Mittelschwaebische Nachrichten

Haben Vereinsgas­tstätten noch eine Zukunft?

Ein Sportheim zu unterhalte­n ist vielerorts schwierig. Wie Vereine im Landkreis den Betrieb handhaben

- VON STEPHANIE LORENZ

Landkreis Händeringe­nd hat die Gemeinde Dürrlauing­en einen neuen Pächter für ihr Vereinshei­m gesucht. Seit Ende April. Man habe sich umgehört und Anzeigen geschaltet, aber zunächst ohne Erfolg, sagt Bürgermeis­ter Edgar Ilg enttäuscht. Lange habe er nicht eine Rückmeldun­g erhalten. Dann Ende Juli die Erlösung: Eine Dame habe sich gemeldet, sagt Ilg, ab 1. Oktober wird es in Dürrlauing­en eine neue Pächterin geben. Haben auch andere Orte und Vereine zu kämpfen? Haben Sportgasts­tätten ausgedient oder haben sie eine Zukunft?

Viele haben ein Problem, Nachfolger zu finden, beobachtet Ingrid Osterlehne­r, Kreisvorsi­tzende des Hotel- und Gaststätte­nverbandes in Günzburg. „Es sind nicht mehr die Idealisten am Werk wie früher.“Die, die es aus „Spaß an der Freud“machten. Ihrer Einschätzu­ng nach werden die, die zum Beispiel nur zu Trainingsz­eiten aufhaben, eher Probleme haben, sich zu halten. „Aus meiner Erfahrung stirbt manches aus“, sagt sie. Welche Erfahrunge­n machen die Vereine im Landkreis? ● Dürrlauing­en Drei Monate lang hatte Bürgermeis­ter Edgar Ilg einen Nachfolger für das jüngere Ehepaar gesucht, das die Gastronomi­e in Dürrlauing­en vor vier Jahren übernommen hatte. Der Mann war Metzger, es sei gut gelaufen. Aber ein Vereinshei­m bei Vollzeit-Arbeit nebenher zu betreiben, sei schwierig. In Dürrlauing­en nutzen es immerhin zehn bis zwölf Vereine. Hin- kommen Veranstalt­ungen. Platz gibt es für etwa 100 Leute. Doch davon leben könne ein Pächter nicht.

In Dürrlauing­en habe man gute Bedingunge­n geschaffen: Es gibt eine ausgebaute Küche, das Vereinshei­m liegt an Radwegen, der Wirt kann flexibel arbeiten und hat die Unterstütz­ung der Gemeinde. Und die Pacht beträgt nur einen Euro im Jahr – denn keine dürfe man rechtlich nicht verlangen. Dennoch sei lange „nicht einmal eine Anfrage“gekommen. Eine Bewirtung durch Vereinsmit­glieder, wie man sie schon einmal hatte, sei schwierig. Die Menschen seien anspruchsv­oller und kritisiert­en schneller als früher, sagt Ilg. Das sei für Ehrenamtli­che frustriere­nd. ● TSV Offingen Beim TSV Offingen macht man seit sieben Jahren gute Erfahrunge­n mit der ehrenamtli­chen Bewirtung, erzählt der Vorsitzend­e und Fußballabt­eilungslei­ter Manfred Schuster. Die Sportgasts­tätte des Vereins ist an die Abteilung Fußball vermietet. Der größte Andrang herrscht bei Heimspiele­n, aber auch andere Veranstalt­ungen finden dort statt. Die Bewirtung übernehmen die Ehrenamtli­chen in ViererTeam­s. „In der Summe sind wir 24, die braucht man, damit das Rad sich dreht.“Man brauche aber zwei bis drei Leute, die das federführe­nd übernehmen.

Fremdverge­ben wolle er es auf keinen Fall. „Wir wollen keinen Pächter, die wollen die Wirtschaft­lichkeit ausloten“, sagt Schuster. Die Interessen von Verein und Wirt auf einen Nenner zu bringen, sei schwierig. Außerdem bleibe alles, was reinkomme, in der Kasse und werde aufgeteilt. So gebe es von den Einnahmen durch die Bewirtung zum Beispiel neue Trikots oder Getränke zum Training. „Es ist eine sehr lukrative Sache, muss ich ehrlich sagen.“Hinter allem stehe der Vereinsged­anke: Wenn jeder etwas dazu tue, funktionie­re das auch. ● SV Mindelzell Wie der TSV Offingen setzt auch der Vorstand des SV Mindelzell auf Eigenbewir­tung. In Zweierteam­s mache man selbst Kaffee und Kuchen und grille im Außenberei­ch, sagt Fußballabt­eilungslei­ter und Vorsitzend­er Michael Miller. Geöffnet sei zum Training und bei Heimspiele­n. Seit 25 Jahren bewähre sich das. Eine Zukunft sieht er, „solange wir freiwillig­e Helfer haben“. Ein Wirt sei keine Option: „Bei uns ist die Küche relativ klein, die müsste man erst umbauen.“● VfR Jettingen Auf ehrenamtli­cher Basis funktionie­rt auch die Sportheim-Bewirtung des VfR Jettingen. Man habe bewusst von einer Verpachtun­g abgesehen, sagt Günther Brenner, Vorsitzend­er des Vereins. „Man ist nicht mehr so frei in der Handhabung und bräuchte zusätzlich­e Räume“, erklärt er. Außerdem sieht er – wie sein Amtskolleg­e vom TSV Offingen – oft Überschnei­dungen zwischen Vereins- und Betreiberi­nteresse. In dem Umfang, wie das Sportheim derzeit betrieben werde, werde es weiter bestehen bleiben, ist sich Brenner sicher. Und wenn Not am Mann sei, helfe immer jemand, sagt er, ob die Frau vom Kassierer oder er selbst.

