­kraten die Kreml-Nähe des Ex-Kanzlers immer kritischer.

Der Job, den Schröder jetzt in Aussicht hat, wäre bei einem Konzern, der auf der Sanktionsl­iste der Europäisch­en Union steht. Das russische Gas und die Pipelines, durch die es fließt, sind für Moskau nicht nur Devisenbri­nger – sondern auch Mittel der Politik. Staaten, die nicht spuren, drehen die Russen kurzerhand den Gashahn zu.

Die Diskussion drohe, die gesamte sozialdemo­kratische Außenpolit­ik in Misskredit zu bringen, heißt es in der Partei. Dort, wo die SPD einen Moskau-freundlich­en, gegenüber Amerika skeptische­n Kurs einschlägt, könne der Eindruck entstehen, dies habe mit Schröders Russland-Connection zu tun.

Unabhängig von der außenpolit­ischen Brisanz und den Fragen der Moral – in der Partei, die sich als Anwalt der kleinen Leute versteht, wisPrivatw­irtschaft sen die Strategen auch um den gewaltigen Neid-Faktor. Über Schröders Beteuerung, dass der Posten, der ihm winkt, keinesfall­s mit sechs Millionen Euro im Jahr dotiert sei, wie die Bild-Zeitung nahelegt, sondern mit weniger als einem Zehntel dieser Summe, raufen sich die Genossen die Haare. Das wären dann immer noch knapp 600 000 Euro im Jahr. Zusätzlich zu den üppigen Gazprom-Bezügen, von mehreren hunderttau­send Euro jährlich ist die Rede. Dass der Altkanzler, wie der

Der Altkanzler dementiert Millioneng­ehalt

Bund der Steuerzahl­er vor zwei Jahren errechnete, monatlich ein Ruhegeld von 8300 Euro erhält, auch Büro, Dienstwage­n und Personensc­hutz vom deutschen Steuerzahl­er bezahlt bekommt, fällt da kaum mehr ins Gewicht.

Gerhard Schröder hat die Kritik an seinem möglichen Rosneft-Engagement als Wahlkampfh­ilfe der Medien für Angela Merkel abgetan. Doch das nehmen ihm selbst die eigenen Parteifreu­nde nicht ab. Der Altkanzler sei Politprofi genug, um die „verheerend­e Außenwirku­ng“der Rosneft-Diskussion einschätze­n zu können, sagt ein Funktionär: „Wenn er nicht merkt, dass er uns allen und besonders Martin Schulz einen Bärendiens­t erweist, hat er den Bezug zur Realität verloren.“

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Gerade schien sich Gerhard Schröder mit der SPD Basis wieder versöhnt zu haben. Doch nun nährt ein Jobangebot neue, tiefe Zweifel.

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