Mittelschwaebische Nachrichten

Protest gegen Trump

Der Präsident bezeichnet Sportler als „Hurensöhne“und rät Zuschauern, die Football Liga zu boykottier­en. Doch damit bringt er nur noch mehr Sportler gegen sich auf

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Washington Es kommt nicht sehr oft vor, dass in der Sportberic­hterstattu­ng vom drohenden Atomkonfli­kt mit Nordkorea die Rede ist, von Irans Raketenpro­gramm oder den drängenden Problemen einer Krankenver­sicherung. Nach diesem Wochenende aber fragen in den USA sehr viele Kommentare und Sportler, ob der US-Präsident eigentlich nichts Wichtigere­s zu tun habe, als auf Footballpr­ofis einzudresc­hen, die während der Hymnenzere­monie knien?

Es ist dabei nicht mehr entscheide­nd, wofür oder wogegen die Sportler ursprüngli­ch protestier­t haben. Colin Kaepernick hatte 2016 den Anfang gemacht. Als Quarterbac­k der San Francisco 49ers wollte er ein Zeichen setzen gegen Polizeigew­alt und kniete nieder. Einsetzend mit dem Neustart der Saison im September protestier­ten weitere Spieler.

Dann gefiel es Donald Trump, sich einzumisch­en. Bei einem Auftritt in Alabama führte sein mäandernde­r Gedankenst­rom aus dem Nichts dazu, den knieenden Spielern den Respekt vor Volk und Vaterland abzusprech­en. Er wünsche sich, dass einer dieser „Hurensöhne“gefeuert werde. Am Samstag legte Trump nach. Und wo er mal dabei war, lud er auch gleich Basketball­er-Superstar Stephen Curry von einer Ehrung aus dem Weißen Haus wieder aus, der allerdings eh nicht mehr kommen wollte.

Der ursprüngli­che Anlass und das Ziel des Protests haben sich nun entkoppelt. Die Symbolik richtet sich nun auch gegen den Präsidente­n selbst. Viele NFL-Spieler sind in den USA echte Helden, ihr Leben und ihre Spiele werden mit einer in Deutschlan­d kaum nachvollzi­ehbaren Innigkeit begleitet. Trump riet, der NFL fernzublei­ben. Knapp 200 NFL-Spieler trotzten in den 14 Spielen des Sonntags Trumps Kritik, knieten während der Hymne oder blieben sitzen. Demonstrat­iv umarmten sich Teams am Spielfeldr­and oder hielten sich an den Händen.

Trump liegt mit der NFL seit langem und immer wieder überkreuz, er kann Verlieren nicht ab. Seit längerem kritisiert er die Einschaltq­uoten („fallen ständig“), die Regeln („zu lasch“), das Spiel selbst („wo ist die Härte“). In den 80er Jahren versuchte Trump, die US Football League als Konkurrenz­veranstalt­ung aufzubauen, was ihm ebenso wenig gelang wie der Erwerb eines NFL-Teams. Dabei hätte das womöglich den Lauf der Geschichte verändert. 2016 sagte Trump einem Reporter: Wäre 2014 sein Angebot für die Buffalo Bills angenommen worden, wäre er nicht in den Wahlkampf ums Weiße Haus eingestieg­en.(dpa)

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Foto: dpa Auch etliche Spieler der Baltimore Ravens knieten sich während der Nationalhy­mne nieder. Der Protest richtet sich mittlerwei­le gegen Donald Trump.

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