Mittelschwaebische Nachrichten
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft
Vom Kuli bis zum Gummi: Im Wahlkampf verteilen Parteien viele Werbegeschenke. Warum machen die das?
Landkreis Wahlkampf – ein Zustand erhöhter politischer Erregtheit, in dem die Parteien mit maximalem Aufwand um die Aufmerksamkeit der Wähler buhlen. Neben Talkshows, Plakaten und Broschüren versuchen Kandidaten, auch über kleine Aufmerksamkeiten mit den Wählern ins Gespräch zu kommen.
Die auf den Wahlwerbegeschenken abgedruckten Sprüche müssen sowohl zum Produkt als auch zur Partei passen. So verschenken die Grünen beispielsweise kleine Päckchen mit Sonnenblumensamenkernen „für mehr Grün“, oder Gummibärchentüten, auf denen in großen Lettern aufgefordert wird, „Schluss mit Massentierhaltung“zu machen. Die Piraten verteilen Gummis mit der Mahnung „Kondome schaffen Sicherheit, Überwachung nicht“. Ziel solcher Werbegeschenke ist, den Wählern Materialien an die Hand zu geben, mit denen sie auch nach Außen demonstrieren können, welche Themen sie mitvertreten, sagt Martin Kollien-Glaser, stellvertretender Landesvorsitzender der Piraten.
Über jeweils eigene „Fanshops“können Ortsvereine und Kandidaten relativ eigenständig auswählen, mit welchen Artikeln sie sich für den Wahlkampf rüsten. „Jeder hat seine eigene Spezialität“, sagt Herbert Walk, Geschäftsführer des CSUBundeswahlkreises Neu-Ulm. Wichtiges Element der Kampagne des Direktkandidaten der CSU, Georg Nüßlein, sind Biergartengespräche. Dazu passend hat Nüßlein Holzbierdeckel im Gepäck. Beliebt seien die Schafkopfkarten, auf deren Rückseite Nüßleins Name steht. Angeblich bringen die sogar Glück. Ein Kartler habe mit diesem Blatt schon öfters gewonnen, sagt Florian Meingast, wissenschaftlicher Mitarbeiter in Nüßleins Büro.
Wahlwerbegeschenke seien eine „zweischneidige Geschichte“, sagt Robert Kratzsch, der als Büroleiter der SPD-Bundestagsabgeordneten Ulrike Bahr den Wahlkampf der schwäbischen SPD mitorganisiert. Zum einen sollten die aus Steuermitteln finanzierten Geschenke sorgsam verwendet werden, zum anderen „wollen wir die Wähler nicht kaufen, sondern von unseren Inhalten überzeugen“. Insofern seien Geschenke wie ein heißer Kaffee für Pendler am frühen Morgen im SPD-Becher eher eine Möglichkeit, durch die persönliche Begegnung mit den Menschen in Kontakt zu treten, Wertschätzung auszudrücken und positive Gefühle zu wecken, die dann wiederum mit der Partei in Verbindung gebracht werden. Beim Verteilen von Luftballons gelinge es oft, mit den Eltern ins Gespräch zu kommen, sagt Maite Böhringer, vom Kreisverband der FDP in Neu-Ulm. Besonders beliebt bei den kleinen Standbesuchern seien Malkreiden in den Farben der FDP. Weil die Menschen aber oft unsicher in ihrer Wahlentscheidung seien, so Böhringer, setzt auch die FDP auf die klassische Infobroschüre, in der die Standpunkte der Parteien griffig zusammengefasst sind.
Darauf baut auch Gerhard Großkurth, Direktkandidat der AfD im Wahlkreis Neu-Ulm. Er habe „nicht viel Schnickschnack“an seinen Infoständen, „da wir nicht wie andere Parteien über Großspender verfügen“. Abgesehen davon sehe er auch keinen Sinn dahinter. Da sein Budget eher klein sei, konzentriere er sich lieber darauf, die Wähler über die Inhalte des Parteiprogramms zu informieren.
Ähnlich ergeht es dabei der Linken im Wahlkreis, zumindest was die finanzielle Ausstattung betrifft. Insofern treffe der Lolli mit der Aufschrift „Mundpropaganda“ein Stück weit auf den Wahlkampf der Linken zu, sagt Stefan Balkheimer, Vorsitzender des Kreisverbandes. „Wir profitieren sehr vom alten Pfadfindermotto, ,Tue Gutes und sprich darüber‘.“Was die Linke von anderen Parteien unterscheiden dürfte, ist, dass sie die im Wahlkampf verwendeten Materialien auch in unterschiedlichen Sprachen parat hält.