Mittelschwaebische Nachrichten
Anzeige gegen Exfreund wird zum Bumerang
20-Jährige wollte ihm „eins auswischen“. Jetzt stand sie selbst vor Gericht
Günzburg Moderne Kommunikationsmittel wie Smartphone, Internet und soziale Medien haben viele positive Seiten. Aber auch Negative. Diese Erfahrung machte eine 20-Jährige, die ihrem Ex Nacktfotos von sich geschickt hatte. Dann war Schluss mit der Beziehung. Das wollte die junge Frau sich nicht gefallen lassen. Sie zeigte den Ex wegen Erpressung an. Das hatte jetzt unangenehme juristische Folgen für die 20-Jährige. Wegen falscher Verdächtigung und Vortäuschen einer Straftat stand sie gestern ohne rechtsanwaltliche Unterstützung im Günzburger Amtsgericht vor dem Richter.
Wahrheitswidrig, so die Staatsanwältin, hatte die Angeklagte behauptet, dass ihr Ex-Freund von ihr Nacktfotos erpresst hatte. Sollte sie der Forderung nicht nachkommen, würde er ihr Facebook-Profil ha- cken und dort Bilder bearbeiten. Diese schweren Anschuldigungen setzten ein Ermittlungsverfahren in Gang.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Ulmer Amtsgericht einen Strafbefehl gegen den Ex, der sich mit Einspruch dagegen wehrte. Im Frühjahr 2017 kam es zur Verhandlung, in der die falsche Verdächtigung aufflog, weil die damals 18-Jährige als Zeugin ihre strafbare Handlung einräumte. Der ExFreund wurde freigesprochen.
Eine Art innere Stimme habe sie zu der Anzeige veranlasst, sagte die junge Frau auf Frage von Richter Daniel Theurer nach ihrem Motiv. „Ich wollte ihm damit eins auswischen“, so die Angeklagte, weil er mit anderen Mädchen was angefangen hatte. „Die Beziehung war nicht lang“, sie habe gerade mal einen Monat gedauert. Was sie gemacht habe, tue ihr leid. „Gab’s denn Nacktfotos“, hakte die Staatsanwäl- tin nach. Die gab es tatsächlich und die Angeklagte hatte sie freiwillig verschickt. Aus Sicht von Susanne Czudnochowski liegt bei der 20-Jährigen eine „Reifeverzögerung“vor, womit Jugendstrafrecht angewendet werden sollte. Die junge Frau hat über eine Förderschule ihren Hauptschulabschluss geschafft und eine Ausbildung zur Beiköchin steht kurz vor dem Abschluss. Von ihrem knappen Verdienst gibt sie Geld für Handy und Fahrtkosten aus, außerdem gibt sie Kostgeld ab und spart für den Führerschein. Zur Anzeige habe sie sich hinreißen lassen, als sie erfahren habe, dass ihr Ex die Nacktfotos wohl an einen Kumpel weiter gepostet hat. Die 20-Jährige müsse noch lernen, ihre Interessen zu vertreten, meinte die Jugendgerichtshilfe.
Die Staatsanwältin hielt der Angeklagten das Geständnis bereits in der Verhandlung beim Ulmer Amtsgericht zugute. Aber aufgrund der falschen Verdächtigung seien doch schon viele Schritte eingeleitet worden und der Strafbefehl hätte sich durchaus gravierend ausgewirkt, wenn kein Einspruch erfolgt wäre. Andererseits sei die Weitergabe der Nacktfotos auch nicht gerade die „feine Art“. Ein sozialer Trainingskurs und eine Verwarnung reiche als Ahndung jedoch aus, zumal die 20-Jährige noch völlig unbelastet ist.
In seinem Urteil entsprach Richter Theurer diesem Antrag exakt. Er redete der Angeklagten aber eindringlich ins Gewissen, dass ihr eine Haftstrafe drohe, sollte sie den Trainingskurs nicht absolvieren oder noch einmal wegen eines anderen Delikts vor Gericht stehen. Der Trainingskurs läuft laut Susanne Czudnochowski vier Monate und dauert an einem Tag in der Woche jeweils zwei Stunden. Außerdem gehört eine erlebnispädagogische Einheit dazu.