Mittelschwaebische Nachrichten
Sanierungsstau im Heizungskeller
Warum wegwerfen, was noch gut funktioniert? Gründe für den geplanten Austausch
Die Energiewende ist nach wie vor in aller Munde – aber sie endet oft an der eigenen Kellertür. Von insgesamt 21 Million Heizungen in Deutschland sind zwei Drittel 20 Jahre und älter – „und damit nicht mehr Stand der Technik“, sagt Lothar Breidenbach, Geschäftsführer Technik im Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH). Die Sanierungsquote bei gasbasierten Heizungen betrage lediglich rund drei Prozent im Jahr, die von Ölheizungen rund ein Prozent pro Jahr. Kurzum: Hausbesitzer tauschen eine Heizung erst aus, wenn sie kaputt ist. Viele fragen sich: warum eine noch funktionierende Heizung für viel Geld austauschen? Eine neue Anlage ist teuer. Das Problem: Wer die Mittel hat, denkt nicht sofort an die Heizung. „Das Geld ist da, und es wird auch investiert“– aber eher in ein schickes Auto, eine vorzeigbare Küche oder auch gerne in den Badezimmer-Ausbau, berichtet Frank Ebisch vom Zentralverband Sanitär Heizung Klima. Da hilft kaum das Argument, dass langfristig Ersparnisse bei den Betriebskosten möglich sind. „Wenn ein Kessel optimal läuft und zum Wärmebedarf des Hauses passt, muss er nicht unbedingt ausgetauscht werden“, sagt zwar Marcus Weber von der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft co2online. Doch er ergänzt: Die wenigsten Anlagen sind richtig eingestellt. Immerhin: Öl- oder Gasheizkessel werden heute durch öl- oder gasbasierte Brennwerttechnik ausgetauscht. Diese ist energieeffizienter als die alten Niedertemperaturkessel. Der BDH spricht von möglichen Einsparungen von 30 Prozent der Energiekosten. „Aber man verzichtet auf alle anderen Möglichkeiten“, sagt Ebisch. Solarthermie lasse sich zwar bei praktisch allen Heiztechnologien noch nachrüsten, erklärt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer vom Bundesverband Solarwirtschaft. „Effizienter und preiswerter ist es jedoch, im Falle einer Heizungsmodernisierung gleich auf ein Kombisystem zu setzen, da das Gesamtsystem dann gleich optimal aufeinander angepasst werden kann.“Nicht jeder kann und will sich den frühzeitigen Austausch seiner Heizung leisten. Und doch bieten sich drei Schritte an: Ebisch empfiehlt, sich mit dem Szenario „Was wäre wenn“auseinanderzusetzen. „Besitzer von Heizungen, die über 15 Jahre alt sind, sollten sich Gedanken machen, was sie künftig haben wollen und sich darüber informieren.“ Auch Marcus Weber von co2online betont: „Wenn ich eine 25 Jahre alte Heizung habe und diese geht kaputt, sollte ich die Schublade aufziehen und einen Plan herausholen können.“Das muss kein ausgereifter Schlachtplan sein, der sich auf die Schnelle umsetzen lässt. Aber man sollte sich mindestens informiert haben, was möglich ist, und entschieden haben, was man künftig möchte. Der zweite Schritt: „Viele Hausbesitzer haben kein Gespür dafür, wie es um den energetischen Zustand ihrer Heizung bestellt ist“, sagt BDH-Sprecher Frederic Leers. Daher raten alle Experten übereinstimmend den Hausbesitzern, ihren Heizungsbauer oder den Schornsteinfeger beim nächsten Routinetermin um eine Einschätzung zum Gesamtzustand und zum energetischen Zustand der Heizung zu bitten. Schritt drei: Beim Thema Förderung ist Wissen und etwas Planung ein Vorteil. Denn der Austausch von Komponenten und das Aufrüsten und Modernisieren der Heizungen lässt sich mit staatlichen Fördergeldern und zinsgünstigen Krediten kofinanzieren. Aber bei vielen Angeboten müssen Hausbesitzer vor Beginn der Arbeiten einen Antrag stellen sowie bestimmte Standards erfüllen. dpa/tmn