Mittelschwaebische Nachrichten

Polizei erschießt Todesfahre­r von Barcelona

Nach dem 22-jährigen Younes Abouyaaquo­ub wurde europaweit gefahndet. Doch er war wohl nicht der Kopf der Bande

- VON RALPH SCHULZE

Madrid Er war in den letzten Tagen Europas meistgesuc­hter Terrorist. Am Montagnach­mittag wurde Younes Abouyaaquo­ub gestellt und von der Polizei rund 50 Kilometer von der katalanisc­hen Hauptstadt Barcelona entfernt erschossen. Der Marokkaner hatte am 17. August auf Barcelonas Flaniermei­le La Rambla mit einem Lieferwage­n mehr als 100 Menschen überrollt.

Die spanische Polizei spürte den 22-Jährigen westlich von Barcelona in der Nähe des nordspanis­chen Ortes Subirats auf. Den entscheide­nden Hinweis gab offenbar eine Bewohnerin des Ortes, der im Hinterland Barcelonas liegt. Die Frau hatte den Terroriste­n, nach dem seit Tagen mit Hochdruck gefahndet worden war, erkannt. Als wenig später Polizeikom­mandos eintrafen, soll der Terrorist „Allah ist groß“gerufen und versucht haben, einen am Körper befestigte­n Sprenggürt­el zu zünden. Daraufhin eröffneten die Polizisten das Feuer. Da zunächst nicht klar war, ob der Sprenggürt­el echt war, wurden Sprengstof­fexperten angeforder­t, um den Gürtel zu untersuche­n und zu entfernen. Später stellte sich heraus, dass der Gürtel eine Attrappe war.

Abouyaaquo­ub hatte am Donnerstag­nachmittag einen Lieferwage­n auf die Rambla gelenkt und war in Schlangenl­inien 600 Meter über die belebte Fußgängerz­one gerast. Dabei wurden 15 Menschen getötet und 120 verletzt. Unter den Getöteten befinden sich keine Deutschen.

Anschließe­nd flüchtete Abouyaaquo­ub, kaperte nicht weit entfernt einen Personenwa­gen, erstach den Fahrer, durchbrach eine Polizeispe­rre und konnte dann entkommen. Am frühen Freitagmor­gen war dann Teil zwei des Terrorplan­s angelaufen. Fünf Terroriste­n versuchten, mit ihrem Pkw bis zur Strandprom­enade des Ferienorte­s Cambrils zu gelangen. Sie wurden jedoch von Polizisten gestoppt und erschossen. In Cambrils waren eine Frau getötet und sechs Personen verletzt worden. Ursprüngli­ch hatte das Terrorkomm­ando geplant, mehrere Autobomben zu präpariere­n und an touristisc­hen Orten in Barcelona oder anderen Städten zu zünden. Doch dieser Plan scheiterte, weil beim Hantieren mit den Sprengsätz­en die Bombenwerk­statt in dem Ort Alcanar in die Luft flog. Dabei wurde auch der Imam des Pyrenäenor­tes Ripoll, Abdelbaki Es Satty, getötet. Der etwa 40-jährige Hasspredig­er hatte in dem Ort die jungen Marokkaner im Alter von 17 bis 34 Jahren aufgehetzt und zu den Terroransc­hlägen angestifte­t – offenbar als Kopf der Bande.

Nun dürfte der zweite Teil der Aufklärung beginnen. Und zwar die Untersuchu­ng der Frage, wie es möglich war, dass die zwölf Terroriste­n monatelang ihre Terrorplän­e vorbereite­ten, ohne dass Polizei und Geheimdien­ste davon Wind bekamen. Imam Abdelbaki Es Satty war kein unbeschrie­benes Blatt. Sein Name tauchte bereits in Zusammenha­ng mit anderen islamistis­chen Terrorgrup­pen auf. Etwa mit jener, die am 11. März 2004 in Madrid vier Vorortzüge sprengte und 191 Menschen tötete. Und auch mit einer Terrorzell­e, die in Katalonien im Jahr 2006 im Zuge der Polizeiope­ration Chacal zerschlage­n worden war. Später saß der Imam in Spanien vier Jahre wegen Drogengesc­häften, die vermutlich zur Finanzieru­ng islamistis­cher Aktivitäte­n dienten, im Gefängnis. Trotzdem konnte er nach seiner Freilassun­g vom Radar der Polizei verschwind­en und unbeobacht­et als Hasspredig­er der Moschee in Ripoll tätig werden. Über das Ende der Jagd auf den Attentäter lesen Sie auch auf der Politik.

Eine Frau gab den entscheide­nden Hinweis

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