Mittelschwaebische Nachrichten
Haben Vereinsgaststätten noch eine Zukunft?
Ein Sportheim zu unterhalten ist vielerorts schwierig. Wie Vereine im Landkreis den Betrieb handhaben
Landkreis Händeringend hat die Gemeinde Dürrlauingen einen neuen Pächter für ihr Vereinsheim gesucht. Seit Ende April. Man habe sich umgehört und Anzeigen geschaltet, aber zunächst ohne Erfolg, sagt Bürgermeister Edgar Ilg enttäuscht. Lange habe er nicht eine Rückmeldung erhalten. Dann Ende Juli die Erlösung: Eine Dame habe sich gemeldet, sagt Ilg, ab 1. Oktober wird es in Dürrlauingen eine neue Pächterin geben. Haben auch andere Orte und Vereine zu kämpfen? Haben Sportgaststätten ausgedient oder haben sie eine Zukunft?
Viele haben ein Problem, Nachfolger zu finden, beobachtet Ingrid Osterlehner, Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes in Günzburg. „Es sind nicht mehr die Idealisten am Werk wie früher.“Die, die es aus „Spaß an der Freud“machten. Ihrer Einschätzung nach werden die, die zum Beispiel nur zu Trainingszeiten aufhaben, eher Probleme haben, sich zu halten. „Aus meiner Erfahrung stirbt manches aus“, sagt sie. Welche Erfahrungen machen die Vereine im Landkreis? ● Dürrlauingen Drei Monate lang hatte Bürgermeister Edgar Ilg einen Nachfolger für das jüngere Ehepaar gesucht, das die Gastronomie in Dürrlauingen vor vier Jahren übernommen hatte. Der Mann war Metzger, es sei gut gelaufen. Aber ein Vereinsheim bei Vollzeit-Arbeit nebenher zu betreiben, sei schwierig. In Dürrlauingen nutzen es immerhin zehn bis zwölf Vereine. Hin- kommen Veranstaltungen. Platz gibt es für etwa 100 Leute. Doch davon leben könne ein Pächter nicht.
In Dürrlauingen habe man gute Bedingungen geschaffen: Es gibt eine ausgebaute Küche, das Vereinsheim liegt an Radwegen, der Wirt kann flexibel arbeiten und hat die Unterstützung der Gemeinde. Und die Pacht beträgt nur einen Euro im Jahr – denn keine dürfe man rechtlich nicht verlangen. Dennoch sei lange „nicht einmal eine Anfrage“gekommen. Eine Bewirtung durch Vereinsmitglieder, wie man sie schon einmal hatte, sei schwierig. Die Menschen seien anspruchsvoller und kritisierten schneller als früher, sagt Ilg. Das sei für Ehrenamtliche frustrierend. ● TSV Offingen Beim TSV Offingen macht man seit sieben Jahren gute Erfahrungen mit der ehrenamtlichen Bewirtung, erzählt der Vorsitzende und Fußballabteilungsleiter Manfred Schuster. Die Sportgaststätte des Vereins ist an die Abteilung Fußball vermietet. Der größte Andrang herrscht bei Heimspielen, aber auch andere Veranstaltungen finden dort statt. Die Bewirtung übernehmen die Ehrenamtlichen in ViererTeams. „In der Summe sind wir 24, die braucht man, damit das Rad sich dreht.“Man brauche aber zwei bis drei Leute, die das federführend übernehmen.
