Mittelschwaebische Nachrichten
Zwei Männer, ein Traumberuf
Helmut Baumhauer war 33 Jahre lang für die Forstbetriebe Weißenhorn im Dienst. Seinem Nachfolger kann er einige Tipps geben – besonders eines liegt ihm am Herzen
Weißenhorn In die Verantwortung von Helmut Baumhauer fällt ein Waldgebiet in der unvollstellbaren Größe von 15000 Hektar. 33 Jahre waren die Forstbetriebe Weißenhorn, die vom Landkreis Heidenheim im Norden bis Altenstadt im Süden reichen, das Revier des 65-jährigen Forstoberrats. Ende Oktober geht er in Pension und blickt dann auf mehr als drei bewegte Jahrzehnte zurück.
Die Fichte, die er scherzhaft als „Brotbaum“bezeichnet, habe damals das Bild in den Wäldern unserer Region bestimmt, wie er sagt. Der Spaziergänger sieht heute etwa zur Hälfte Laubbäume, wenn er durch den Wald läuft. Der Klimawandel mit Stürmen wie „Wiebke“und „Lothar“oder extrem trockenen Sommern haben dafür gesorgt, dass man sich von Monokulturen der Fichten verabschiedet hat. Baumhauer und seine Mitarbeiter setzten in den vergangenen Jahren stattdessen immer mehr auch auf Birken, Buchen oder Eichen: Als „Naturschutz durch ökologische Vielfalt“, bezeichnet der Förster das Konzept.
Nachhaltige Wirtschaft soll den Baumbestand auch in den kommenden Jahrzehnten für unvorhersehbare Entwicklungen standhaft machen. Schließlich könne keiner vorhersehen, wie sich die Zukunft im sensiblen Ökosystem Wald entwickelt, erklärt Baumhauer. Vielfalt und Profit stehen dabei für den Förster nicht im Widerspruch: „Wir können nur etwas für die Natur tun, wenn wir rentabel arbeiten.“Das befremde viele Menschen, wenn sie mit einem falschen Verständnis und nostalgischer Verklärung durch den Wald gehen. „Auch hier ist die Zeit nicht stehen geblieben und auch wir setzen moderne Maschinen statt Pferdefuhrwerke ein“, sagt er. Dass man die Bewirtschaftung des Waldes einstellt, könne dagegen keine Lösung sein. Viel- mehr sei die Ernte und Verarbeitung des Holzes ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz, weil damit das Kohlenstoffdioxid gebunden bleibe.
Traurige Momente kennt der Förster in seinem Rückblick natürlich auch. Etwa als im Sommer 1992 ein Gewittersturm mit fast 180 Stundenkilometern über den Roggenburger Wald hinwegfegte. Drei Millionen Buchen und Eichen mussten damals neu gepflanzt werden – was durch einen Starkregen im Jahr darauf zu scheitern drohte. „Die Erde war zu feucht“, erinnert sich Baumhauer. Abhilfe sollten Birkensamen bringen, die das Nass beim Keimen aus dem Boden ziehen. Der Arbeitsaufwand war für Baumhauer und seine Mitarbeiter jedoch kaum zu bewältigen. Bis schließlich nach einem Aufruf in der mehr als 600 freiwillige Helfer in den Wald kamen und die Samen ausbrachten. Diese Hilfsbereitschaft zu erleben, sei ein einschneidendes Erlebnis gewesen.
Nach 33 Jahren zieht der Förster eine persönliche Bilanz, die wohl nicht besser ausfallen könnte: „Ich habe den schönsten und vielseitigsten Beruf ausgeübt, den man sich vorstellen kann“, sagt er und dabei wird der sonst so wortreiche Förster nachdenklich. Schließlich seien Bäume für ihn Lebewesen, die im Alter an Persönlichkeit zunehmen, wie er sagt: „Wer sich bewusst macht, was in einem Zeitraum einer 250 Jahre alten Eiche alles passiert ist, gelangt zu einer tiefen Demut vor der Natur.“
Ab dem 1. November wird Christoph Kohler das Amt übernehmen: „Die Fußstapfen meines Vorgängers sind groß“, sagt der 34-jährige Förster, der derzeit noch bei der Forstwirtschaft in Schliersee arbeitet. Dort beschäftigt er sich mit der Schutzwallsanierung von steilen Hängen, um Straßen und Häuser vor Lawinen zu schützen.
Von seinem Vorgänger bekommt er aber schon einen Tipp, der diesem am Herzen liegt: „Mindestens an einem Tag in der Woche den Schreibtisch verlassen, um draußen im Wald als Ansprechpartner für die Leute da zu sein.“
Stürme haben den Forst verändert