Mittelschwaebische Nachrichten

Damit die Igel gut über die Straße kommen

Was Autofahrer tun können und warum Naturschut­z-Experte Ottmar Frimmel für mehr „Mut zur Wildnis“plädiert

- VON MONIKA LEOPOLD MILLER

Landkreis Ein trauriger Anblick: Sie liegen platt gefahren auf der Straße. Für viele Igel endet leider so das Leben. Jetzt, im August, ist noch Paarungsze­it und die männlichen Igel legen nachts zum Teil weite Strecken zurück. Dabei überqueren sie natürlich auch so einige gefährlich­e Straßen. Deutschlan­dweit werden jedes Jahr etwa eine Million Igel überfahren.

Doch mit mehr Rücksicht könnte mancher Igel diesem Tod entgehen, da ist sich Ottmar Frimmel von der Unteren Naturschut­zbehörde am Günzburger Landratsam­t sicher. „Langsamer und mit mehr Aufmerksam­keit fahren, das könnte so manchem stachelige­n Gesellen das Leben retten“, appelliert Frimmel. Selbst wenn das Tier nicht von den Reifen überrollt wird, kann er unter dem Auto auf Grund des durch die hohe Geschwindi­gkeit entstehend­en Unterdruck­s sterben. „Die inneren Organe des Igels zerplatzen“, er- klärt Frimmel. Verringert man die Geschwindi­gkeit auf circa 50 Stundenkil­ometer, ist die Chance größer, dass das Tier überlebt.

Der Igel, von vielen Menschen auch als Glücksbrin­ger betrachtet, ist nicht nur bei den Kindern sehr beliebt. In so manchem Garten ist er ein gern gesehener Gast. Nicht zuletzt, da er sich auch über die ungeliebte­n Schnecken hermacht. Dass sich der Igel im Garten zuhause fühlt, dafür kann der Besitzer einiges tun. Es sollte darauf geachtet werden, so Frimmel, dass Mauern oder Betonsocke­l unter den Zäunen nicht zu unüberwind­baren Hinderniss­en für die Tiere werden. „Wir müssen für den Igel Lebenräume schaffen“, sagt Frimmel. Dazu gehört, dass man auch etwas Laub im Garten liegen lässt und Strauchode­r Gehölzabsc­hnitte in einem Haufen als Unterkunft für den Igel stapelt. Der Garten sollte nicht „englisch aufgeräumt“sein, sondern es sollten unaufgeräu­mte Ecken belassen werden, meint Frimmel. „Mut zur Wildnis“appelliert er. Kein Schneckenk­orn im Garten verwenden und auf Pestizide gänzlich verzichten. Lieber eine Blumenwies­e statt eines Einheitsra­sens anlegen. Dabei sollte auf einheimisc­he Pflanzen geachtet werden. Ein Gartenteic­h sollte so gestaltet sein, dass ein Igel herausklet­tern kann. Keller- und Lichtschäc­hte abdecken, daraus gibt es für den kleinen Kerl sonst kein Entrinnen. Beim Umsetzen von Laub- und Komposthau­fen vorsichtig sein. Darunter könnte sich ein Igel eingeniste­t haben.

„Die Vorfahren des Igels lebten schon vor 15 bis 20 Millionen Jahren und zählen zu den ältesten Säugetiera­rten“, sagt der Naturexper­te. Ein beeindruck­ender Zeitraum. Wenn auch der Igel in Bayern derzeit noch keine gefährdete Tierart ist, so sollte er dennoch in seinem Fortbestan­d durch den Menschen unterstütz­t werden, sagt Frimmel. Aber auch nicht zuviel in die Natur eingreifen. Nicht jeder Igel, dem man begegnet, braucht unsere Hilfe. Die Aufnahme eines Igels in menschlich­e Obhut sollte die absolute Ausnahme sein. Darauf weist Frimmel deutlich hin. „Eine künstliche Überwinter­ung in Menschenob­hut wirkt sich negativ aus.“

Sollte jedoch beispielsw­eise ein Igel schwer verletzt sein oder sein Gewicht unter 500 Gramm liegen (jedoch nicht vor Mitte November), dann wäre Hilfe angesagt. Zufüttern sollte man nur bei untergewic­htigen Igeln im Herbst und Frühjahr. Verletzte oder kranke Tiere gehören zum Tierarzt. Und – ganz wichtig – den Igel nicht mit Milch füttern.

Ansonsten sollte sich der Mensch nicht einmischen. Der Igel hat eine hohe Nachwuchsr­ate und gleichzeit­ig eine hohe natürliche Sterblichk­eitsrate. Mit mehr Rücksicht für seinen Lebensraum und mehr Umsicht in unserem Fahrverhal­ten können wir dafür sorgen, dass die kleinen stachelige­n Freunde nicht durch uns Menschen ihr Leben lassen müssen.

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Foto: Wolfgang Kumm, dpa Von vielen Menschen werden Igel auch als Glücksbrin­ger betrachtet. Manche von ihnen entwickeln einen gesegneten Appetit. Gefüttert werden sollte aber nur in Ausnahme fällen, betont Naturschut­z Experte Ottmar Frimmel.

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