Mittelschwaebische Nachrichten
Gute Laune bei Löw
Ein völlig entspannter Bundestrainer glaubt nicht daran, dass auf dem Weg nach Russland noch etwas schiefgeht. Im Team tobt ein harter Konkurrenzkampf
Prag Das Angebot in den Schaufenstern im Altstadtring von Prag wirkt fast erschlagend groß. Marionetten und Holzspielzeug, Biokosmetik oder Bleikristall: Nichts, was es in den unzähligen Souvenir- und Handwerksläden in der Moldaustadt nicht gibt. In unmittelbarer Nähe der Einkaufsboutiquen, die die Touristen anziehen wie die Motten das Licht, hat sich die deutsche Fußball-Nationalmannschaft einquartiert, die heute (20.45 Uhr/ RTL) das WM-Qualifikationsspiel gegen Tschechien bestreitet. Als Joachim Löw in dem bezogenen Luxushotel den Raum „Bohemia II“zur Pressekonferenz betrat, wirkte er beinahe wie ein entspannter Hauptstadtbesucher: den Pullover um die Hüften gewickelt, eine Tasse Espresso in der Hand.
Der Bundestrainer ist ja wirklich in einer lässigen Lage: Da kann sich einer beinahe entspannt zurücklehnen und den vielleicht härtesten Konkurrenzkampf der DFB-Historie verfolgen. „Talent, Potenzial und frühere Verdienste reichen nicht mehr“, sagte der 57-Jährige vor der Pflichtaufgabe in der EdenArena, „jeder tut gut daran, alles zu investieren, auch was Professionalität und Lebensweise angeht.“Nur wenn möglichst viele seiner Kräfte nächsten Sommer in Topform seien, werde die Mission Titelverteidigung bei der WM 2018 gelingen.
Dass mit der Direktqualifikation, die unter Umständen schon in Stuttgart gegen Norwegen (Montag 20.45 Uhr) perfekt gemacht werden kann, noch etwas schiefgeht, glaubt der Bundestrainer nicht mehr. Sein Ziel: „Wir wollen die weiße Weste behalten.“Und den siebten Sieg im siebten Spiel einfahren. Die Belobigungen für den Gastgeber („Tschechien ist auf dem Papier nominell die beste Mannschaft der Gruppe, steht jetzt aber mit dem Rücken zur Wand“) klangen eher wie eine höfliche Verbeugung vor einer einst großen Fußball-Nation. Wie wenig Selbstzweifel der oberste Fußballlehrer des Landes vor seinem 153. Länderspiel als Cheftrainer hegt, war denn auch an seiner Einlassung abzulesen, dass das System für die Prag-Partie „keine Relevanz“haben werde. „Ob wir zu dritt oder viert hinten stehen, ist nicht entscheidend. Wir sind variabel und wollen Tschechien über unsere offensive Kraft in den Griff bekommen.“Mats Hummels persönlich rechnet damit, dass Löw zur Viererkette zurückkehrt, nachdem beim Confed-Cup noch durchgängig die Dreierreihe zur Aufführung kam.
Der Münchner Abwehrchef gehört genau wie Joshua Kimmich, Jonas Hector, Toni Kroos, Mesut Özil und Thomas Müller zu den namentlich erwähnten „Fixpunkten“, die laut Löw heute in der Startelf auftauchen. Im Tor werde, kündigte Löw an, Marc-André ter Stegen stehen. Und als Stürmer hat sich Timo Werner über den Confed-Cup, aber auch im Verein in den Vordergrund gedrängt. Hummels erinnert die neue Situation an seine Zeiten, als er aus der U21 ins A-Team drängte. „Damals haben wir auch Druck ausgeübt und die anderen zur Höchstleistung getrieben. Alle wissen, dass sie liefern müssen, weil dahinter drei, vier andere Spieler warten. Das wird uns stärker machen“, führte der 28-Jährige aus, der ausführlich begründete, warum er künftig ein Prozent seines Gehalts an die Wohltätigkeitsinitiative „CommonGoal“spendet, die sich um weltweite Projekte für benachteiligte Jugendliche kümmert. Juan Mata, spanischer Nationalspieler bei Manchester United, habe ihn angesprochen, „dann habe ich das spontan entschieden - nach einigen Tagen Bedenkzeit“, erklärte Hummels mit einem verschmitzten Grinsen. Ein starkes Zeichen in einer Zeit, in der die gigantische Geldflut und damit verbundene Einkaufswut im Profifußball nicht nur eine moralische Frage aufgeworfen hat. So könnten sie spielen ter Stegen (FC Barcelona/25/14) – Kimmich (Bayern München/22/20), Rüdiger (FC Chel sea/24/17), Hummels (FC Bayern Mün chen/28/57), Hector (1. FC Köln/27/33) – Rudy (FC Bayern/27/20), Kroos (Real Ma drid/27/76) – Müller (Bayern Mün chen/27/85), Özil (FC Arsenal/28/84), Draxler (Paris Saint Germain/23/35) – Werner (RB Leipzig/21/6)