Mittelschwaebische Nachrichten

Derzeit keine Ermittlung­en gegen Audi Chef

Staatsanwa­ltschaft hat keinen hinreichen­den Tatverdach­t gegen Stadler. Doch ein früherer Mitarbeite­r erhebt weiter Vorwürfe

- Archiv Foto: Ulrich Wagner

München Die Münchner Staatsanwa­ltschaft hat in der Diesel-Affäre bis heute keinen hinreichen­den Tatverdach­t gegen Audi-Chef Rupert Stadler. „Unter den Beschuldig­ten sind keine aktuellen oder früheren Vorstände“, sagte Staatsanwä­ltin Karin Jung am Montag. Die Verteidige­r des seit sieben Wochen in Untersuchu­ngshaft sitzenden früheren Audi-Motorenent­wicklers Giovanni P. sagten, nach Auffassung der Staatsanwa­ltschaft habe dieser seine Vorgesetzt­en hinters Licht geführt.

P. war von 2006 bis 2015 einer der führenden Motorenent­wickler bei der Volkswagen-Tochter Audi in Neckarsulm gewesen. Die USJustiz wirft P. vor, er habe „AudiMitarb­eiter angewiesen, Software zu entwickeln und einzubauen, mit der die standardmä­ßigen US-Abgastests getäuscht werden“. Die Münchner Justiz verdächtig­t P. des Betruges. Seine Verteidige­r Walter Lechner und Klaus Schroth betonten, ihr Mandant sage als Einziger umfassend aus. Der ermittelnd­e Staatsanwa­lt vertritt die Auffassung, dass P. seine Vorgesetzt­en als gutgläubig­e Werkzeuge benutzt habe. „Dass diese von nichts gewusst haben sollen, ist jedoch undenkbar und widerspric­ht jeder Lebenser- fahrung“, meinte Anwalt Lechner. Laut Medienberi­chten legte P. der Staatsanwa­ltschaft München II ein Papier vor, in dem mehr als 40 Vorgänge im Unternehme­n geschilder­t werden. Darin gehe es um Mails, Sitzungen und Vorträge, die bei Audi zwischen März 2006 und Juli 2014 stattgefun­den haben sollen.

Sollten die Angaben stimmen, wussten viele Beschäftig­te bis hin zu Spitzenman­agern von den manipulier­ten Schadstoff­messungen. Und der von Stadler geleitete Vorstand hätte demnach das Problem gekannt, dass die Abgasreini­gung mit dem Harnstoff Adblue nicht richtig funktionie­rt hat und die strengen Grenzwerte in den USA nicht eingehalte­n werden konnten.

Die Staatsanwa­ltschaft München II ermittelt im Fall Audi wegen des Verdachts, 80 000 Käufer von Dieselfahr­zeugen in den USA seien systematis­ch betrogen worden – mit dem falschen Verspreche­n, saubere Autos geliefert zu bekommen. Die von dem Ingenieur P. geschilder­ten Vorgänge sollen belegen, dass dieser nur ein Rädchen im System gewesen ist. Bereits am 9. Oktober 2006 soll ein führender Motorenent­wickler bei Audi mehrere Führungskr­äfte über das Grundprobl­em bei der Abgasreini­gung mit Adblue informiert haben – ein Gemisch aus künstliche­m Harnstoff und Wasser, das die gesundheit­sschädlich­en Stickoxide neutralisi­ert. Unter den Führungskr­äften soll auch Ex-Audi-Chef Martin Winterkorn gewesen sein, der wenig später von dem Ingolstädt­er Unternehme­n zum Mutterkonz­ern Volkswagen nach Wolfsburg wechselte und dort den Vorstandsv­orsitz übernahm.

Ein Audi-Sprecher in Ingolstadt wollte sich am Montag mit Hinweis auf laufende Verfahren nicht weiter äußern.

Die Münchner Staatsanwä­ltin Karin Jung sagte, strafrecht­liche Ermittlung­en gegen Audi-Vorstände gebe es weiterhin nicht – wohl aber ein Bußgeldver­fahren gegen namentlich nicht genannte Vorstandsm­itglieder wegen möglicher Verletzung der Aufsichtsp­flicht. Über eine Haftbeschw­erde von P.s Anwälten wird eine Entscheidu­ng des Amtsgerich­ts diese oder nächste Woche erwartet. Bis dahin ist auch mit einer Entscheidu­ng des Oberlandes­gerichts über den Antrag der USJustiz zu rechnen, P. in Auslieferu­ngshaft zu nehmen.

 ??  ?? Rupert Stadler steht weiter massiv unter Druck. Zumindest die Münchner Staatsan waltschaft verschafft ihm etwas Entlastung.
Rupert Stadler steht weiter massiv unter Druck. Zumindest die Münchner Staatsan waltschaft verschafft ihm etwas Entlastung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany