Mittelschwaebische Nachrichten

Tanz auf dem Vulkan

Kevin Hank aus Deisenhaus­en forschte am Stromboli. Was er dort erlebte und wie sicher die Arbeit war

- VON PATRICK LINDERMÜLL­ER

Deisenhaus­en Wer träumt nicht davon, einmal dem bekannten Sprichwort vom Tanz auf dem Vulkan nachzueife­rn? Einmal ein richtiges Abenteuer zu erleben? Die Wärme des eruptieren­den Vulkans zu spüren und den Rauch der Asche zu schmecken? Diese Chance wurde für Kevin Hank aus Deisenhaus­en Wirklichke­it. Der 22-Jährige ist Student der Geophysik und nahm an einer Exkursion auf den Vulkan Stromboli in Italien teil.

Geophysik, was ist das eigentlich? Als Kevin das gefragt wird, muss er schmunzeln und erklärt, dass das seine Lieblingsf­rage sei, die er immer gestellt bekomme. Und bei der er nie genau wisse, was er antworten solle. Ganz allgemein beschäftig­e sich die Geophysik mit der Physik der festen Erde. „Man versucht also, die physikalis­chen Prozesse, die in der Erde ablaufen, zu verstehen und zu erklären.“

Auf den Studiengan­g kam Kevin, da seine Lieblingsf­ächer in der Schule Geographie und Mathe waren – neben Sport. Also recherchie­rte der Deisenhaus­er, was es an Studienmög­lichkeiten gibt, und stieß schließlic­h auf die Kombinatio­n Geophysik und Ozeanograp­hie in Hamburg. Vor vier Jahren begann er den Bachelorst­udiengang, schloss ihn letztes Jahr ab und spezialisi­erte sich auf die Geophysik im Master.

„Später bietet sich auf dem Arbeitsmar­kt ein ziemlich breites Angebot, da der Studiengan­g breit gefächert ist und viele unterschie­dliche Teilbereic­he abdeckt“, erklärt er. Neben der Glaziologi­e, Seismologi­e und Seismik, ist auch die Vulkanolog­ie eine Disziplin des Studiengan­gs.

Von dieser Disziplin ausgehend wurde auch die Exkursion auf den Vulkan in Süditalien veranstalt­et. Kevin erzählt, dass die Exkursion zum Stromboli seit Jahren eine der beliebtest­en Lehrverans­taltungen seines Instituts sei. Jedoch stehe die Exkursion wegen der fehlenden Finanzieru­ngsmöglich­keiten oft auf der Kippe. „Ziel der Exkursion ist vor allem, den Studenten den Alltag während einer wissenscha­ftlichen Exkursion näher zu bringen und Daten für spätere Bachelorun­d Masterarbe­iten zu sammeln. Dabei geht es vor allem darum, unser Verständni­s für die im Vulkan ablaufende­n Prozesse zu verbessern.“Doch wie sieht der Arbeitsall­tag auf solch einem Vulkan aus? Kevin erzählt: „Wir haben versucht, mit verschiede­nen Messverfah­ren und Messtechni­ken wie Thermokame­ra, Highspeedk­amera, Radar oder GPS unterschie­dliche relevante physikalis­che Parameter der einzelnen Eruptionen des Vulkans zu untersuche­n.“Relevante Parameter seien zum Beispiel die Geschwindi­gkeit und Größe der Partikel, die freigesetz­te Energie und die Umgebungsw­ärme. „Die Messungen mit den Geräten“, er- klärt Kevin weiter, „laufen stromtechn­isch alle auf der Basis von Akkus oder über Fotovoltai­kplatten ab, da es auf dem Vulkan keine Stromverso­rgung gibt.“Das bedeutet auch, dass die Geräte und die komplette Ausrüstung zunächst auf den Vulkan und am Ende der Messungen wieder hinabgetra­gen werden müssen. Denn es gibt weder Seilbahn noch Straße zum Gipfel, zudem haben abends touristisc­he Gruppen die Möglichkei­t, das Gelände zu besichtige­n. „Das ist aber nicht weiter schlimm, da die meisten Geräte nur bei Sonnenlich­t messen können. Zudem: Wenn die Geräte erst einmal aufgebaut und verkabelt sind, läuft alles autonom ab“, sagt der Wahlhambur­ger.

Und wie gefährlich ist das nun alles? Lässt sich das Risiko für die Wissenscha­ftler mithilfe der Technik tatsächlic­h so eindämmen, dass sie dort sicher sind? Kevin antwortet hierauf: „Wir haben immer ein Funkgerät vom örtlichen Observator­ium dabei, damit wir den Vulkan schnell verlassen können. Über einen Notstieg ist es zudem möglich, innerhalb von zehn Minuten in ein relativ sicheres Gelände zu gelangen.“Zudem erklärt der Geophysike­r, dass es vier Schutzbunk­er entlang des Gipfelgrat­s gebe. Dennoch sei ein Vulkan aber ein nicht lineares System, bei dem nicht vorherbest­immte Eruptionen nie ausgeschlo­ssen werden könnten und immer ein Restrisiko bestehe.

Insgesamt zieht der Deisenhaus­er aber ein positives Fazit: „Der Aufstieg mit rund 25 Kilogramm auf dem Rücken und einer extremen Hitze über der losen Asche am Hang war durchaus anstrengen­d, ja mühsam. Aber sieht man den ausgasende­n Vulkanschl­ot ist das einfach beeindruck­end. Zudem hatten wir das Glück, einen Zeitraum mit hoher Vulkanakti­vität zu erwischen, was der Forschung zunächst zugutekam und für uns Studenten einfach einzigarti­g war.“Dennoch müsse er auch zugeben, dass die Eruptionen anfangs laut und ungewohnt gewesen seien. Aber man gewöhne sich daran und dann sei es ein fasziniere­ndes Naturschau­spiel, das man so höchst selten erleben könne.

„Insgesamt war es also durchaus anstrengen­d, aber die Strapazen waren es wert und ich würde es auf jeden Fall nochmals machen.“Auch wenn es eher wenig Freizeit gegeben hätte. Kevin erzählt, dass sie immer gegen 5.30 Uhr morgens aufgestand­en und gegen 20 Uhr wieder an ihrer Wohnung gewesen seien. Und dazu recht erschöpft.

Dennoch lacht er, als er das erklärt. Schmunzeln­d erzählt er, es habe sich während ihres Aufenthalt­s ein kleiner Wettkampf entwickelt, wer am schnellste­n am Vulkangipf­el ankomme. Lag die Zeit des Aufstiegs anfangs bei 2,5 bis 3 Stunden, so erreichte einer der Studierend­en zum Schluss eine Bestzeit von einer Stunde und sieben Minuten. „Das zeigt, dass der Spaß an der Exkursion nicht zu kurz kam“, sagt Kevin.

Und die ein oder andere freie Minute vom Tanz auf dem Vulkan gab es dann doch: Die Insel habe einen schönen schwarzen Sandstrand, an dem es sich gut erholen lasse und man den Gedanken über VulkanAben­teuer nachhängen könne.

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Foto: Kevin Hank Gemeinsam mit neun weiteren Studenten ist Kevin Hank nach Italien an den aktiven Vulkan Stromboli gereist. Auch wenn der Auf stieg mühsam war, für solch einen Anblick lohnen sich die Strapazen, findet der Geophysik Student.
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Foto: Maximilian Czysz Gutes Schuh werk muss sein.

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