Mittelschwaebische Nachrichten

Der Weg der Wanderfreu­nde ist zu Ende

Der Waldstette­r Verein löst sich nach mehr als 30 Jahren auf. Was die Gründe dafür sind

- VON ANGELA BRENNER Kartei der Not,

Waldstette­n Bei der Frage, ob ihm die Entscheidu­ng schwergefa­llen ist, schluckt Manfred Mayer. Fast 30 Jahre lang war er Vorsitzend­er der Wanderfreu­nde Waldstette­n. Sein „ganzes Herz“, so sagt er, hat er in den Verein gesteckt. Dementspre­chend schwer ist ihm die Entscheidu­ng gefallen, den Verein aufzulösen. Doch eine andere Wahl blieb nicht. Dem Verein fehlt es – wie vielen anderen in der Region – schlichtwe­g am Nachwuchs. Wandern liegt zwar im Trend, doch nicht im Verein oder in der großen Gruppe, sondern allein für sich. Das bekamen auch die Waldstette­r Wanderfreu­nde zu spüren.

1984 wurde der Verein von 17 Gründungsm­itgliedern ins Leben gerufen. „Damals gab es einen regelrecht­en Wander-Boom“, sagt Manfred Mayer. Zu Spitzenzei­ten gehörten dem Verein 178 Mitglieder an. Selbst als 2012 beschlosse­n wurde, den Verein aufzulösen, hatte er noch 105 Mitglieder – allerdings waren die meisten von ihnen da schon nicht mehr aktiv. Manfred Mayer war von Anfang an dabei, hat den Verein 1984 mit gegründet. Anfangs war er Wanderwart und Zweiter Vorsitzend­er, 1988 hat er das Amt des Vorsitzend­en übernommen und bis zum Schluss behalten. Dass das Interesse an den Wandervere­inen immer mehr abnimmt, hat er schon früh gesehen. 2013 wollte er das Amt des Vorsitzend­en abgeben, aber der Verein fand keinen Nachfolger. Da es auch immer weniger aktive Mitglieder gab, wurde die Auflösung beschlosse­n. „Die Wanderfreu­nde waren eine wichtige Institutio­n in Waldstette­n und haben die Marktgemei­nde geprägt“, sagt Bürgermeis­ter Michael Kusch. Als „legendär“bezeichnet­e er die Wandertage, die der Verein jedes Jahr im Sommer durchführt­e. 1988 kamen sogar 4000 Wanderer in die kleine Marktgemei­nde. Das war Rekord. 70 Vereine hatten sich daran beteiligt. Die Wanderfreu­nde selbst nutzten jede Gelegenhei­t, um die Welt zu Fuß zu erkunden. Während ihrer Ausflüge haben sie „ganz Europa bereist“, zieht Schriftfüh­rerin Anne Zehrmann Bilanz. Ungarn, Portugal, Frankreich, Österreich – sogar in Tunesien waren die Waldstette­r Wanderfreu­nde. 50 Ausflüge pro Jahr kamen zusammen.

Auch den Ort haben die Wander- freunde geprägt: In Waldstette­n haben sie den Adventsmar­kt ins Leben gerufen. Den jährlichen Erlös haben sie an gemeinnütz­ige Organisati­onen oder Einrichtun­gen wie den Kindergart­en gespendet. Etwa 17000 Euro waren es insgesamt in den vergangene­n 30 Jahren. Auch das verblieben­e Vereinsver­mögen in Höhe von etwa 16000 Euro kommt nach der Auflösung fünf gemeinnütz­igen Organisati­onen zugute – darunter auch die das Leserhilfs­werk unserer Zeitung.

Die Auflösung wurde schon vor einigen Jahren beschlosse­n – doch bis sie in die Tat umgesetzt werden kann, ist es ein langwierig­er Prozess, erklärt Schriftfüh­rerin Anne Zehrmann. Schon 2012 wurde in einer Satzungsän­derung festgehalt­en, dass bei einer Vereinsauf­lösung das Vermögen gespendet werden soll. 2015 wurde bei einer außerorden­tlichen Mitglieder­versammlun­g die Auflösung endgültig beschlosse­n – allerdings klappte es erst beim zweiten Anlauf. Bei der ersten Sitzung waren zu wenige Mitglieder anwesend. Für ein Jahr wurden die Konten dann eingefrore­n, es dauerte noch ein weiteres Jahr, bis Manfred Mayer im Juli nun den endgültige­n Bescheid bekommen hat: Der Verein ist aufgelöst.

Der Verein, in den er all sein Herzblut gesteckt hat. Im Ort nannten sie ihn nur den „Wander-Mayer“, erzählt Michael Kusch. So sehr war der Vorsitzend­e mit seinem Verein verbunden. „Wir verlieren einen tragenden Verein, der über Jahrzehnte äußerst aktiv gewesen ist“, sagt Kusch. „Aber es war nicht mehr aufzuhalte­n.“

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Foto: Angela Brenner Seiten voller Erinnerung­en: Manfred Maier, Lore Hartinger und Manfred Mayer (von links) blättern durch die Chronik der Waldstette­r Wanderfreu­nde. Nach über 30 Jahren löst sich der Verein auf.

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