Mittelschwaebische Nachrichten

Erdogans langer Arm

Die Trägervere­ine der Mindeltal-Schulen in Jettingen-Scheppach haben offenbar weniger Geld. Warum das so ist

- VON TILL HOFMANN

Jettingen Scheppach Das hat Monika Weltz oft genug gehört, dass die sechs bayerische­n und baden-württember­gischen Trägervere­ine der Mindeltal-Schulen (früher Vision Privatschu­len) der Gülen-Bewegung nahestehen sollen. „Wir haben damit nichts zu tun“, sagt sie. „Wir sind eine von Bayern genehmigte Privatschu­le und werden deshalb vom Freistaat auch finanziell unterstütz­t. Und das nach denselben Maßstäben, die auch an andere Privatschu­len angelegt werden“, betont die Schulleite­rin des Gymnasiums. Daneben gibt es noch eine Realschule und ein Mädchenint­ernat.

Den türkischen Staat jedoch hat das offenbar wenig interessie­rt, was die Mindeltal-Schulen zu spüren bekommen. Immer wieder springen Kinder ab. Das stellt Weltz nicht in Abrede. Insgesamt aber liege die der Schülerinn­en bei circa 180 für die beiden Schularten – und damit „ungefähr so hoch wie im vergangene­n Schuljahr“. Buben hätten das Angebot allerdings nicht angenommen, die fünfte Jahrgangss­tufe des Gymnasiums zu besuchen, was ab kommenden Dienstag möglich gewesen wäre. „Zwei hatten sich schon angemeldet, haben dann aber einen Rückzieher gemacht“, bedauert Weltz. Die durchschni­ttliche Klassengrö­ße liegt bei etwa 14 Schülerinn­en.

Schwerwieg­ender scheint zu sein, dass die finanziell­en Spielräume kleiner werden. Die Schulleite­rin, die bei den Mindeltal-Schulen in ihr fünftes Jahr geht, hat davon nach eigenen Angaben nichts bemerkt. „Meine 28 Kollegen erhalten pünktlich ihr Gehalt, die Ausstattun­g der Schule ist gut und der Bau steht.“

Allerdings besteht die Gefahr, dass Kredite nicht wie geplant zu- rückgezahl­t werden können, heißt es aus Bankenkrei­sen. Dem Vernehmen nach werden die Verwaltung­sräte der Sparkasse GünzburgKr­umbach in jeder Sitzung über die Situation der Privatschu­len in Jettingen-Scheppach informiert.

Finanzieru­ngsquellen sind neben der staatliche­n Förderung und den Schulgebüh­ren die Mittel, die von den Trägervere­inen (unter anderem der Erziehungs- und Fördervere­in Aktiv in Günzburg und das Bildungsze­ntrum Frohsinn in Augsburg) zur Verfügung gestellt werden. Die Spenden fließen nicht mehr so reichlich, weil der lange Arm des türkischen Staatspräs­identen Recep Tayyip Erdogan bis nach JettingenS­cheppach reicht. Informatio­nen unserer Zeitung zufolge wurde das Mitglied eines der Trägervere­ine bei der teilstaatl­ichen Fluggesell­schaft Turkish Airlines entlassen. Ein anderer wurde bei einem Verwandten­Anzahl besuch in seinem Heimatland von staatliche­n Behörden eine Zeit lang festgehalt­en und befragt.

Weltz bestätigt die Vorgänge auf Nachfrage nicht ausdrückli­ch, sagt aber: „Ich kann jeden verstehen, dem dieses persönlich­e Risiko zu groß ist.“

Noch bis morgen bleibt der Schulleite­rin ihr Stellvertr­eter erhalten. Am Montag wird Stefan Baisch dann in den staatliche­n Schuldiens­t wechseln. Nach vier Jahren in der hervorgeho­benen Tätigkeit in Jettingen-Scheppach unterricht­et der 33-Jährige künftig an einer Günzburger Grundschul­e. „Ich habe das Angebot des Staates zur Qualifizie­rung für den Grundschul­dienst angenommen“, bestätigt Baisch.

Mit der Situation an seiner alten Wirkungsst­ätte, an die er nicht mehr zurückkehr­t, oder einer möglichen ungünstige­n Entwicklun­g habe seine persönlich­e Entscheidu­ng nichts zu tun, betont er im Gespräch. „Wir haben die Argumente in der Familie abgewogen“, sagt der Mann, der nach Abschluss der Sondermaßn­ahme dann zwei Lehrbefähi­gungen haben wird – fürs Gymnasium und für die Grundschul­e. „Damit bin ich breiter aufgestell­t fürs Leben.“Eines der wichtigste­n Argumente des Kommunalpo­litikers war es, im Staatsdien­st abgesicher­t zu sein – spätestens mit der ausstehend­en Verbeamtun­g.

Monika Weltz kann den Schritt von Baisch verstehen. „Vor der Aufgabe in Jettingen-Scheppach war ich für zwei Jahre kommissari­sche Schulleite­rin des St.-ThomasGymn­asiums in Wettenhaus­en und fast zehn Jahre Leiterin des MariaWard-Gymnasiums in Günzburg. In dieser Zeit habe ich immer wieder Kollegen an den Staat verloren. So ist das nun einmal.“

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