Mittelschwaebische Nachrichten
Flucht nach Österreich und andere ungewöhnliche Geschichten
Die alte Hammerschmiede steht symbolisch für die Wechselfälle der Krumbacher Stadtgeschichte
Krumbach Die Hammerschmiede: Als einer in der ersten in Krumbach (Hürben) betriebenen Fertigungsstätten bindet sich der Hammerschmied-Handwerksbetrieb mit seiner rund 500-jährigen wechselvollen Geschichte in die lokale Historie ein. Erstmals in Akten genannt wird eine während der Regentschaft von Franz Carl von Lichtenstein neu in Hürben erbaute „Hammerschmidten“. Und einem Hammerschmied Jakob Kienle wird kurz darauf gestattet, „auf obiges Pläzl zu Verhütung der mehrmals geschehenen Diebereien“auch eine Wohnung zu erbauen.
In seinen Beiträgen zur Krumbacher Stadtgeschichte erwähnt Heimat-Chronist Heinrich Sinz beim Rückblick auf die „Gründerzeit“in der Hammerschmied-Geschichte dann für das Jahr 1639 gar einen „Kriminalfall“: Was liegt dem zugrunde? Aus jenen Tagen ist überliefert, dass der Sohn des damaligen Hammerschmieds, vermutlich bei einem heftigen Streit, den Sohn vom Müller der Unteren Mühlen tötete. Daraufhin flüchtete er nach Österreich und kehrte sechs Jahre später wieder in die schwäbische Heimat zurück. Gleichzeitig musste er der Obrigkeit beweisen, dass die seinerzeitige Tat in Notwehr geschehen war. Ob dies gelang, ist in der Chronik allerdings nicht erwähnt. Überliefert ist jedoch, dass wohl die kleine Kapelle, die am Kammelufer südlich der Hammerschmiede gebaut wurde, als Sühnemal entstand.
Im Zeitenlauf der Geschichte wechselte die Hammerschmiede, die auch einmal abbrannte, mehrfach den Besitzer.
Um das Jahr 1728 war der Betrieb in der Hand eines Hans Jakob Schopper. Im Jahre 1753 ging die Hammerschmiede dann vom Besitzer Anton Matt auf Friederich Butz von Gebsattel über, der von Franken kommend hier ansiedelte. Zu dieser Zeit hatte die Hammerschmiede kein Anrecht am Gemeindewald, doch war sie dafür von sämtlichen Frondiensten befreit. 1804 ist die Hammerschmiede im Besitz eines gewissen Wurm, doch sind bald darauf als Inhaber Kleiner und später Alteneder genannt. Wie groß dieser Besitz damals war, geht daraus hervor, dass Kleiner neben der Hammerschmiede noch über 100 Tagwerk Wiesen und Äcker umtrieb.
Man schreibt dann das Jahr 1898: Max Weishaupt erwirbt die Hammerschmiede, die er dann auf seinen Sohn Franz übertrug. Der Betrieb der Hammerschmiede war, neben einer kleineren Fertigungsstätte in Langenhaslach (dem heutigen Hammerschmied-Museum Naichen beim Stockerhof) der einzige weit und breit. Vielerlei Gerätschaften, insbesondere für die Landwirtschaft und das Baugewerbe werden hergestellt: Vom Hammer über das Beil, Meisel, Pickel und Klammhaken wurden über Jahrhunderte produziert.
Mit der Zeitgeschichte und den wechselnden Besitzern korrespondiert natürlich auch Baugeschichte der Hammerschmiede im Laufe der Jahrhunderte: Einmal brannte sie ab, wurde neu aufgebaut, um dann aber immer wieder vergrößert zu werden: 1960 werden die dort installierten schweren Schlaghämmer, die bisher über eine starke Holzwelle mit Nocken von Wasserkraft angetrieben wurden, auf Druckluftbetrieb mit Elektroantrieb umgestellt. In Walter Gleichs „Krumbacher Geschichte in Stichworten“findet sich ein letzter Hinweis zur Hammerschmiede: „1993 wird in der Hammerschmiede in Hürben, Raunauer Straße 50, der Betrieb eingestellt, nachdem der letzte gelernte Hammerschmied, Franz Weishaupt, verstorben war“.
Zu guter Letzt ein Blick in die Gegenwart: Ebenso beständig wie die vorbei fließende Kammel laufen bei der „Hammerschmiede“nach wie vor die Turbinen zur Nutzung der Wasserkraft und Energiegewinnung. Und Besitzer Walter Weishaupt wartet und pflegt die komplette Werkanlage: Auf Knopfdruck schlagen die Hämmer zu – wie in alten Zeiten.
Schon in alter Zeit und erstmals 1705 durch einen Grundbucheintrag belegt, fand sich auf der kleinen Insel gegenüber der Hammerschmiede auch eine Ölmühle: „Maria Kienlein, Wittib (Witwe) besitzt neben der Pfarr-Baint die Hammerschmidten (Hammerschmiede) und die halbe Ölmühle“. Anno 1753 ist vermerkt, dass die Ölmühle an der Kammel dem Tafernwirt Romuald Mayer in Hürben (heute Gasthof Munding) und Jakob Grünwald zu gleichen Teilen gehört.
In seinen Beiträgen zur Krumbacher Heimatgeschichte erwähnt Heinrich Sinz ein Protokoll von 1734, wonach „die Oelmüller“gehalten waren, „den Fachbaum und die Brücken gemeinschaftlich mit dem Hammerschmied zu verhalten, ebenso auch die Unkosten bei einem Wasserdurchbruch zu tragen…“. Im Jahre 1804 ging die Olmühle von dem Hammerschmied Wurm auf die Familie Mayer über.
Leinölfirnis für die Malerei
Gemahlen oder besser zerschlagen wurden in der Mühle insbesondere Leinsamen, die wiederum aus Hanf gewonnen wurden. Das so gewonnene Leinsamenöl kam als Speiseöl in der Küche zum Einsatz oder fand auch als Leinölfirnis in der Malerei Verwendung.
Nach jahrhundertelangem Einsatz stellte der seltene Handwerksbetrieb dann seine Leistungen ein; das Gebäude an der Kammel wurde im Jahr 1951 abgebrochen; letzter Ölmühlen-Betreiber war der Johann Krämer (Hausname „Ölschläger“).