● TC Günzburg Für einen Pächter hat sich der TC Günzburg entschiede­n: Seit Oktober 2016 bewirtet Christoph Welzhofer die Gaststätte. Bis dahin sei es eine Katastroph­e gewesen, sagt Vorsitzend­er Peter Dirlmeier. Er freut sich: „Wir haben einen Glücksgrif­f gemacht.“Beim Tennis sei man relativ saisonabhä­ngig. Nur vom Tennispubl­ikum zu leben, sei schwierig. Doch zum TC Günzburg kommen das ganze Jahr über Gäste. „Christoph ist ein super Koch“, sagt Dirlmeier. „Wenn’s gut ist, kommen die Leut’.“

Welzhofer selbst verspürt „große Dankbarkei­t“. Die Atmosphäre sei angenehm, es mache Spaß und die Menschen seien freundlich. Aber: „Du musst da sein. Die Gaststätte kann man nicht als Hobby betreiben.“Von Mai bis August hat er an sieben Tagen geöffnet, ansonsten ist Montag und Samstag Ruhetag. Welzhofer will, dass sich die Leute gerne bei ihm aufhalten und „nebeneinan­der Karten spielen und Garnelen essen“. Er wolle eine gute Mischung bieten. Dirlmeier und Welzhofer gehen davon aus, dass Vereinsgas­tstätten eine Zukunft haben – sofern man das wolle und die Rahmenbedi­ngungen stimmten.

● TSV Krumbach „A la carte“essen kann man auch beim TSV Krumbach – sechs Tage in der Woche. Aber das sei allgemein eher eine auszu sterbende Geschichte, sagt Fußballabt­eilungslei­ter Theo Reichelt. Derzeit ist die Sportgasts­tätte verpachtet. „Wir sind froh, dass wir momentan noch eine Wirtin haben, die das gut macht.“Doch wenn sie mal in Rente gehe, werde man keinen mehr finden. Denn reich werde man damit nicht. „Dass das jemand hauptberuf­lich machen will, glaub’ ich eher weniger“, sagt Reichelt. Die Zukunft sieht er eher im Sportheim mit Eigenbewir­tung durch Freiwillig­e oder die Mitglieder. ● TC Ichenhause­n Für ein anderes Modell hat sich der TC Ichenhause­n entschiede­n. Bis vor zehn Jahren habe man einen Pächter gehabt, doch das habe sich nicht rentiert: „Zu wenig los“, sagt der Vorsitzend­e

Häufig findet sich kein Nachfolger

Viele Vereine vertrauen auf ihre Mitglieder

Martin Schneider. Circa 2005 sei man auf Ehrenamt umgestiege­n, das habe aber nicht so gut funktionie­rt: zu viele zwischenme­nschliche Diskussion­en. Da wolle jeder nach seinem eigenen Kopf handeln.

Inzwischen habe man keine Gaststätte mehr. Unter der Woche schenken die Mitglieder die Getränke selbst aus. Jeder könne sich etwas nehmen und aufschreib­en, das laufe auf Vertrauens­basis, erklärt der Vorsitzend­e. Anders sei das bei kleineren Vereinen seiner Meinung nach nicht möglich. Stehe eine Veranstalt­ung an, werde die Verpflegun­g vom Vorstand organisier­t und von den Mitglieder­n angeboten. Das funktionie­re auch ohne Streiterei­en, sagt Schneider. Ob sich eine Vereinsgas­tstätte halten könne, hänge vor allem von der Größe des Vereins ab.

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Foto: Stephanie Lorenz Seit April stehen die Stühle auf den Tischen im Dürrlauing­er Vereinshei­m. Drei Mal war die Stelle des Pächters ausgeschri­eben. Es sei „kein lustiges Unterfange­n“gewesen, sagte Bürgermeis­ter Edgar Ilg. Aber jetzt freut er sich: Am 1. Oktober beginnt die...
 ?? Foto: Peter Wieser ?? „Prost!“heißt es im Sportheim Offingen: Jeden Freitag treffen sich dort seit ungefähr 18 Jahren 15 ehemalige Fußballer und Funk tionäre des TSV zu ihrem Stammtisch. Diskutiert werden die üblichen Themen aus dem Alltag, Politik und natürlich auch Sport...
Foto: Peter Wieser „Prost!“heißt es im Sportheim Offingen: Jeden Freitag treffen sich dort seit ungefähr 18 Jahren 15 ehemalige Fußballer und Funk tionäre des TSV zu ihrem Stammtisch. Diskutiert werden die üblichen Themen aus dem Alltag, Politik und natürlich auch Sport...
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Foto: Lorenz Nicht nur Tennisspie­ler kommen in die Gaststätte des TC Günzburg zu Wirt Christoph Welzhofer (rechts). Auch Radfahrer vom Do nauradweg, Waldbad Gäste und Fußballer schauen vorbei. Das freut auch den Vorsitzend­en Peter Dirlmeier.
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Foto: Wieser Knapp 90 Mitglieder hat der TC Ichenhause­n. Bei einem Verein dieser Größe rentiere sich eine Gaststätte nicht, sagt der Vorsit zende Martin Schneider. Die Mitglieder schenken unter der Woche selbst aus und schreiben auf, was sie nehmen.
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