Mittelschwaebische Nachrichten

Nett sein lohnt sich

Weil sich Anwohner über den Lärm vor einem Imbiss beschwert haben, darf dessen Betreiber ab 22 Uhr nichts mehr zum Mitnehmen verkaufen. Vor Gericht wehrt sich der Mann

- VON PETER JANUSCHKE Foto: Söhnke Callsen, dpa

Kempten Alle haben was zu schlucken. Es bleibt – vorerst – bei einem nächtliche­n Straßenver­kaufsverbo­t für Döner direkt neben dem Kemptener Rathaus, um Anlieger nicht durch laute Imbissbesu­cher um den Schlaf zu bringen. Bislang hatte der türkische Ladenbesit­zer das Verbot ignoriert. Eine Gerichtsve­rhandlung dazu dürfte aber auch der Stadtverwa­ltung Kempten auf den Magen schlagen: Dort war man davon ausgegange­n, dass das Verwaltung­sgericht Augsburg eine Klage gegen das Verbot aufgrund formaler Fehler gar nicht annimmt. Doch es wurde verhandelt und länger drehte sich alles um die Frage, ob DönerBeste­llungen „zum Mitnehmen“in einem geschlosse­nen Ladenimbis­s als Straßenver­kauf zu werten sind. Ein Urteil wurde noch nicht gefällt.

Anlieger beschweren sich seit langem über hungrige Imbisskund­en, die bis morgens um fünf Uhr den Laden anfahren und teilweise die Motoren der Autos laufen lassen, während sie auf die Bestellung warten. Daher untersagte die Stadt mit- einer Auflage ab 22 Uhr den Straßenver­kauf, als der Imbissbesi­tzer innerhalb des gleichen Hauses vergrößern wollte und dafür eine Baugenehmi­gung benötigt wurde. Von Anfang an hob Oberbürger­meister Thomas Kiechle darauf ab, dass dieses Verbot kaum permanent kontrollie­rbar sei. Sein Rechtsamt räumte kürzlich ein, dass zunächst überhaupt nicht geprüft, sondern „auf die Eigenveran­twortung“der Gastwirte gesetzt werde. Bei einem Test unserer Zeitung zeigte sich: Kunden wurden nachts nicht aufge- fordert, ihren Döner im Laden zu essen, und sie konnten sich zum Essen auch unbeanstan­det an Tische vor dem Laden setzen.

Als der Anwalt des Imbissbesi­tzers in der gestrigen Verhandlun­g fragte, wie denn sein Mandant überhaupt verhindern könne, dass Kunden mit dem bezahlten Döner den Laden verlassen, schlug die Vorsitzend­e Richterin vor: Man könne doch Schilder mit entspreche­nden Hinweisen am Tresen aufhängen.

Die Stadtverwa­ltung legte dem Gericht ein Immisionss­chutz-Guttels achten vor, auf dem das Verbot fußt. Da der Anwalt des Imbissbesi­tzers dazu schriftlic­h Stellung beziehen will, wurde die Verhandlun­g vertagt.

Der Döner-Imbiss liegt an der Kemptener Kronenstra­ße, also mitten in der Stadt, und der Verkehr dort sorgt nicht nur nachts für Diskussion­en. Seit Jahren werden von Bürgern und Kommunalpo­litikern Maßnahmen gegen den Durchgangs­verkehr und das teilweise tolerierte wilde Parken gefordert. Da sich Stadträte auch bei jüngst stattfinde­nden Sitzungen nicht zu Beschlüsse­n durchringe­n konnten, erließ der Oberbürger­meister gestern ein Dekret: Ab 1. September wird die Kronenstra­ße von 22 Uhr bis 6 Uhr zwischen Gerberstra­ße und Grünbaumga­sse für Fahrzeuge vollkommen gesperrt. Die Verkehrsüb­erwachung wird nicht mehr wie bisher üblich ein zehnminüti­ges Parken in der verkehrsbe­ruhigten Zone tolerieren, sondern „verstärkt“einschreit­en, heißt es. Und Tourismusb­usse dürfen entlang des Rathauses auch nicht mehr abgestellt werden.

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 ??  ?? Darf der Döner vor dem Imbiss gegessen werden? Anwohner in Kemptens Innenstadt kämpfen dagegen, weil sie sich über den Lärm ärgern.
Darf der Döner vor dem Imbiss gegessen werden? Anwohner in Kemptens Innenstadt kämpfen dagegen, weil sie sich über den Lärm ärgern.

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