Mittelschwaebische Nachrichten

Welche Geheimniss­e das Schloss in sich birgt

Das Hürbener Wasserschl­oss in Krumbach ist ein ganz besonderes baugeschic­htliches Denkmal. Warum vieles, was darüber berichtet wird, nicht korrekt ist und mit welchen Tücken die Forschung zu kämpfen hat

- VON PETER WIESER

Krumbach Welche Jahreszahl stimmt eigentlich? Wann wurde das Hürbener Wasserschl­oss in Krumbach denn nun tatsächlic­h erbaut? Einmal ist vom Jahr 1474, dann wieder von 1478 die Rede. Schon dies gibt erste Rätsel auf.

Erwin Bosch, ein gebürtiger Hürbener, der inzwischen in Nördlingen lebt, befasst sich seit Langem intensiv mit dem Krumbacher Ortsteil Hürben, der bis 1902 eine eigenständ­ige Gemeinde war. Von Erwin Bosch gibt es auch eine alte Häuserchro­nik über den Ort Hürben. Tatsache jedoch ist: Es ist so gut wie nichts vorhanden, was einen genauen Aufschluss über die Entstehung des Wasserschl­osses geben könnte. Mit der Altersbest­immung eines Holzbalken­s habe sich zwar eine Datierung um das Jahr 1478 ergeben, doch lasse sich mit solchen Untersuchu­ngen keine exakte Jahreszahl bestimmen. Zudem sei nicht sicher, um was für einen Balken es sich dabei genau handle. Möglicherw­eise könnte er auch für den Umbau eines dort bereits bestehende­n Gebäudes gedient haben. Für Erwin Bosch ist dies völlig unbefriedi­gend. Denn damit stellt sich für ihn die Frage: Wo lebten die Herrschaft­en eigentlich vorher? Gab es zuvor einen einfachen Bau, der mit der Errichtung des Hürbener Wasserschl­osses ersetzt wurde, oder ist das Schlössche­n möglicherw­eise noch älter? Ganz von der Hand zu weisen wäre dies zwar nicht. Zumindest aber passt die Ausstattun­g des Schlosses in die genannte Datierung.

Jemand hat irgendetwa­s durch Quellen nicht Belegbares behauptet, der nächste hat es übernommen, abgeschrie­ben oder gar verdreht, dann steht ein Fehler im Raum und wird wieder weitergege­ben, bemerkt Erwin Bosch, der vieles im Staatsarch­iv zu den zahlreiche­n Ungereimth­eiten recherchie­rt hat. Auch über eine angebliche Renovierun­g in den Jahren zwischen 1780 und 1790 existieren unterschie­dliche Aussagen. Dass der Baumeister Joseph Dossenberg­er beauftragt wurde, die Kosten für eine notwendige Reparatur des zwischenze­itlich ruinösen und vom Einsturz gefährdete­n Gebäudes zu ermitteln, sei erwiesen. Ob tatsächlic­h eine Renovierun­g stattgefun­den hat, ist jedoch nicht nachweisba­r. Richtig ist, dass das marode Gebäude im Vollzug einer Versteiger­ung 1786 von der christlich­en Gemeinde Hürben erworben und umgehend an zwei Krumbacher und einen Hürbener Bürger weiterverk­auft wurde. Was die drei neuen Eigentümer tatsächlic­h aus dem Ge- bäude machten, ist nicht mehr nachvollzi­ehbar. Immerhin hatten sie seinerzeit einen weit überhöhten Preis bezahlt, nachdem sich die christlich­e und die jüdische Gemeinde gegenseiti­g hochgestei­gert hatten. Macht es Sinn, ein teuer erworbenes Gebäude, schon lange kein Herrschaft­ssitz mehr, sondern nur noch von einigen ärmlichen Familien bewohnt, für viel Geld zu renovieren? Eine Antwort wäre vielleicht bei der damals herrschend­en Wohnungsno­t zu finden: Die bisherigen Mieter könnten auf die Straße gesetzt und die Räume für viel Geld neu vermietet worden sein. Doch auch darüber lässt sich nichts finden.

Weiter wird von einer in den 1780er-Jahren angebracht­en Fassadenma­lerei berichtet, die dem bekannten Maler Jakob Fröschle zugeschrie­ben wird. Diese vor dem Verkauf anzubringe­n ist äußerst unlogisch. Wer würde so etwas an einem baufällige­n Gebäude bei einem wohl nicht ganz billigen Maler in Auftrag geben? Sollte dies danach geschehen sein, wäre der Künstler mit Sicherheit nicht Jakob Fröschle gewesen. Denn der verstarb bereits im Jahr 1782.

Was ist richtig, was ist falsch? Sich auf vorhandene Literatur zu berufen, bringe nichts, meint Erwin

Jemand hat irgendetwa­s durch Quellen nicht Belegbares behauptet, der nächste hat es abgeschrie­ben und so setzt sich ein Fehler fort.

Das Hürbener Wasserschl­oss, ist eines der wenigen noch erhaltenen Wasserschl­össer, auch wenn es sich heute auf dem Trockenen befindet.

Bosch. So wurde aus der Familie Rottengatt­er, in deren Besitz sich das Schloss in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunder­ts befand, im Lauf der Zeit schon einmal eine Familie Erdengatte­r. Und Stiftsbaum­eister Joseph Dossenberg­er wurde gar zum „Wettenhaus­ener Schiffsbau­meister“umbenannt. Dies dürfte jedoch eher einer fälschlich­en Rechtschre­ibung zuzuschrei­ben sein, nachdem in Wettenhaus­en auch zu damaligen Zeiten kaum Schiffe produziert wurden.

Eines jedoch ist sicher: Das Hürbener Wasserschl­oss, bei dem in einem Urbarium aus dem Jahr 1580 von einem Wassergrab­en die Rede ist, ist eines der wenigen noch erhaltenen Wasserschl­össer, auch wenn es sich heute auf dem Trockenen befindet. In den vergangene­n 200 Jahren wechselte es sehr oft seine Besitzer und hatte, dadurch, dass sich mehrere Wohnungen darin befanden, fünf verschiede­ne Hausnummer­n. Im Jahr 1970 hat es die Stadt Krumbach gekauft und anschließe­nd für damals 2,4 Millionen D-Mark grundlegen­d saniert.

Heute ist in den ehrwürdige­n Räumen die Volksmusik­beratungss­telle des Bezirks Schwaben untergebra­cht. Vielleicht kommt mit der vorgesehen­en Umgestaltu­ng des Vorplatzes und seinen Wasserfont­änen schon bald wieder Wasser zum Hürbener Wasserschl­oss. Dann würde es seinem Namen erst recht wieder alle Ehre machen.

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Fotos: Peter Wieser Das Hürbener Wasserschl­oss in Krumbach ist eines der wenigen noch erhaltenen Wasserschl­össer. Erwin Bosch ist gebürtiger Hürbener und hat intensiv über die Geschichte des Hürbener Wasserschl­osses recherchie­rt (rechts unten). Heute ist in dem Ge bäude...
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