Mittelschwaebische Nachrichten
Raus aus der Gleichgültigkeit
T ausende von Menschen in Maria Vesperbild, mit ÖkumeneKardinal Kurt Koch wieder ein hochkarätiger Geistlicher, der das Pontifikalamt zelebriert: Es war ein Himmelfahrtstag, wie man ihn seit vielen Jahren kennt in Maria Vesperbild. Und es war ein Tag, an dem nichts auf einen besonderen Umstand hindeutete.
Es war der letzte Himmelfahrtstag, der maßgeblich von Wallfahrtsdirektor Wilhelm Imkamp gestaltet und begleitet wurde. Von ihm selbst kein Wort dazu während der Veranstaltung. Nichts zu seinem Abschied – warum? „Am 15. August steht die Gottesmutter im Mittelpunkt“– und „dann kommt der Kardinal“, sagt er, auch mit einem Augenzwinkern.
Kritiker werfen ihm mitunter Selbstdarstellung vor. Aber in der Stunde seines Abschiedes nach fast 30 Jahren nimmt er sich selbst zurück und tritt bewusst hinter das Ereignis. Klischees sind über Imkamp viele in Umlauf. Die Momente des Abschieds deuten an, dass diese Klischees ihm nicht gerecht werden.
1988 kam Imkamp nach Maria Vesperbild. Der Blick auf diese Anfänge ist auch der Blick auf ein bemerkenswertes Zusammentreffen. Ein in Rom geprägter Geistlicher, der die katholische Kirche vor allem auch als römisch sieht, ein brillanter Intellektueller in der mittelschwäbischen Provinz. Viele dachten, dass das Ende dieser Kombination rasch kommen würde.
Es kam anders. Vor allem auch deshalb, weil Imkamp völlig richtig erkannte, dass Intelligenz und Provinz sich keinesfalls widersprechen. Im Gegenteil: Abgeschiedenheit kann den guten Gedanken sogar befördern. Ganz in diesem Sinne ist es ihm mit beharrlicher Energie gelungen, Maria Vesperbild weit über die Region hinaus bekannt zu machen.
Immer wieder gab es Auftritte bekannter Geistlicher wie etwa Kardinal Joachim Meisner (im Jahr 2000), Kurienerzbischof Georg Gänswein (2014) oder jetzt Ökumene-Kardinal Kurt Koch. Logo, Wallfahrtskalender, Lichterprozessionen, Fernsehauftritte und auch die Verbindung zum Haus Thurn und Taxis machten Maria Vesperbild zu einer Marke.
Kritiker bezeichnen Imkamps theologische Ansichten wiederholt als „rückständig“oder „konservativ“. Wie auch immer man dies bewerten mag, Imkamp ist Diskussionen nie ausgewichen, seine Argumentationslinie ist anspruchsvoll und spannend gleichermaßen. Und: Er hat eine Meinung. Genau das ist in den konsensweichgespülten Diskursen der Gegenwart oft nicht der Fall.
Imkamp polarisiert. Ob wir seine Ansichten teilen oder nicht – Imkamp holt uns aus der Gleichgültigkeit heraus. Nicht zuletzt das wird uns fehlen.