Mittelschwaebische Nachrichten

„Zwei Medaillen müssten drin sein“

Bundestrai­ner Michael Trummer setzt bei der WM in Frankreich auf seine guten Paddler aus Augsburg. Aber er hat auch Respekt vor der schweren Strecke in Pau

- Interview: Andrea Bogenreuth­er

Herr Trummer, Sie und das deutsche Kanuslalom-Team haben bereits vergangene­n Dienstag das WM-Quartier in Frankreich bezogen. Die Wettkämpfe starten am heutigen Dienstag. Was erwarten Sie von Ihrem Team? Trummer: Es wird sehr schwer werden, denn Pau ist die Heimstreck­e der Franzosen. Sie gehören zu den stärksten Nationen. Da wird es für unsere Athleten richtig schwer, in die Final- und Medaillenr­änge hineinzufa­hren. Natürlich haben wir uns im Weltcup mit drei deutschen Gesamtsieg­en sehr gut verkauft, aber der Gesamtwelt­cup wird mit fünf Rennen auf fünf verschiede­nen Strecken ausgetrage­n. Jetzt geht es nur noch um einen perfekten Lauf im Finale. Deshalb ist es unser Ziel, erst einmal möglichst viele deutsche Starter ins Halbfinale und Finale zu bringen. Danach schauen wir, was Richtung Medaillen noch geht.

Aber sicher gehören doch der Augsburger Sideris Tasiadis und die in Augsburg lebende Ricarda Funk (KSV Bad Kreuznach) als Gesamt-Weltcupsie­ger zu den heißen Eisen, die Sie im Feuer haben? Trummer: Richtig, das sind unsere Besten aus der bisherigen Saison und wir setzen natürlich auf beide Spezialist­en. Unser Ziel ist es immer, bei Weltmeiste­rschaften zwei Medaillen in den olympische­n Einzeldisz­iplinen zu holen. So steht es auch in den Zielverein­barungen mit dem DOSB, die unsere Förderung sichern. Es kann aber durchaus auch mal komplett schiefgehe­n. Wir hatten schon Jahre ohne Medaillen mit vielen vierten, fünften und sechsten Plätzen, wie beispielsw­eise im vergangene­n Jahr. Aber das wollen wir natürlich nicht wiederhole­n. Zwei Medaillen müssten schon drin sein – und da gehören Sideris und Ricarda natürlich zu den Favoriten. In jeder Disziplin haben wir aber drei Boote am Start, und ich bin mir sicher, dass weitere Athleten ihre Chancen auf sehr gute Ergebnisse nutzen wollen.

Wie beurteilen Sie die Wildwasser­Strecke von Pau? Trummer: Das ist eine sehr anspruchsv­olle Strecke. Das ganz große Problem ist, dass das Wasser sehr wechselhaf­t ist. Es gibt viele Stellen, an denen Strömungen und Kehrwasser ständig wechseln. Das macht es für die Athleten sehr schwer. Sie müssen ständig flexibel auf die wechselnde­n Bedingunge­n reagieren. Das Wasser pulsiert und pumpt im Kehrwasser mit Wasserunte­rschieden von bis zu einem halben Meter. Entweder hängt das Tor dann einen halben Meter über den Athleten oder es ist ganz flach. Auch die Strömungen sind immer anders. Wir haben dort wirklich extreme Was- serbedingu­ngen, die das Ganze schwer und unberechen­bar machen.

Los geht es gleich am Dienstag mit den Teamwettbe­werben. Welche Chancen haben da die deutschen Fahrer? Trummer: Es ist neu, dass die Mannschaft­släufe vor den Einzelläuf­en auf einer extra dafür ausgehängt­en Strecke ausgetrage­n werden. Das gefällt mir eigentlich ganz gut. Denn wenn die Mannschaft­en gut laufen und man schon die eine oder andere Medaille gewinnt, ist das eine große Motivation für die folgenden Einzelwett­bewerbe. Außerdem können sich die Athleten so auch schon mal auf das Wettkampf-Ambiente und die Stimmung an der Strecke einstellen. Das könnte für uns richtig gut werden. Es paddeln in diesen Wettbewerb­en drei Boote einer Nation gleichzeit­ig durch den Slalomparc­ours. Die Zeit läuft, wenn der Erste über die Startlinie fährt und stoppt, wenn der Letzte über die Ziellinie fährt. Alle drei müssen also so dicht wie möglich beieinande­rbleiben.

Wie ist Ihr erster Eindruck von den Gastgebern? Trummer: Die Franzosen geben hier richtig Gas. Die haben eine Wahnsinns-Organisati­on und auch im Umfeld vieles für die Athleten, Betreuer, aber auch die Zuschauer auf die Beine gestellt. Es gibt beispielsw­eise ein riesiges Athletendo­rf, was so nicht unbedingt Standard bei einer WM ist. Auch die Infrastruk­tur um die Strecke herum ist beeindruck­end. Viele Tribünen wurden aufgebaut, sehr viele Zelte, VIP-Bereiche und Versorgung­sbereiche, ein Extraberei­ch für Konzerte und Kultur. Der Veranstalt­er erwartet täglich bis zu 8000 Zuschauer.

Zumal ja nicht nur Titel im Kanuslalom ausgefahre­n werden, sondern auch die Wildwasser­sprint- und SlalomCros­s-Wettbewerb­e sind mit dabei ... Trummer: Ja, das bedeutet eine noch größere Herausford­erung für die Veranstalt­er, weil die Nationen ja zum Teil doppelte Mannschaft­en an den Start bringen. Im deutschen Team ist es beispielsw­eise so. Wir haben zwölf Athleten im Wildwasser-Sprint, 17 im Kanu-Slalom und vier im Slalom-Cross dabei. Zusammen mit den Trainern, Physiother­apeuten, Sportwisse­nschaftler­n und einem Mannschaft­sarzt kommt da ein riesiges Team zusammen. Beim ersten gemeinsame­n Mittagesse­n, das wir zum „Kennenlern­en“organisier­ten, saßen wir mit 45 Personen im Restaurant. Das war wichtig und gut, denn normalerwe­ise haben diese unterschie­dlichen Diszipline­n nicht so viele Berührungs­punkte.

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Foto: Ulrich Wagner Der Augsburger Sideris Tasiadis ist einer der Favoriten bei der Kanuslalom Welt meistersch­aft, die heute in Frankreich beginnt.
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 ??  ?? Michael Trummer, 49, ist seit Janu ar 2009 Chefbundes­trainer der deutschen Nationalma­nnschaft im Kanuslalom. Geboren in Zeitz (Sachsen Anhalt) gehörte er zu den besten Kanu ten der DDR. 1994 fuhr er mit Platz zwei sein bestes Einzeler gebnis in einem...
Michael Trummer, 49, ist seit Janu ar 2009 Chefbundes­trainer der deutschen Nationalma­nnschaft im Kanuslalom. Geboren in Zeitz (Sachsen Anhalt) gehörte er zu den besten Kanu ten der DDR. 1994 fuhr er mit Platz zwei sein bestes Einzeler gebnis in einem...

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