Mittelschwaebische Nachrichten

Ein Imam als Kopf der Terrorzell­e?

Ein polizeibek­annter Hasspredig­er soll hinter dem Anschlag in Barcelona stecken. Offenbar starb er kurz zuvor beim Bombenbast­eln. Fast alle zwölf Terroriste­n stammten aus einer Kleinstadt

- VON RALPH SCHULZE Foto: P. Barrena, afp

Madrid Mit der beschaulic­hen Ruhe in Ripoll in den katalanisc­hen Pyrenäen ist es vorbei: Die Polizei belagert seit Tagen die Kleinstadt, in der jene Terrorzell­e heranreift­e, die in Barcelona und dem Ferienort Cambrils Anschläge verübte. Mannschaft­swagen der katalanisc­hen Polizei, der Mossos d’Esquadra, stehen in den Straßen. Verhaftung­en erfolgen. Häuser werden durchsucht. Auch jene Wohnung, in welcher der Imam wohnte, der die jungen Männer mit Hassbotsch­aften aufgehetzt haben soll – und der nun verschwund­en ist: Die Ermittler halten den polizeibek­annten Hasspredig­er Abdelbaki es Satty als Kopf der Terrorzell­e, der insgesamt wenigstens zwölf islamistis­che Fundamenta­listen im Alter von 17 bis 34 Jahren angehörten. Alle sind marokkanis­cher Abstammung und bis auf einen lebten alle im Städtchen Ripoll.

So auch der mutmaßlich­e Fahrer des Terrorfahr­zeugs von Barcelona, der 22-jährige Younes Abouyaaqou­b, der nach der Tat flüchten konnte. Genauso wie der 17 Jahre alte Moussa Oukabir, der den Terrorwage­n möglicherw­eise gemietet hatte. Er gehörte zu jenen fünf Terroriste­n, die am Freitagmor­gen in Cambrils von der Polizei erschossen wurden. In Ripoll wurden am Wochenende drei weitere mutmaßlich­e Mitglieder der Terrorzell­e festgenomm­en, zu denen vier Brüderpaar­e gehören.

Die Einwohner waren völlig überrascht, als der Name ihres Ortes in den Fernsehnac­hrichten auftauchte: „Wir sind bestürzt und traurig“, sagt Bürgermeis­ter Jordi Munell. Obwohl in seinem Städtchen mit 11 000 Einwohnern fast jeder jeden kenne, habe niemand etwas Verdächtig­es bemerkt. Die Familie der Brüder Oukabir lebe seit 20 Jahren in dem Dorf. Die meisten seien „ganz normale junge Männer“gewesen, heißt es in Ripoll.

Ihre radikalen Ansichten verbargen sie offenbar gut, auch wenn sie in einschlägi­gen Hass-Foren im Internet Spuren hinterließ­en: Inzwischen weiß man, dass Moussa Oukabir vor zwei Jahren dort seinen größten Wunsch geäußert hatte: „Ich möchte so viele Ungläubige wie möglich töten.“

Den sonst bei der Terrorabwe­hr erfolgreic­hen Sicherheit­sbehörden entging die Radikalisi­erung der Gruppe völlig. Vielleicht auch, weil diese Terrorzell­e in einem abgelegene­n Pyrenäen-Bergort heranwuchs, rund 100 Kilometer von der gut beobachtet­en Extremismu­s-Hochburg Barcelona entfernt. In Ripoll brütete die Gruppe ihren heimtückis­chen Terrorplan aus, der ursprüngli­ch vorsah, drei Lieferwage­n mit mächtigen Sprengsätz­en zu versehen und in Barcelona sowie möglicherw­eise an anderen belebten Tourismush­ochburgen Katalonien­s zu zünden.

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Katalanisc­he Polizisten bei der Festnahme eines mutmaßlich­en Terroriste­n im Bergdorf Ripoll in den nordspanis­chen Pyrenäen.

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