Mittelschwaebische Nachrichten
Mit eigenem Hund und Strom unterwegs
200 Jahre Fahrrad Anton Wiest aus Hasberg hat sich ein Lastenrad für sich und seine Lotti gekauft, das er um eine Fotovoltaikanlage erweitert hat. Warum er sein Gefährt nicht nur Hundebesitzern weiterempfiehlt
Hasberg/Bedernau Wohin Anton Wiest und seine Lotti auch kommen, erregen die beiden Aufmerksamkeit. In der Naturtherme in Bedernau, die der Hasberger und sein Hund regelmäßig besuchen, kennt man die beiden schon, und auch ihr außergewöhnliches Gefährt. Denn während Anton Wiest drinnen die Wassergymnastik genießt, sitzt Lotti draußen vor der Therme in einem eigens für sie umgebauten Lastenfahrrad – und ist ebenfalls am Genießen: nämlich die Streicheleinheiten der vorbeikommen- den Thermen-Stammgäste. Die zwölfjährige Golden-RetrieverHündin hat der 63-jährige Wiest schon lang, das Fahrrad hingegen erst seit dem Frühjahr. Der Osterhase hat es gebracht – gewissermaßen: Denn am Freitag nach Ostern kam das Rad, das zuvor von einem Kaminkehrer in Berlin als Betriebsfahrzeug genutzt worden war, per Spedition ins Unterallgäu.
„Ich habe keinen schlechten Griff gemacht“, bilanziert Anton Wiest nun, mehr als einem Vierteljahr nach seinem Kauf. Und auch Lotti scheint ihr neues Fortbewegungsmittel zu gefallen. „Manchmal sitzt sie schon morgens drin und wartet“, erzählt Wiest und lacht. Die zwölf Jahre alte Hundedame ist zwar noch recht fit, wird aber nach längeren Spaziergängen oder Radtouren auch entsprechend müde. „Man soll sie nicht überlasten“, findet Wiest, der sich auch wegen des Tieres das Fahrrad mit den drei Rädern angeschafft und es ein wenig umgebaut hat.
Lotti, die das ganze Prozedere ihres Herrchens aufmerksam verfolgt hat, kann nun gemütlich in dem Lastenbereich sitzen, der sich vorne am Fahrrad befindet. Den Blick hat sie nach vorne gerichtet, denn keine Klappe oder Wand versperrt ihr die Sicht. Von der Sonne geschützt ist die Hündin durch einen Selfmade-Sonnenschutz: Weil ihm die fertigen Sonnendächer und Verdecke zu teuer waren, hat Wiest, der bis zur Rente als Betriebselektriker bei Grob in Mindelheim gearbeitet hat, kurzerhand eine kleine Fotovoltaikanlage auf seinem Fahrrad installiert. „Eine Spielerei“sei die Solaranlage, sagt er. Aber immerhin: Durch das Solarpanel mit 50 Watt und eine entsprechende Batterie ist er autark und kann damit sogar das Pedelec seiner Frau mitladen, wenn es sein muss. Sein Fahrrad fährt ebenfalls mit elektrischer Unterstützung – kein Wunder, denn das ganze Gefährt wiegt gut 90 Kilogramm und verträgt 150 Kilogramm Zuladung. Sogar mit 100 Kilo Briketts ist Wiest schon einmal durch den Ort geradelt.
Der Vorteil: Durch das Gewicht und die drei Räder ist das Fahrrad besonders stabil – und damit ideal für ältere Menschen, wie Anton Wiest betont. Er kennt so manchen, der sich nicht mehr traut, aufs normale Fahrrad zu steigen, weil es ihm plötzlich schwindlig wird oder er das Zweirad, das in brenzligen Situationen schnell wacklig wird, nicht mehr so gut unter Kontrolle hat. Ein Lastenfahrrad kann den eigenen Radius wieder vergrößern und sorgt zugleich dafür, dass man sich wieder mehr bewegt. Rund 2300 Euro kostet ein neues Lastenfahrrad, sagt Wiest, der damit rund 100 Kilometer in der Woche radelt – „und zwar nur noch mit dem“, wie er erklärt.
Wiest fährt zum Beispiel regelmäßig in die Therme nach Bedernau, häufig mit seiner Ehefrau. „Die Lebensqualität gönnen wir uns“, betont er und schmunzelt. „Die Therme ist für uns Mundgymnastik und Wassergymnastik.“
Mit Hin- und Rückfahrt nach Hasberg macht das rund 25 Kilometer. Ansonsten ist er auch gern mit seiner Lotti an der Mindel unterwegs. „Da darf sie dann ein Bad nehmen“, sagt er. „Sie ist eine Wasserratte!“Während sein Hund im Wasser tobt, kann er gemütlich auf seinem Fahrrad sitzen bleiben, denn nichts wackelt oder kippt. „Das gibt einem Sicherheit und ist praktisch“, findet Wiest.