Mittelschwaebische Nachrichten
„Er kann nicht anders zur Räson gebracht werden“
Warum ein Nasenbeinbruch einem 20-Jährigen einen vierwöchigen Arrest einbringt
Günzburg Ordentlich Ärger mit Justitia hat ein junger Mann aus dem nördlichen Landkreis bekommen. Und das hat er sich weitgehend selbst eingebrockt. Wegen Beteiligung an einer Schlägerei, bei der das Opfer einen Nasenbeinbruch erlitt, wurde dem gerade 20-Jährigen ein vierwöchiger Arrest im Jugendknast aufgebrummt.
Der Angeklagte sammelte bereits zu Beginn der gestrigen Verhandlung des Jugendschöffengerichts keine Pluspunkte, denn zunächst war er gar nicht gekommen. Nach mehreren vergeblichen Telefonkontakten erging auf Antrag der Staatsanwaltschaft Haftbefehl. Erst eine Stunde später, nachdem ihn die Polizei aufgetrieben hatte, ging’s weiter. Der 20-Jährige hatte angeblich die Ladung verbummelt. Zwei Kontrahenten soll er heftig verprügelt haben, ein Mal mit einem Kumpel vor einer Disco in Lauingen, das zweite Mal mit weiteren vier oder fünf Mittätern ein anderes Opfer vor der Diskothek W3 in Ichenhausen. In beiden Fällen trugen die geschlagenen jungen Männer erhebliche Blessuren davon. Doch der Beschuldigte gab sich als Unschuldslamm. Im Lauinger Fall habe er nur von der Schlägerei gehört, aber niemanden angegriffen. Mit dem Opfer des handfesten Streits in Ichenhausen habe er einige Wochen vorher schon mal eine Auseinandersetzung gehabt, da sei er von dem Kontrahenten beleidigt worden.
Der Verprügelte konnte als Zeuge keine konkrete Aussage zu den Tätern machen, weil er selbst ziemlich zugedröhnt gewesen war. Aber der Angeklagte habe ihn wegen der Beleidigung zu verstehen gegeben: „Glaubst du, wir haben dich vergessen.“Auf der Seite eines sozialen Netzwerkes habe er den Täter wieder erkannt, so der Zeuge. Er hatte einen angeknacksten Kiefer, eine Gehirnerschütterung und Prellungen davongetragen. Doch die Beweislage war eher dürftig, so wurde dieser Anklagepunkt vorläufig eingestellt.
Aus der Lauinger Sache kam der 20-Jährige jedoch nicht heraus. Das Opfer selbst hatte einen Nasenbeinbruch erlitten und sagte als Zeuge, dass ihn der Angeklagte festgehalten habe. Den Faustschlag ins Gesicht habe der Kumpel ausgeführt. Dies bestätigte ein weiterer Gast der Diskothek. Erst nach diesen Aussagen räumte der 20-Jährige mit einigem Zögern ein, es könne sein, dass er das Opfer wohl am Kragen gepackt habe. In der ersten Verhandlung in dieser Sache hatte Jugendrichter Walter Henle das Verfahren gegen eine Auflage von 100 Sozialstunden vorläufig eingestellt. Dieses Entgegenkommen rechtfertigte der Angeklagte freilich nicht. Er leistete lediglich 16 Stunden. Auf die Frage eines Schöffen, warum es hakte, kam die wenig befriedigende Antwort: „Faulheit, Dummheit.“
Mit der Gesetzestreue scheint es der 20-Jährige ohnehin nicht so genau zu nehmen. Vor vier Jahren wurde er beim Fahren ohne Führerschein auf einem Moped erwischt, kam aber ziemlich glimpflich davon, weil die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellte. Der bisherige Lebensweg ist nicht gerade von sonderlich großem Ehrgeiz gekennzeichnet. Die Schule, in der er zweimal hängen blieb, beendete er ohne Ab- schluss. Danach folgten eine unbeendete Berufsvorbereitung beim Kolpingwerk und Gelegenheitsjobs.
Auf die Frage von Vorsitzendem Richter Daniel Theurer, wie es mit ihm weitergehen solle, kam die Antwort: „Keine Schlägereien mehr, kein Stress.“Damit gab sich die Staatsanwältin nicht zufrieden. Sie forderte vier Wochen Jugendarrest, denn „der Angeklagte kann nicht anders zur Räson gebracht werden“.
Der 20-Jährige – er war ohne Rechtsanwalt gekommen – brachte nur noch vor, ob eine Geldstrafe nicht ausreiche, weil er wieder einen Job in Aussicht habe. Von einer Entschuldigung bei den Opfern war nichts zu hören. Unter diesen Umständen hielt das Jugendschöffengericht den vierwöchigen Jugendarrest als „erzieherische Maßnahme“für geboten. Die Prozesskosten muss der 20-Jährige übrigens nicht tragen, da er derzeit mittellos ist und noch bei den Eltern wohnt.