Fremdvergeben wolle er es auf keinen Fall. „Wir wollen keinen Pächter, die wollen die Wirtschaftlichkeit ausloten“, sagt Schuster. Die Interessen von Verein und Wirt auf einen Nenner zu bringen, sei schwierig. Außerdem bleibe alles, was reinkomme, in der Kasse und werde aufgeteilt. So gebe es von den Einnahmen durch die Bewirtung zum Beispiel neue Trikots oder Getränke zum Training. „Es ist eine sehr lukrative Sache, muss ich ehrlich sagen.“Hinter allem stehe der Vereinsgedanke: Wenn jeder etwas dazu tue, funktioniere das auch. ● SV Mindelzell Wie der TSV Offingen setzt auch der Vorstand des SV Mindelzell auf Eigenbewirtung. In Zweierteams mache man selbst Kaffee und Kuchen und grille im Außenbereich, sagt Fußballabteilungsleiter und Vorsitzender Michael Miller. Geöffnet sei zum Training und bei Heimspielen. Seit 25 Jahren bewähre sich das. Eine Zukunft sieht er, „solange wir freiwillige Helfer haben“. Ein Wirt sei keine Option: „Bei uns ist die Küche relativ klein, die müsste man erst umbauen.“● VfR Jettingen Auf ehrenamtlicher Basis funktioniert auch die Sportheim-Bewirtung des VfR Jettingen. Man habe bewusst von einer Verpachtung abgesehen, sagt Günther Brenner, Vorsitzender des Vereins. „Man ist nicht mehr so frei in der Handhabung und bräuchte zusätzliche Räume“, erklärt er. Außerdem sieht er – wie sein Amtskollege vom TSV Offingen – oft Überschneidungen zwischen Vereins- und Betreiberinteresse. In dem Umfang, wie das Sportheim derzeit betrieben werde, werde es weiter bestehen bleiben, ist sich Brenner sicher. Und wenn Not am Mann sei, helfe immer jemand, sagt er, ob die Frau vom Kassierer oder er selbst.
● TC Günzburg Für einen Pächter hat sich der TC Günzburg entschieden: Seit Oktober 2016 bewirtet Christoph Welzhofer die Gaststätte. Bis dahin sei es eine Katastrophe gewesen, sagt Vorsitzender Peter Dirlmeier. Er freut sich: „Wir haben einen Glücksgriff gemacht.“Beim Tennis sei man relativ saisonabhängig. Nur vom Tennispublikum zu leben, sei schwierig. Doch zum TC Günzburg kommen das ganze Jahr über Gäste. „Christoph ist ein super Koch“, sagt Dirlmeier. „Wenn’s gut ist, kommen die Leut’.“
Welzhofer selbst verspürt „große Dankbarkeit“. Die Atmosphäre sei angenehm, es mache Spaß und die Menschen seien freundlich. Aber: „Du musst da sein. Die Gaststätte kann man nicht als Hobby betreiben.“Von Mai bis August hat er an sieben Tagen geöffnet, ansonsten ist Montag und Samstag Ruhetag. Welzhofer will, dass sich die Leute gerne bei ihm aufhalten und „nebeneinander Karten spielen und Garnelen essen“. Er wolle eine gute Mischung bieten. Dirlmeier und Welzhofer gehen davon aus, dass Vereinsgaststätten eine Zukunft haben – sofern man das wolle und die Rahmenbedingungen stimmten.
● TSV Krumbach „A la carte“essen kann man auch beim TSV Krumbach – sechs Tage in der Woche. Aber das sei allgemein eher eine auszu sterbende Geschichte, sagt Fußballabteilungsleiter Theo Reichelt. Derzeit ist die Sportgaststätte verpachtet. „Wir sind froh, dass wir momentan noch eine Wirtin haben, die das gut macht.“Doch wenn sie mal in Rente gehe, werde man keinen mehr finden. Denn reich werde man damit nicht. „Dass das jemand hauptberuflich machen will, glaub’ ich eher weniger“, sagt Reichelt. Die Zukunft sieht er eher im Sportheim mit Eigenbewirtung durch Freiwillige oder die Mitglieder. ● TC Ichenhausen Für ein anderes Modell hat sich der TC Ichenhausen entschieden. Bis vor zehn Jahren habe man einen Pächter gehabt, doch das habe sich nicht rentiert: „Zu wenig los“, sagt der Vorsitzende
Häufig findet sich kein Nachfolger
Viele Vereine vertrauen auf ihre Mitglieder
Martin Schneider. Circa 2005 sei man auf Ehrenamt umgestiegen, das habe aber nicht so gut funktioniert: zu viele zwischenmenschliche Diskussionen. Da wolle jeder nach seinem eigenen Kopf handeln.
Inzwischen habe man keine Gaststätte mehr. Unter der Woche schenken die Mitglieder die Getränke selbst aus. Jeder könne sich etwas nehmen und aufschreiben, das laufe auf Vertrauensbasis, erklärt der Vorsitzende. Anders sei das bei kleineren Vereinen seiner Meinung nach nicht möglich. Stehe eine Veranstaltung an, werde die Verpflegung vom Vorstand organisiert und von den Mitgliedern angeboten. Das funktioniere auch ohne Streitereien, sagt Schneider. Ob sich eine Vereinsgaststätte halten könne, hänge vor allem von der Größe des Vereins ab.