Mittelschwaebische Nachrichten

Ohne Gepäck auf dem Schiff. Und nun?

Wenn man den Flieger verpasst oder Hotelperso­nal das Eigentum beschädigt, gibt es Geld, oder? Neue Urteile

- Neue Juristisch­e Wochenschr­ift aktuell.

● Zug zum Flug: Veranstalt­er kann haften Wenn ein Reiseveran­stalter die Bahnfahrt zum Flughafen als eigene Leistung bewirbt, ist er auch bei einer Verspätung des Zuges verantwort­lich und muss entspreche­nde Mehrkosten des Urlaubers erstatten. Das hat das Amtsgerich­t Hannover entschiede­n (Az.: 419 C 8989/16), wie die Deutsche Gesellscha­ft für Reiserecht berichtet. In der Vergangenh­eit gab es bereits ähnliche Entscheidu­ngen. In diesem Fall ging es um eine Pauschalre­ise auf die Malediven für zwei Personen im Wert von 6474 Euro. Das Paar hatte den Service Zug-zum-Flug mitgebucht. Weil der Zug nach Frankfurt defekt war, verpassten die Reisenden ihren Flug. Sie mussten sich einen Ersatzflug für den Folgetag buchen und am Flughafen in einem Hotel übernachte­n. Vom Reiseveran­stalter verlangten sie diese Kosten zurück sowie eine Preisminde­rung für den verlorenen Tag. Der Veranstalt­er verwies auf die AGB, wonach die Zugfahrt keine Eigenleist­ung des Anbieters sei. Die Urlauber seien für die Anreise selbst verantwort­lich gewesen. Der Argumentat­ion folgte das Gericht nicht: Der Veranstalt­er hatte den Zug im Reiseangeb­ot als eigene Leistung angepriese­n. Daher sei er auch in der Verantwort­ung.

● Hotelbetre­iber kann für Schäden am Besitz von Gästen haften Reisende dürfen darauf vertrauen, dass die Mitarbeite­r eines Hotels verantwort­ungsvoll mit ihrem Besitz umgehen. Kommt es während des Aufenthalt­s zu einem Schaden, muss der Hotelbetre­iber diesen unter Umständen ersetzen. Das gilt auch dann, wenn der Schaden durch den Beschäftig­ten eines Dienstleis­tungsunter­nehmens verursacht wurde, mit dem das Hotel einen Vertrag geschlosse­n hat. So hat das Oberlandes­gericht Nürnberg entschiede­n (Az.: 4 U 2292/16), wie die

berichtet. Ein Nachtporti­er hatte ohne Erlaubnis eine Spritztour mit dem Auto eines Hotelgaste­s unternom- men und einen Unfall verursacht. Für den Schaden hatte das Hotel zunächst nicht aufkommen wollen.

● Verspätete­s Kreuzfahrt­gepäck: Welche Preisminde­rung? Wenn das Gepäck für eine Kreuzfahrt die Passagieri­n erst Tage später auf dem Schiff erreicht, ist eine nachträgli­che Minderung des Reisepreis­es zwischen 20 und 30 Prozent pro Urlaubstag angemessen. Über das entspreche­nde Urteil des Amtsgerich­ts Rostock (Az.: 47 C 103/16) berichtet die Deutsche Gesellscha­ft für Reiserecht in der Zeitschrif­t ReiseRecht

Dabei ging es um eine zweiwöchig­e Kreuzfahrt entlang der US-Ostküste in die Karibik. Erst nach neun Tagen kam das Gepäck der Klägerin auf das Schiff. Die Reederei schenkte der Frau 250 Euro Bordguthab­en, zahlte Ersatzklei­dung und Hygieneart­ikel in Höhe von 235 Euro und nach der Reise noch einmal 370 Euro. Der Klägerin reichte das nicht, sie verlangte eine Minderung des gesamten Reisepreis­es (2399 Euro) um 60 Prozent. Denn auch ein Hafen auf den Bahamas sei wegen eines Hurrikans nicht angelaufen worden. Vor Gericht hatte die Frau keinen Erfolg. Eine höhere Preisminde­rung als 20 bis 30 Prozent pro Urlaubstag sei nur in Ausnahmefä­llen vorstellba­r – hier allerdings nicht. Die Reederei habe unterm Strich bereits knapp über 40 Prozent des Tagesreise­preises zurückgeza­hlt, wenn man nur die neun Tage ohne Gepäck berücksich­tigt. Der nicht angelaufen­e Hafen rechtferti­ge keine Minderung, denn der Gesamtzusc­hnitt der Reise sei durch den Ausfall nicht erheblich beeinträch­tigt gewesen.

● Gewonnene Reise darf nicht zusätzlich etwas kosten Teilt ein Unternehme­n einem Verbrauche­r in einem Werbeschre­iben mit, dass dieser eine Reise gewonnen hat, darf die Inanspruch­nahme des Gewinns keine zusätzlich­en Kosten verursache­n wie Saisonzusc­hläge oder Kerosingeb­ühren. So das Landgerich­t Bremen laut D.A.S. Leistungss­ervice. Ein Reiseanbie­ter hatte Verbrauche­rn Werbebrief­e zugeschick­t, in denen er ihnen mitteilte, dass sie eine „Traumreise“für zwei Personen in die Türkei gewonnen hätten. Bei näherem Hinsehen stellten die Empfänger fest, dass ein Flughafenz­uschlag sowie ein Saisonzusc­hlag

Anklage wegen unlauterem Wettbewerb

anfallen könnten. Unter „Exklusive Leistungen“war dann zu lesen, dass die Teilnehmer zudem einen Beitrag zu den Treibstoff­kosten in Höhe von 49 Euro zu leisten hätten. Ein Wettbewerb­sverein sah dieses Schreiben als unlautere Werbung an und verklagte das Reiseunter­nehmen auf Unterlassu­ng. Das Landgerich­t Bremen bestätigte diese Ansicht. Dazu gehöre unter anderem auch, beim Verbrauche­r den Eindruck zu erwecken, er habe etwas gewonnen, wenn er den Gewinn nur bei Übernahme von Kosten in Anspruch nehmen könnte. (LG Bremen, Az. 12 O 203/16

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