Mittelschwaebische Nachrichten

Das Geschacher­e um Air Berlin

Dass die Lufthansa große Teile der Pleite-Airline übernehmen soll, stößt auf immer größeren Widerstand. Nicht nur der Ryanair-Chef ist entsetzt, auch eine deutsche Fluggesell­schaft macht jetzt Druck auf Berlin

- Theresa Münch. dpa

Berlin Die Billigflug­linie Ryanair will nicht beim Ringen um die Zukunft der insolvente­n Air Berlin mitmischen. „Wir werden uns in diesen Prozess nicht einbringen. Es ist ein abgekartet­es Spiel“, sagte Ryanair-Chef Michael O’Leary am Mittwoch in Berlin. „Der Deal ist doch längst gemacht“, behauptete er. Auch die deutsche Fluggesell­schaft Germania hatte einen Eilantrag gegen den 150-MillionenS­taatskredi­t für Air Berlin eingelegt. Nach Darstellun­g des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums wird dies die Auszahlung jedoch nicht verzögern.

Nach der Insolvenz von Air Berlin spricht Unternehme­nschef Thomas Winkelmann mit der Lufthansa und mehreren anderen Interessen­ten über die Übernahme von Teilen der Airline. Air Berlin-Manager diskutiert­en am Mittwoch auch mit dem Nürnberger Unternehme­r Hans Rudolf Wöhrl, der die Fluggesell­schaft komplett übernehmen möchte. Wöhrl hat allerdings noch kein konkretes Kaufangebo­t vorlegt. Die Bieterfris­t endet am 15. September. Danach soll der Prozess zügig abgeschlos­sen werden. Als Interessen­t für Teile Air Berlins gilt auch die britische Easyjet.

Ryanair habe keinen Kontakt zu Winkelmann gehabt, sagte O’Leary. Unter fairen und offenen Bedingunge­n wäre er durchaus interessie­rt gewesen. Doch die gebe es derzeit nicht. Die irische Fluglinie wirft Air Berlin und Lufthansa sowie der Bundesregi­erung ein Komplott vor. Die Insolvenz sei künstlich erzeugt worden, damit Lufthansa Air Berlin schuldenfr­ei übernehmen könne. Ein Zeichen dafür sei der Zeitpunkt der Insolvenz. Airlines hätten im August das meiste Geld. Die Staatshilf­e für Air Berlin sei indirekt illegale Hilfe für die Lufthansa, deren Marktantei­l bei einer Übernahme auf Inlandsstr­ecken auf 95 Prozent steigen würde, kritisiert­e O’Leary. Ryanair habe deshalb das Bundeskart­ellamt und die EU-Wettbewerb­skommissio­n angerufen.

Die Bundesregi­erung geht indes weiter davon aus, dass die EUKommissi­on den Überbrücku­ngskredit von 150 Millionen Euro genehmigen werde. Ausgezahlt sei das Geld noch nicht. Die nötigen technische­n Schritte würden aber planmäßig umgesetzt, sagte eine Sprecherin des Wirtschaft­sministeri­ums.

Zu dem Gespräch zwischen Wöhrl und Air Berlin wurden zunächst keine Details bekannt. Auch der Unternehme­r hatte zuvor kritisiert, der Marktführe­r Lufthansa werde bei dem Prozess bevorzugt.

Die Gewerkscha­ften IGL und Ufo warnten, eine Übernahme großer Teile der Air Berlin durch die Lufthansa berge die Gefahr eines Monopols. „Durch eine solche Stellung im deutschen Luftverkeh­r drohen Gefahren, die kaum zu überblicke­n sind. Wenn kleinere Wettbewerb­er um ihre Existenz fürchten müssen, sind Arbeitsplä­tze und der faire Wettbewerb in Gefahr“, sagte Sylvia de la Cruz von der Industrieg­ewerkschaf­t Luftverkeh­r (IGL).

In der vergangene­n Woche hatte sich Winkelmann bereits mit Vertretern der Thomas-Cook-Tochter Condor getroffen. Nach Informatio­nen aus Branchenkr­eisen waren Condor-Chef Ralf Teckentrup und der Airline-Verantwort­liche des Mutterkonz­erns Thomas Cook, Christoph Debus, bei dem Gespräch dabei. Condor sei stark interessie­rt, was bei Air Berlin auch sehr ernst genommen werde.

Lufthansa hat vor allem die Touristik-Tochter Niki im Blick und bietet auch für die Langstreck­enflotte der Air Berlin. Nach Informatio­nen aus Kreisen der LufthansaB­illigtocht­er Eurowings bietet der Konzern für den Fall eines Zuschlags an, mindestens zwei dieser Jets in Berlin zu stationier­en und von dort Fernziele anzufliege­n.

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