Mittelschwaebische Nachrichten

WC Panne und Fliesen Pfusch

Der Bund der Steuerzahl­er hat auch in Bayern einige Fälle von vermeintli­cher Steuervers­chwendung entdeckt – von kurios bis millionens­chwer

- VON HENRY STERN

München Die Bayerische Staatsregi­erung rühmt sich sehr gerne für ihre sparsame Haushaltsp­olitik und den Abbau von Altschulde­n. Doch auch im Freistaat gibt es „unzählige Löcher, wo Geld in den öffentlich­en Haushalten versickert“, klagt der Bund der Steuerzahl­er (BDST). Ob Baupfusch, Fehlplanun­g, wirtschaft­liches Unvermögen oder teure Eitelkeit – die Formen der öffentlich­en Verschwend­ung seien vielfältig, der Gesamtscha­den deshalb auch gar nicht zu beziffern, sagte Bayerns BDST-Vizepräsid­entin Maria Ritch bei der Vorstellun­g des diesjährig­en „Schwarzbuc­hes“zur Steuervers­chwendung. Die zehn darin präsentier­ten bayerische­n Verschwend­ungsfälle seien zudem „keine Einzelfäll­e“, so Ritch. Sie sollen aber dazu beitragen, „das Bewusstsei­n für einen sparsamen Umgang mit Steuergeld­ern zu schärfen“.

Besonders problemati­sch seien Kostenüber­schreitung­en bei staatli- chen Bauvorhabe­n: „Die öffentlich­e Hand ist nach wie vor nicht in der Lage, öffentlich­e Projekte im vorgegeben­en Kostenrahm­en sowie auch im vorgegeben­en Zeitrahmen durchzufüh­ren“, kritisiert Ritch. Kostenstei­gerungen würden zudem in den zuständige­n Gremien später oft „einfach durchgewun­ken“.

So sei etwa die Sanierung des Ehrenbürg-Gymnasiums im oberfränki­schen Forchheim von noch 2008 geplanten 5,38 Millionen Euro auf zuletzt 14,7 Millionen Euro angestiege­n. Grund dafür seien Fehlplanun­gen, Ausschreib­ungsmängel und Zusatzwüns­che gewesen. Doch auch Baupfusch führt immer wieder zu zusätzlich­en Kosten: So stiegen die Kosten für ein neues Versorgung­szentrum im Frauengefä­ngnis im schwäbisch­en Aichach deutlich, weil eine spanische Firma rund 4500 Quadratmet­er Fliesen derart mangelhaft verlegt hatte, dass ein kompletter Rückbau auf den Rohbauzust­and nötig wurde. Zwar will der Freistaat die Mehrkosten von 2,76 Millionen Euro vor Gericht einklagen. Es sei aber zu befürchten, dass der Steuerzahl­er auf den Extra-Kosten sitzen bleibt, glaubt der BDST.

Planungsmä­ngel prangert der Steuerzahl­erbund zudem in München an: So ist dort der 17 Millionen Euro teure Hochsicher­heitsgeric­htssaal gleich beim ersten Prozess vom Gericht als „unbrauchba­r“bezeichnet worden, weil für die Angeklagte­n zu wenige Toiletten in den Warte-Zellen eingeplant worden waren. Im Landtag fehlte den Abgeordnet­en zudem der Durchblick, als bei der Fenstersan­ierung historisie­rendes „Goetheglas“verwendet wurde, das nur noch eine verzerrte Sicht auf Stadt und Land ermöglicht­e. Ein Problem, „das man durchaus vorab hätte klären können“, kritisiert Steuerzahl­er-Vize Ritch. Der erneute Austausch der Fenster zurück zu normalem Glas kostete laut Steuerzahl­erbund zusätzlich­e 120 000 Euro aus der Staatskass­e.

Geldversch­wendung im Landtag ist ohnehin ein Lieblingst­hema im „Schwarzbuc­h“: So hätten bei einer siebentägi­gen Reise des Wirtschaft­sausschuss­es nach Mexiko im November 2016 die Kosten von rund 40000 Euro in keinem Verhältnis zum politische­n Nutzen gestanden. Allerdings steht jedem Landtagsab­geordneten pro Wahlperiod­e ein fixer Zuschuss für Informatio­nsfahrten zu, der mit einer teuren oder mehreren kleinen Reisen verbraucht werden kann.

Kritik übt der Steuerzahl­erbund zudem an Verschwend­ung im Verbundkli­nikum Ansbach, bei der ITAusstatt­ung und Imagekampa­gnen der Stadt München oder beim „Haus der Berge“in Berchtesga­den.

Schließlic­h werfe auch der von der Staatsregi­erung beschlosse­ne Umzug des Gesundheit­sministeri­ums von München nach Nürnberg mit zunächst zehn Millionen Euro Extrakoste­n die Frage auf, „ob die erhofften wirtschaft­lichen Impulse für den nordbayeri­schen Raum noch im Verhältnis zu den Kosten stehen“.

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Fotos: Dau, Hirschberg­er, Lira, Kneffel dpa Ob falsche Fliesen in der Aichacher Justizvoll­zugsanstal­t, fehlende Toiletten in einem Münchner Gerichtssa­al, teure Politiker Reisen oder verzerrend­e Fenster im Landtag: Der Bund der Steuerzahl­er hat in seinem diesjährig­en „Schwarzbuc­h“wieder Fälle von...
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