Mittelschwaebische Nachrichten
Sie will zeigen, wie man sich durchs Leben boxt
Susanne Hofstetter aus Waltenberg möchte mit Boxkursen Menschen in Krisensituationen helfen. In Augsburg funktioniert das Konzept schon. Die 28-Jährige selbst ist das beste Beispiel dafür
Waltenberg Wenn jemand weiß, wie hart es ist, sich ins Leben zurückzukämpfen, dann ist es Susanne Hofstetter. Die 28-Jährige aus Waltenberg hat eine schier unglaubliche Geschichte hinter sich. Sie war ein aufstrebendes Boxtalent, als sie sich bei einem Badeunfall Hals- und Brustwirbel brach. Die Ärzte prophezeiten ihr, dass sie nie wieder in den Ring steigen würde. Doch Hofstetter belehrte sie eines Besseren. Sie boxte sich zurück und krönte ihren Kampf im vergangenen Jahr mit dem Weltmeistertitel.
Von den Erfahrungen, die sie in dieser schweren Zeit gemacht hat, will sie jetzt anderen etwas geben. Gemeinsam mit der Augsburger Box-Weltmeisterin Tina Schüßler engagiert sie sich für Menschen in Not und versucht, ihnen in Boxkursen neuen Mut zu geben. „Das Leben ist wie ein Boxkampf. Ich will den Leuten zeigen, dass man auch noch gewinnen kann, wenn man schon am Boden liegt.“Konkret veranstalten die beiden Weltmeisterinnen aktuell Boxtrainings im Ellinor-Holland-Haus für Menschen in Krisensituationen in Augsburg sowie am Kinderschmerzzentrum der Kinderklinik Augsburg. „Es geht da weniger um das Sportliche, es gibt kein schlecht oder gut. Sie sollen lernen, mit Ängsten und Aggression umzugehen. Sie sollen Selbstbewusstsein entwickeln“, erklärt Hofstetter. Wofür Therapeuten mitunter Wochen brauchen, könnten manchmal schon ein paar Schläge in einen Boxsack bewirken.
Wie Hofstetter hat sich auch die Augsburgerin Tina Schüßler nach langer Krankheit zurückgekämpft. Sie erlitt durch einen angeborenen Herzfehler einen Schlaganfall und war zeitweise gelähmt. „Sie hat mich zum Boxsport geholt, wir haben uns immer gegenseitig motiviert. Als sie mit ihrer Idee für die Kurse zu mir kam, wusste ich sofort, dass ich das machen möchte.“Seit Juli veranstalten die zwei Frauen die Kurse in Augsburg. Sie werden gut angenommen.
Susanne Hofstetter würde gerne auch in ihrer Heimat etwas Ähnliches anbieten. Schließlich arbeitet sie als Kinderkrankenschwester am Krumbacher Klinikum und hat ihren Lebensmittelpunkt nach wie vor im Ebershauser Ortsteil Waltenberg. Bisher hat sich aber noch nichts ergeben. „Ich habe viele Ideen. Aber das Problem sind meist fehlende Räumlichkeiten“, sagt Hofstetter. Dabei wäre der Bedarf sicherlich da. „Ich könnte mir auch vorstellen, ein solches Training mit Krebspatienten zu machen. Sie kämpfen schließlich den härtesten Kampf ihres Lebens. Jeder hat irgendwelche Probleme, gegen die er kämpft. Manche sind größer, manche sind kleiner.“
Geld möchte sie für diese Arbeit nicht. „Wir machen das ehrenamtlich. Mir ist es wichtig, die Leute mit meiner Botschaft zu erreichen.“Spenden oder Sponsoren wären trotzdem willkommen. Die Fahrten nach Augsburg und die benötigte Ausrüstung zahlt Hofstetter derzeit aus eigener Tasche. Zudem kann sie den Kurs mit ihrer Mitstreiterin nur einmal im Monat anbieten. Um mehr zu machen, müsste sie im Beruf kürzertreten. Außerdem hat sie auch abseits des ehrenamtlichen Engagements viel zu tun. Nebenbei bildet sich die studierte Sportwissenschaftlerin zur Osteopathin weiter und macht täglich selbst Sport, auch wenn sie den aktiven Boxsport zwischenzeitlich an den Nagel gehängt hat. Auch Differenzen mit ihrem Augsburger Trainer spielten da eine Rolle. Zudem musste sie sich das Hobby komplett selbst finanzieren. „Im Amateurboxen bekommst du kein Geld. Ich musste auch die Fahrt zur Weltmeisterschaft komplett selbst bezahlen.“Auch deshalb hat Hofstetter die Mission Titelverteidigung bei der diesjährigen Weltmeisterschaft in Griechenland abgeblasen. Die Arbeit mit anderen Menschen gebe ihr mehr, sagt sie. Ein neues sportliches Ziel hat sich die 28-Jährige trotzdem schon gesetzt: Sie würde gerne an einem Triathlon teilnehmen. „Ich bin schon immer gelaufen und fahre auch gerne Rad. Und das mit dem Schwimmen, das muss ich eben trainieren“, sagt sie lachend.
Ihr erklärtes Ziel ist es, die Boxkurse irgendwann großflächig anbieten zu können. Ob das gelingen wird, weiß Susanne Hofstetter nicht. Sie folgt einfach ihrem Motto: „Man lebt nur einmal und muss das Bestmögliche daraus machen.“
O Unterstützung Wer das Projekt von Susanne Hofstetter durch Spenden un terstützen will oder Kontakt zu ihr aufneh men möchte, kann sich unter der Adresse redaktion@mittelschwaebi sche nachrichten.de an die Redakti on wenden.