Mittelschwaebische Nachrichten
ICE und TGV bald aus einer Hand?
Siemens-Sparte und Alstom aus Frankreich stehen vor Allianz
München Das lange Ringen um eine Zug-Allianz in Europa steht vor der Entscheidung: An diesem Dienstag wird der Siemens-Aufsichtsrat nach aller Voraussicht grünes Licht für ein Bündnis der Bahnsparten von Siemens und dem französischen Alstom-Konzern geben. Damit kommt Bewegung in die Branche, die seit dem Zusammenschluss der beiden größten chinesischen Hersteller zum Giganten CRRC mächtig unter Druck steht. Spannend wird, ob es Siemens und Alstom schaffen, mit ihren Hochgeschwindigkeitszügen ICE und TGV den Chinesen auf Dauer Paroli zu bieten.
In einer außerordentlichen Sitzung sollen die Siemens-Aufseher die Zusammenlegung absegnen. Mit einer Zustimmung des Kontrollgremiums wurde am Montag fest gerechnet. Dabei war noch vor einigen Wochen Bombardier als aussichtsreichster potenzieller Partner für Siemens gehandelt worden. Doch die Kanadier kämpfen mit Problemen und stecken mitten in einem Stellenabbau in Deutschland, für den sich Arbeitgeber und -nehmer auf den Verzicht betriebsbedingter Kündigungen geeinigt haben.
Mit den Sparmaßnahmen will Bombardier in Deutschland wieder profitabel werden. Die Zugsparte von Alstom gilt deshalb als attraktivere Braut für Siemens. Beide Bahntechnik-Anbieter sind in etwa ähnlich groß und kämen zusammen auf rund 15 Milliarden Euro Umsatz. Spekuliert wird, dass Siemens die Mehrheit an dem zusammengeschlossenen Unternehmen bekommen könnte, die operative Führung aber in Frankreich läge – eine ähnliche Lösung also wie im Windkraftgeschäft, das Siemens mit dem spanischen Anbieter Gamesa zusammengelegt
Siemens hat eben erst Stellen in der Zugsparte gestrichen
hatte. Vor drei Jahren hatte Siemens-Chef Joe Kaeser schon einmal versucht, an Filetstücke von Alstom zu kommen. Die Alstom-Gasturbinen gingen aber an den Rivalen General Electric.
Und was bedeutet der Schritt für die Arbeitnehmer? Klar ist, dass die beiden Hersteller mit zusammen rund 60 000 Beschäftigten mit ähnlichen Produkten – von Hochgeschwindigkeitszügen bis zur Signaltechnik – und in ähnlichen Märkten unterwegs sind. Das könnte Einsparpotenziale und Stellenabbau nach sich ziehen. Erst vor kurzem hatte Siemens die Streichung von rund 300 Jobs in der Zugsparte verkündet.