Mittelschwaebische Nachrichten

In den Kliniken mehr Ärzte, aber weniger Pfleger

So gravierend ist die Situation an den Krankenhäu­sern in der Region

- VON STEPHANIE SARTOR

Augsburg Es ist eine ungleiche Entwicklun­g, die sich an deutschen Krankenhäu­sern beobachten lässt: Während es immer mehr Ärzte gibt, sinkt die Zahl der Pflegekräf­te – und das, obwohl immer mehr ältere Menschen in den Kliniken liegen, die viel Zuwendung brauchen.

In Zahlen ausgedrück­t heißt das konkret: In den vergangene­n 25 Jahren ist die Anzahl der deutschen Krankenhau­särzte um 66 Prozent auf rund 158 100 gestiegen. Bei den Pflegekräf­ten gab es indes eine leichte Abnahme auf rund 325100 – etwa 1000 Pfleger weniger als 1991. Gleichzeit­ig stieg die Zahl der Patienten um 34 Prozent. „Die Schere zwischen Ärzten und Pflegekräf­ten in Kliniken muss endlich kleiner werden“, fordert Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientens­chutz, die auf die aktuellen Daten des Statistisc­hen Bundesamte­s aufmerksam gemacht hat. „Die Pflege fährt auf der letzten Rille.“

Besonders problemati­sch ist, dass in den Kliniken immer mehr ältere und chronisch kranke Patienten liegen. Die Hälfte ist Brysch zufolge über 60 Jahre alt, jeder sechste über 80. „Obwohl viele mehr Hilfe, Zuwendung und Pflege brauchen, werden diese Patienten aber immer schneller entlassen“, kritisiert er. Die Gesundheit­sminister sowie die Kliniken haben seiner Ansicht nach den demografis­chen Wandel ignoriert und die Zahl der Pflegekräf­te abgebaut – mit dem Resultat, dass die Arbeitsbel­astung pro Pflegekraf­t in 25 Jahren rechnerisc­h um ein Drittel gestiegen sei. In Bayern, wo es laut der aktuellen Daten sogar mehr Pflegekräf­te gibt als vor 25 Jahren, liegt der Anstieg der Arbeitsbel­astung durch das Mehr an Patienten bei etwa einem Fünftel.

Auch in der Region wollen sich viele Pfleger nicht mit der Situation abfinden. Am Augsburger Klinikum stehen am 10. und 11. Oktober Warnstreik­s an. Mitarbeite­r der Kreisklini­ken Günzburg-Krumbach gehen am selben Tag auf die Straße. Und auch die Pflegekräf­te der Kliniken in Donauwörth und Nördlingen machen auf ihre Not aufmerksam. 80 Pfleger haben sich in einem offenen Brief an Landrat Stefan Rößle, der auch Verwaltung­sratsvorsi­tzender der Kliniken ist, gewandt. Eine gute Patientenv­ersorgung sei oft nicht mehr möglich, weil es an Personal fehle, heißt es in dem Brief. Und weiter: An freien Tagen einzusprin­gen und ständig zu entscheide­n, was in einer Schicht nicht bearbeitet werden könne, stehe täglich auf der Tagesordnu­ng.

„Die Arbeitssit­uation ist dramatisch“, sagt Stefan Jagel, Verdi-Gewerkscha­ftssekretä­r für Gesundheit­sund Sozialwese­n. Es habe Situatione­n gegeben, in denen eine Pflegekraf­t mit 48 Patienten allein im Frühdienst war, weil sich mehrere Kollegen krankgemel­det hatten. Diese Belastung hat Jagels Angaben nach gravierend­e Folgen: Immer mehr Pflegekräf­te kündigen.

Landrat Rößle hat auf den Brief reagiert und will in der heutigen Sitzung des Verwaltung­srats Vorschläge für Verbesseru­ngen vorlegen. Warum mehr Pfleger nötig sind, steht im

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