Mittelschwaebische Nachrichten

Damit die Politik kein „recht abstraktes Ding“bleibt

Claudia Roth spricht in Krumbach darüber, wie Jugendlich­e an die Demokratie herangefüh­rt werden können. In Offingen rückt der Klimaschut­z in den Mittelpunk­t

- VON PETER BAUER UND TILL HOFMANN

Krumbach/Offingen „Zu wenig Blick für den kleinen Mann“und die Politik als ein „recht abstraktes Ding“: Im Gespräch mit Bundestags­vizepräsid­entin Claudia Roth wählt Sebastian Heinle klare Worte. Der 24-jährige aus Kemnat ist Mitglied im Vorstand des Vereins, der den Betrieb im Krumbacher Jugendzent­rum organisier­t. Was er erzählt, lässt die Distanz vieler Jugendlich­er zu dem erahnen, was oft als „demokratis­cher Entscheidu­ngsprozess“umschriebe­n wird. Claudia Roth, langjährig­e Parteivors­itzende von Bündnis 90/Die Grünen, sagt, dass sie auch deswegen immer wieder bewusst das Gespräch mit Jugendlich­en suche. Die Runde ist diesmal kleiner als geplant. Vorgesehen war am Freitag ein Besuch von Claudia Roth im Krumbacher Jugendzent­rum und die Vorstellun­g des Projekts „U 18-Wahl“. Doch Krumbachs Quartiersm­anagerin Birgit Baumann und Maximilian Behrends, Jugendrefe­rent des Stadtrates (sie betreuen das Projekt) sind in Urlaub. So wurde die Diskussion­srunde ins Café Zitherbäck verlegt. „Aber das sind oft die intensivst­en Gespräche“, sagt Claudia Roth. Sie spricht mit Vertretern aus dem heimischen Kulturlebe­n (Kulturvere­in Kult und Subkult), fragt nach, lässt sich Projekte wie den Literaturh­erbst erklären oder auch die Aufgaben des Krumbacher Bürgerhaus­es. Und am Tisch sitzt auch Sebastian Heinle aus dem Vorstand des Jugendzent­rums-Vereins (Juze-Verein). Das Jugendzent­rum organisier­t in diesem Jahr in Zusammenar­beit mit der Krumbacher Mittelschu­le, dem SimpertKra­emer-Gymnasium, der Realschule und der Fachakadem­ie eine „U 18-Wahl“. Daneben gibt es „U 18-Wahlen“auch in der Berufs- schule Krumbach, Mittelschu­le Leipheim, in der Mittelschu­le Burgau, in der Maria-Theresia-Mittelschu­le Günzburg, in der Mittelschu­le des Günzburger Ortsteils Wasserburg und im Dossenberg­er-Gymnasium Günzburg. Verbunden mit einem umfassende­n Paket an politische­r Bildung können Jugendlich­e dann vor der Bundestags­wahl zur Probe abstimmen. Ein Weg, Jugendlich­e für die Politik zu gewinnen? Claudia Roth begrüßt die Initiative. Zugleich ist sie davon überzeugt, dass das Bewusstsei­n für die Demokratie bereits in den Familien entstehen müsse. Letzten Ende sei dabei jeder Einzelne gefordert. Offene Grenzen, Demokratie: Für viele sei dies heute selbstvers­tändlich. Doch jüngere politische Entwicklun­gen würden leider auch zeigen, dass diese Errungensc­haften nicht selbstvers­tändlich seien. Mit der Jugend müsse der Dialog intensiver werden. Problemati­sch sei, dass mit Blick auf den zunehmende­n „Schulstres­s“insgesamt offenbar wenig Zeit für politische Bildung bleibe. Claudia Roth, 1955 in Ulm geboren und in Babenhause­n aufgewachs­en, denkt im Gespräch immer wieder an ihre Schulzeit am Krumbacher SimpertKra­emer-Gymnasium zurück (Abitur 1974). Ihr großes politische­s Interesse sei seinerzeit auch durch engagierte Lehrer gefördert worden.

Der Freitag – das war für Claudia Roth ein straffes Tagesprogr­amm mit Terminen in Ulm und Krumbach (mit Besuch der Festwoche). Dann noch ein Kinoabend in Offingen. „The Final Cut“, wie der Leipheimer Arzt und Filmemache­r Bernhard Lohr seine Dokumentat­ion nennt, ist allerdings alles andere als erbaulich. 2014 hat sich Lohr zum zweiten Mal filmisch mit dem Regenwald auseinande­rgesetzt. Nach der Pracht, die er 2003 in Französisc­h-Guyana festhielt, steht diesmal die Zerstörung­swut des Menschen im Mittelpunk­t. Der promoviert­e Mediziner und Biologe Lohr freute sich, Claudia Roth zu begrüßen. Lohr: „Wer in der Lage ist, mehr als ein Jahrzehnt in die Zukunft zu denken, muss erstmals in der Geschichte zu der Überzeugun­g gelangen, dass es jetzt ums Ganze geht.“Doch das bilde sich nicht in den Debatten vor der Bundestags­wahl ab. Mit Symbolpoli­tik sei nichts gewonnen, sagte Claudia Roth und verwies auf Angela Merkel, „die sich in einer grünen Jacke hinstellt und die Klimakanzl­erin gibt.“Darüber verschwind­e die politische Auseinande­rsetzung über wirklich bedeutende Fragen.

Aber auch die Grünen hätten es zuletzt versäumt, deutlich zu machen, wie wichtig der Schutz des Regenwalde­s „für uns alle ist. Die Klimakrise scheint weit weg, ist sie aber nicht. Es geht ums Überleben der Menschheit“, sagte Roth auf Nachfrage.

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Foto: Peter Bauer In Krumbach diskutiert­e Bundestags­vizepräsid­entin Claudia Roth (vorne links) mit Vertretern des Jugendzent­rums und des hei mischen Kulturlebe­ns. Der Zeitungsau­sschnitt deutet es an: Ein Thema war das Projekt „U 18 Wahl“und die Frage, wie Jugend liche...
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