Mittelschwaebische Nachrichten

Sie will zeigen, wie man sich durchs Leben boxt

Susanne Hofstetter aus Waltenberg möchte mit Boxkursen Menschen in Krisensitu­ationen helfen. In Augsburg funktionie­rt das Konzept schon. Die 28-Jährige selbst ist das beste Beispiel dafür

- VON ALEXANDER SING

Waltenberg Wenn jemand weiß, wie hart es ist, sich ins Leben zurückzukä­mpfen, dann ist es Susanne Hofstetter. Die 28-Jährige aus Waltenberg hat eine schier unglaublic­he Geschichte hinter sich. Sie war ein aufstreben­des Boxtalent, als sie sich bei einem Badeunfall Hals- und Brustwirbe­l brach. Die Ärzte prophezeit­en ihr, dass sie nie wieder in den Ring steigen würde. Doch Hofstetter belehrte sie eines Besseren. Sie boxte sich zurück und krönte ihren Kampf im vergangene­n Jahr mit dem Weltmeiste­rtitel.

Von den Erfahrunge­n, die sie in dieser schweren Zeit gemacht hat, will sie jetzt anderen etwas geben. Gemeinsam mit der Augsburger Box-Weltmeiste­rin Tina Schüßler engagiert sie sich für Menschen in Not und versucht, ihnen in Boxkursen neuen Mut zu geben. „Das Leben ist wie ein Boxkampf. Ich will den Leuten zeigen, dass man auch noch gewinnen kann, wenn man schon am Boden liegt.“Konkret veranstalt­en die beiden Weltmeiste­rinnen aktuell Boxtrainin­gs im Ellinor-Holland-Haus für Menschen in Krisensitu­ationen in Augsburg sowie am Kinderschm­erzzentrum der Kinderklin­ik Augsburg. „Es geht da weniger um das Sportliche, es gibt kein schlecht oder gut. Sie sollen lernen, mit Ängsten und Aggression umzugehen. Sie sollen Selbstbewu­sstsein entwickeln“, erklärt Hofstetter. Wofür Therapeute­n mitunter Wochen brauchen, könnten manchmal schon ein paar Schläge in einen Boxsack bewirken.

Wie Hofstetter hat sich auch die Augsburger­in Tina Schüßler nach langer Krankheit zurückgekä­mpft. Sie erlitt durch einen angeborene­n Herzfehler einen Schlaganfa­ll und war zeitweise gelähmt. „Sie hat mich zum Boxsport geholt, wir haben uns immer gegenseiti­g motiviert. Als sie mit ihrer Idee für die Kurse zu mir kam, wusste ich sofort, dass ich das machen möchte.“Seit Juli veranstalt­en die zwei Frauen die Kurse in Augsburg. Sie werden gut angenommen.

Susanne Hofstetter würde gerne auch in ihrer Heimat etwas Ähnliches anbieten. Schließlic­h arbeitet sie als Kinderkran­kenschwest­er am Krumbacher Klinikum und hat ihren Lebensmitt­elpunkt nach wie vor im Ebershause­r Ortsteil Waltenberg. Bisher hat sich aber noch nichts ergeben. „Ich habe viele Ideen. Aber das Problem sind meist fehlende Räumlichke­iten“, sagt Hofstetter. Dabei wäre der Bedarf sicherlich da. „Ich könnte mir auch vorstellen, ein solches Training mit Krebspatie­nten zu machen. Sie kämpfen schließlic­h den härtesten Kampf ihres Lebens. Jeder hat irgendwelc­he Probleme, gegen die er kämpft. Manche sind größer, manche sind kleiner.“

Geld möchte sie für diese Arbeit nicht. „Wir machen das ehrenamtli­ch. Mir ist es wichtig, die Leute mit meiner Botschaft zu erreichen.“Spenden oder Sponsoren wären trotzdem willkommen. Die Fahrten nach Augsburg und die benötigte Ausrüstung zahlt Hofstetter derzeit aus eigener Tasche. Zudem kann sie den Kurs mit ihrer Mitstreite­rin nur einmal im Monat anbieten. Um mehr zu machen, müsste sie im Beruf kürzertret­en. Außerdem hat sie auch abseits des ehrenamtli­chen Engagement­s viel zu tun. Nebenbei bildet sich die studierte Sportwisse­nschaftler­in zur Osteopathi­n weiter und macht täglich selbst Sport, auch wenn sie den aktiven Boxsport zwischenze­itlich an den Nagel gehängt hat. Auch Differenze­n mit ihrem Augsburger Trainer spielten da eine Rolle. Zudem musste sie sich das Hobby komplett selbst finanziere­n. „Im Amateurbox­en bekommst du kein Geld. Ich musste auch die Fahrt zur Weltmeiste­rschaft komplett selbst bezahlen.“Auch deshalb hat Hofstetter die Mission Titelverte­idigung bei der diesjährig­en Weltmeiste­rschaft in Griechenla­nd abgeblasen. Die Arbeit mit anderen Menschen gebe ihr mehr, sagt sie. Ein neues sportliche­s Ziel hat sich die 28-Jährige trotzdem schon gesetzt: Sie würde gerne an einem Triathlon teilnehmen. „Ich bin schon immer gelaufen und fahre auch gerne Rad. Und das mit dem Schwimmen, das muss ich eben trainieren“, sagt sie lachend.

Ihr erklärtes Ziel ist es, die Boxkurse irgendwann großflächi­g anbieten zu können. Ob das gelingen wird, weiß Susanne Hofstetter nicht. Sie folgt einfach ihrem Motto: „Man lebt nur einmal und muss das Bestmöglic­he daraus machen.“

O Unterstütz­ung Wer das Projekt von Susanne Hofstetter durch Spenden un terstützen will oder Kontakt zu ihr aufneh men möchte, kann sich unter der Adresse redaktion@mittelschw­aebi sche nachrichte­n.de an die Redakti on wenden.

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Die Waltenberg­erin Susanne Hofstetter arbeitet mit Kindern und Jugendlich­en am Kinderschm­erzzentrum in Augsburg.
 ?? Fotos: Sammlung Hofstetter ?? Mit ihren Kursen möchte sie Menschen in Krisensitu­ationen helfen. Gerne würde sie ihren Kurs auch im Landkreis Günzburg anbieten.
Fotos: Sammlung Hofstetter Mit ihren Kursen möchte sie Menschen in Krisensitu­ationen helfen. Gerne würde sie ihren Kurs auch im Landkreis Günzburg anbieten.

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