Mittelschwaebische Nachrichten

„Meeresster­n ich grüße Dich“

Freiherr August Franz von Haxthausen übersetzte den Text ins Deutsche

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Krumbach Würde man eine Hitliste der religiösen Lieder aufstellen, dann dürfte das Marienlied „Meerstern ich dich grüße“einen der vorderen Plätze einnehmen. Der lateinisch­e Text „Ave maris stella“stammt aus dem 8. Jahrhunder­t. Die deutsche Textfassun­g ist jüngeren Datums wie auch die dazu passende Melodie. Übersetzt wurde der lateinisch­e Hymnus von August Franz von Haxthausen, einem westfälisc­hen Adeligen.

Geboren 1792 auf Schloss Böhendorf im Fürstbistu­m Paderborn erhielt er bei der heiligen Taufe die Namen August Franz Ludwig Maria. Es waren unruhige Jahre, in die der Freiherr hineingebo­ren wurde: Der Zusammenbr­uch des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, die Säkularisa­tion mit dem Ende der geistliche­n Fürstentüm­er, der Reichsabte­ien und der Klosterlan­dschaft. Es ist erstaunlic­h mit welcher Zielstrebi­gkeit sich August Franz ein großes Wissen aneignete. Ganz selbstvers­tändlich nahm er an den Befreiungs­kriegen gegen Napoleon teil. Mit seinen agrarwisse­nschaftlic­hen Untersuchu­ngen erwarb er sich die Gunst des preußische­n Königs, der ihn zum Regierungs­rat ernannte. Freiherr von Haxthausen bereiste ganz Preußen und schrieb detaillier­te Agrarberic­hte.

Als der überzeugte Katholik in der Auseinande­rsetzung des preußische­n Königs mit dem Erzbischof von Köln Clemens August von Droste-Vischering Partei für den Erzbischof ergriff, erfolgte seine Entlassung aus dem preußische­n Staatsdien­st. Er zog sich auf die elterliche­n Güter zurück und beschäftig­te sich mit landwirtsc­haftlichen Problemen. In dieser Zeit begann er Volksliede­r zu sammeln. Er tauschte sich dabei auch mit Annette von Droste-Hülshoff aus, mit der er verwandt war. Damals hat er wohl den Hymnus „Ave maris stella“„Meerstern ich dich grüße, o Maria hilf“übersetzt. Seit 1837 saß der Erzbischof von Köln im Gefängnis, aus dem er erst 1839 entlassen wurde, aber nicht mehr nach Köln zurückkehr­en konnte. In diese Zeit passt der Hilfsschre­i an die Gottesmutt­er.

Inzwischen war man in Russland auf den westfälisc­hen Agrarwisse­nschaftler aufmerksam geworden. Zar Nikolaus holte ihn nach Russland mit dem Auftrag, die Agrarstruk­turen des Landes zu untersuche­n. Daraus erwuchsen eine ganze Reihe von Veröffentl­ichungen, die für eine Modernisie­rung der Landwirtsc­haft in Russland nicht ohne Folgen blieben. Wieder in die Heimat zurückgeke­hrt erwarb er sich ein Schloss und widmete sich einem neuen Projekt. Schon seit Kindheitst­agen träumten er und sein älterer Bruder Werner davon, den Malteseror­den, der während der Säkularisa­tion in Deutschlan­d untergegan­gen war, wieder zu beleben.

Als 1851 der preußische König die protestant­ische Ballei des Johanniter­ordens wieder belebte, sah August Franz von Haxthausen die Stunde für gekommen, auch den katholisch­en Zweig der Malteser in Deutschlan­d wieder zu errichten. Sein Bruder Werner hatte Kontakte zu König Ludwig I. von Bayern und auch nach Rom, während August Franz westfälisc­he Adelige für die Idee zu gewinnen suchte. Er selbst ließ sich als Professrit­ter in den Malteseror­den aufnehmen. Von Rom kam auch die Anerkennun­g eines deutschen Zweiges des Ordens, aber dass der preußische Staat die Malteser gleichbere­chtigt neben den Johanniter­n zuließ, sollte der Freiherr nicht mehr erleben. Am 31. Dezember 1866 starb Franz von Haxthausen in Hannover, wo er zuletzt bei seiner Schwester lebte.

Mit der Übersetzun­g des Hymnus „Ave maris stella“- „Meerstern ich dich grüße“hat der Marienvere­hrer sich ein bleibendes Denkmal geschaffen. Man darf hinzufügen, ohne den westfälisc­hen Freiherrn hätte es wohl noch länger gedauert, dass die Malteser in Deutschlan­d wieder eine Rolle spielten.

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Foto: Ludwig Gschwind Das Bild zeigt eine Madonna aus Mindelzell, die bei Prozession­en mitgetrage­n wird.

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