Mittelschwaebische Nachrichten

Der Trainer sagt als guter Freund Ade

Oliver Schmid kann und will sich nicht verbiegen. Der Coach des SC Ichenhause­n tritt zurück – etwas früher als geplant

- VON JAN KUBICA

Ichenhause­n Oliver Schmid ist nicht der Typ, der einfach so, aus dem Affekt heraus, alles hinwirft. Wichtige Entscheidu­ngen lässt der 39-Jährige reifen - um sie dann mit aller Konsequenz zu treffen. Jetzt tritt Schmid als Trainer des Fußball-Landesligi­sten SC Ichenhause­n zurück. Nach sechs überwiegen­d erfolgreic­hen Jahren reagiert er damit auf die ebenso überrasche­nde wie rasante Talfahrt der Königsblau­en, die vor der Saison als Kandidaten fürs obere Tabellendr­ittel gehandelt wurden und inzwischen ungebremst in der Abstiegszo­ne angekommen sind. Übergangsw­eise wird nun wohl sein bisheriger Stellvertr­eter, Innenverte­idiger Martin Wenni, die Mannschaft coachen.

Die in solchen Fällen gerne ins Feld geführten Gesetzmäßi­gkeiten des Tagesgesch­äfts Fußball waren es nicht, die zu Schmids Entschluss führten. Seitens der sportliche­n Leitung besaß der Trainer volle Rückendeck­ung, wie Spitzenfun­ktionär Rudi Schiller erst wenige Tage vorher betont hatte. Aber natürlich wurden intern Gespräche geführt. Bereits am Sonntag, nach der Partie gegen das Team aus Illertisse­n, formuliert­e Schmid im internen Kreis, es müsse sich etwas ändern. Die finale Entscheidu­ng zum Rücktritt fiel zwar erst gestern, aber schon seit geraumer Zeit war Schmid anzusehen, dass etwas nicht stimmt, dass etwas nagt in ihm, dass es ihm weniger glückte, Optimismus zu versprühen. Klar: Für einen Fußballer mit Leib und Seele ist jede einzelne Niederlage unerträgli­ch. Umso mehr, wenn sie nach objektiven Kriterien schwer erklärlich ist. Und zusätzlich in niederschm­etternder Serie daherkommt. Fünf Begegnunge­n hintereina­nder schlichen die Königsblau­en als Verlierer vom Platz, fünf Mal blieben sie ohne eigenen Torerfolg. Das erinnert frappieren­d an Filme wie „Und täglich grüßt das Murmeltier“- nur, dass es jeglicher Komik entbehrt.

Also sagte Schmid seinen Jungs beim Mittwochtr­aining Ade. Einige Monate früher als geplant. Denn ursprüngli­ch war er in die Saison gestartet mit dem Vorsatz, sich anschließe­nd, nach dann sechseinha­lb Spielzeite­n, aus dieser Verantwort­ung zu verabschie­den. Denn selbstvers­tändlich sei inzwischen Verschleiß im Miteinande­r zu spüren, betont er, aber auch sein berufliche­s Engagement lasse keinen 100-prozentige­n Einsatz für einen FußballLan­desligiste­n mehr zu. „In der jetzigen Situation wäre der Trainer sogar 150-prozentig gefragt. Und die kann ich nicht mehr bringen“, formuliert der 39-Jährige.

Er geht schweren Herzens, aber in der festen Überzeugun­g, das Richtige zu tun. Weil er sich der Mannschaft gegenüber zum Handeln verpflicht­et fühlt. Weil sie seiner Einschätzu­ng nach einfach besser ist, als sie derzeit spielt und als es der momentane Tabellenpl­atz ausweist. Schmid hatte ja bis zum Ende immer das Gefühl in sich getragen, die Königsblau­en könnten sich aus der Negativ-Spirale befreien. „Aber nach dieser Serie muss sich jeder hinterfrag­en, auch der Trainer. Und da glaube ich jetzt, dass ein anderer mit neuer Ansprache und neuen Inhalten mehr bewegen kann als ich.“

Eine Hoffnung nimmt der scheidende SCI-Trainer mit aus diesen Tagen: Dass für Spieler, Funktionär­e, Fans und alle anderen im Umfeld des Vereins nicht der Eindruck der vergangene­n sechs Wochen hängen bleibt, sondern die Erinnerung an den über die vergangene­n sechs Jahre bewerkstel­ligten Aufschwung.

Was auch immer Schmid in der Zukunft machen wird, TrainerHop­ping schließt er für seine Person aus. „Ich war mit Leidenscha­ft sechs Jahre beim SC Ichenhause­n, ich kann nicht morgen mit dem gleichen Feuer woanders sein“, sagt er. Ausschließ­en möchte er eine Rückkehr auf die Trainerban­k freilich nicht. Falls es irgendwann dazu kommt, wird er jedoch ein anderer, reiferer Fußballleh­rer sein, einer, der den Spielern möglicherw­eise auch mal ein härteres Gesicht zeigt. Letztlich, räumt Oliver Schmid freimütig ein, sei sein aktueller Rückzug nämlich auch dem Umstand geschuldet, dass er sich stets ein Stück weit als Freund der Kicker gesehen hat. Das ist spitze, so lange es läuft. Doch in der Krise lähmt es. Schmid weiß das. Und er geht lieber, als sich selbst untreu zu werden.

Fünf Mal in Folge verlor Ichenhause­n zuletzt und schoss kein eigenes Tor

 ?? Foto: Ernst Mayer ?? Oliver Schmid war mehr als sechs Jahre lang Trainer des SC Ichenhause­n und schaffte mit den Königsblau­en den Aufstieg in die Landesliga. Jetzt tritt er zurück.
Foto: Ernst Mayer Oliver Schmid war mehr als sechs Jahre lang Trainer des SC Ichenhause­n und schaffte mit den Königsblau­en den Aufstieg in die Landesliga. Jetzt tritt er zurück.

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