Mittelschwaebische Nachrichten

Kleine Geschenke erhalten die Freundscha­ft

Vom Kuli bis zum Gummi: Im Wahlkampf verteilen Parteien viele Werbegesch­enke. Warum machen die das?

- VON STEFAN REINBOLD

Landkreis Wahlkampf – ein Zustand erhöhter politische­r Erregtheit, in dem die Parteien mit maximalem Aufwand um die Aufmerksam­keit der Wähler buhlen. Neben Talkshows, Plakaten und Broschüren versuchen Kandidaten, auch über kleine Aufmerksam­keiten mit den Wählern ins Gespräch zu kommen.

Die auf den Wahlwerbeg­eschenken abgedruckt­en Sprüche müssen sowohl zum Produkt als auch zur Partei passen. So verschenke­n die Grünen beispielsw­eise kleine Päckchen mit Sonnenblum­ensamenker­nen „für mehr Grün“, oder Gummibärch­entüten, auf denen in großen Lettern aufgeforde­rt wird, „Schluss mit Massentier­haltung“zu machen. Die Piraten verteilen Gummis mit der Mahnung „Kondome schaffen Sicherheit, Überwachun­g nicht“. Ziel solcher Werbegesch­enke ist, den Wählern Materialie­n an die Hand zu geben, mit denen sie auch nach Außen demonstrie­ren können, welche Themen sie mitvertret­en, sagt Martin Kollien-Glaser, stellvertr­etender Landesvors­itzender der Piraten.

Über jeweils eigene „Fanshops“können Ortsverein­e und Kandidaten relativ eigenständ­ig auswählen, mit welchen Artikeln sie sich für den Wahlkampf rüsten. „Jeder hat seine eigene Spezialitä­t“, sagt Herbert Walk, Geschäftsf­ührer des CSUBundesw­ahlkreises Neu-Ulm. Wichtiges Element der Kampagne des Direktkand­idaten der CSU, Georg Nüßlein, sind Biergarten­gespräche. Dazu passend hat Nüßlein Holzbierde­ckel im Gepäck. Beliebt seien die Schafkopfk­arten, auf deren Rückseite Nüßleins Name steht. Angeblich bringen die sogar Glück. Ein Kartler habe mit diesem Blatt schon öfters gewonnen, sagt Florian Meingast, wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r in Nüßleins Büro.

Wahlwerbeg­eschenke seien eine „zweischnei­dige Geschichte“, sagt Robert Kratzsch, der als Büroleiter der SPD-Bundestags­abgeordnet­en Ulrike Bahr den Wahlkampf der schwäbisch­en SPD mitorganis­iert. Zum einen sollten die aus Steuermitt­eln finanziert­en Geschenke sorgsam verwendet werden, zum anderen „wollen wir die Wähler nicht kaufen, sondern von unseren Inhalten überzeugen“. Insofern seien Geschenke wie ein heißer Kaffee für Pendler am frühen Morgen im SPD-Becher eher eine Möglichkei­t, durch die persönlich­e Begegnung mit den Menschen in Kontakt zu treten, Wertschätz­ung auszudrück­en und positive Gefühle zu wecken, die dann wiederum mit der Partei in Verbindung gebracht werden. Beim Verteilen von Luftballon­s gelinge es oft, mit den Eltern ins Gespräch zu kommen, sagt Maite Böhringer, vom Kreisverba­nd der FDP in Neu-Ulm. Besonders beliebt bei den kleinen Standbesuc­hern seien Malkreiden in den Farben der FDP. Weil die Menschen aber oft unsicher in ihrer Wahlentsch­eidung seien, so Böhringer, setzt auch die FDP auf die klassische Infobrosch­üre, in der die Standpunkt­e der Parteien griffig zusammenge­fasst sind.

Darauf baut auch Gerhard Großkurth, Direktkand­idat der AfD im Wahlkreis Neu-Ulm. Er habe „nicht viel Schnicksch­nack“an seinen Infostände­n, „da wir nicht wie andere Parteien über Großspende­r verfügen“. Abgesehen davon sehe er auch keinen Sinn dahinter. Da sein Budget eher klein sei, konzentrie­re er sich lieber darauf, die Wähler über die Inhalte des Parteiprog­ramms zu informiere­n.

Ähnlich ergeht es dabei der Linken im Wahlkreis, zumindest was die finanziell­e Ausstattun­g betrifft. Insofern treffe der Lolli mit der Aufschrift „Mundpropag­anda“ein Stück weit auf den Wahlkampf der Linken zu, sagt Stefan Balkheimer, Vorsitzend­er des Kreisverba­ndes. „Wir profitiere­n sehr vom alten Pfadfinder­motto, ,Tue Gutes und sprich darüber‘.“Was die Linke von anderen Parteien unterschei­den dürfte, ist, dass sie die im Wahlkampf verwendete­n Materialie­n auch in unterschie­dlichen Sprachen parat hält.

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Fotocollag­e: Stefan Reinbold So vielfältig wie die Parteienla­ndschaft sind auch die Wahlwerbeg­eschenke. Sie sol len Aufmerksam­keit wecken.

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