Mittelschwaebische Nachrichten
Tanz auf dem Vulkan
Kevin Hank aus Deisenhausen forschte am Stromboli. Was er dort erlebte und wie sicher die Arbeit war
Deisenhausen Wer träumt nicht davon, einmal dem bekannten Sprichwort vom Tanz auf dem Vulkan nachzueifern? Einmal ein richtiges Abenteuer zu erleben? Die Wärme des eruptierenden Vulkans zu spüren und den Rauch der Asche zu schmecken? Diese Chance wurde für Kevin Hank aus Deisenhausen Wirklichkeit. Der 22-Jährige ist Student der Geophysik und nahm an einer Exkursion auf den Vulkan Stromboli in Italien teil.
Geophysik, was ist das eigentlich? Als Kevin das gefragt wird, muss er schmunzeln und erklärt, dass das seine Lieblingsfrage sei, die er immer gestellt bekomme. Und bei der er nie genau wisse, was er antworten solle. Ganz allgemein beschäftige sich die Geophysik mit der Physik der festen Erde. „Man versucht also, die physikalischen Prozesse, die in der Erde ablaufen, zu verstehen und zu erklären.“
Auf den Studiengang kam Kevin, da seine Lieblingsfächer in der Schule Geographie und Mathe waren – neben Sport. Also recherchierte der Deisenhauser, was es an Studienmöglichkeiten gibt, und stieß schließlich auf die Kombination Geophysik und Ozeanographie in Hamburg. Vor vier Jahren begann er den Bachelorstudiengang, schloss ihn letztes Jahr ab und spezialisierte sich auf die Geophysik im Master.
„Später bietet sich auf dem Arbeitsmarkt ein ziemlich breites Angebot, da der Studiengang breit gefächert ist und viele unterschiedliche Teilbereiche abdeckt“, erklärt er. Neben der Glaziologie, Seismologie und Seismik, ist auch die Vulkanologie eine Disziplin des Studiengangs.
Von dieser Disziplin ausgehend wurde auch die Exkursion auf den Vulkan in Süditalien veranstaltet. Kevin erzählt, dass die Exkursion zum Stromboli seit Jahren eine der beliebtesten Lehrveranstaltungen seines Instituts sei. Jedoch stehe die Exkursion wegen der fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten oft auf der Kippe. „Ziel der Exkursion ist vor allem, den Studenten den Alltag während einer wissenschaftlichen Exkursion näher zu bringen und Daten für spätere Bachelorund Masterarbeiten zu sammeln. Dabei geht es vor allem darum, unser Verständnis für die im Vulkan ablaufenden Prozesse zu verbessern.“Doch wie sieht der Arbeitsalltag auf solch einem Vulkan aus? Kevin erzählt: „Wir haben versucht, mit verschiedenen Messverfahren und Messtechniken wie Thermokamera, Highspeedkamera, Radar oder GPS unterschiedliche relevante physikalische Parameter der einzelnen Eruptionen des Vulkans zu untersuchen.“Relevante Parameter seien zum Beispiel die Geschwindigkeit und Größe der Partikel, die freigesetzte Energie und die Umgebungswärme. „Die Messungen mit den Geräten“, er- klärt Kevin weiter, „laufen stromtechnisch alle auf der Basis von Akkus oder über Fotovoltaikplatten ab, da es auf dem Vulkan keine Stromversorgung gibt.“Das bedeutet auch, dass die Geräte und die komplette Ausrüstung zunächst auf den Vulkan und am Ende der Messungen wieder hinabgetragen werden müssen. Denn es gibt weder Seilbahn noch Straße zum Gipfel, zudem haben abends touristische Gruppen die Möglichkeit, das Gelände zu besichtigen. „Das ist aber nicht weiter schlimm, da die meisten Geräte nur bei Sonnenlicht messen können. Zudem: Wenn die Geräte erst einmal aufgebaut und verkabelt sind, läuft alles autonom ab“, sagt der Wahlhamburger.
Und wie gefährlich ist das nun alles? Lässt sich das Risiko für die Wissenschaftler mithilfe der Technik tatsächlich so eindämmen, dass sie dort sicher sind? Kevin antwortet hierauf: „Wir haben immer ein Funkgerät vom örtlichen Observatorium dabei, damit wir den Vulkan schnell verlassen können. Über einen Notstieg ist es zudem möglich, innerhalb von zehn Minuten in ein relativ sicheres Gelände zu gelangen.“Zudem erklärt der Geophysiker, dass es vier Schutzbunker entlang des Gipfelgrats gebe. Dennoch sei ein Vulkan aber ein nicht lineares System, bei dem nicht vorherbestimmte Eruptionen nie ausgeschlossen werden könnten und immer ein Restrisiko bestehe.
Insgesamt zieht der Deisenhauser aber ein positives Fazit: „Der Aufstieg mit rund 25 Kilogramm auf dem Rücken und einer extremen Hitze über der losen Asche am Hang war durchaus anstrengend, ja mühsam. Aber sieht man den ausgasenden Vulkanschlot ist das einfach beeindruckend. Zudem hatten wir das Glück, einen Zeitraum mit hoher Vulkanaktivität zu erwischen, was der Forschung zunächst zugutekam und für uns Studenten einfach einzigartig war.“Dennoch müsse er auch zugeben, dass die Eruptionen anfangs laut und ungewohnt gewesen seien. Aber man gewöhne sich daran und dann sei es ein faszinierendes Naturschauspiel, das man so höchst selten erleben könne.
„Insgesamt war es also durchaus anstrengend, aber die Strapazen waren es wert und ich würde es auf jeden Fall nochmals machen.“Auch wenn es eher wenig Freizeit gegeben hätte. Kevin erzählt, dass sie immer gegen 5.30 Uhr morgens aufgestanden und gegen 20 Uhr wieder an ihrer Wohnung gewesen seien. Und dazu recht erschöpft.
Dennoch lacht er, als er das erklärt. Schmunzelnd erzählt er, es habe sich während ihres Aufenthalts ein kleiner Wettkampf entwickelt, wer am schnellsten am Vulkangipfel ankomme. Lag die Zeit des Aufstiegs anfangs bei 2,5 bis 3 Stunden, so erreichte einer der Studierenden zum Schluss eine Bestzeit von einer Stunde und sieben Minuten. „Das zeigt, dass der Spaß an der Exkursion nicht zu kurz kam“, sagt Kevin.
Und die ein oder andere freie Minute vom Tanz auf dem Vulkan gab es dann doch: Die Insel habe einen schönen schwarzen Sandstrand, an dem es sich gut erholen lasse und man den Gedanken über VulkanAbenteuer nachhängen könne.