Mittelschwaebische Nachrichten
Brutale Beziehungstaten vor Gericht
In Günzburg erhalten zwei Männer Haftstrafen auf Bewährung, weil sie Frauen misshandelt haben. Für zwei Schulklassen gibt es außerdem eine deutliche Warnung
Günzburg Amtsrichterin Franziska Braun war verärgert. Im Sitzungssaal drängten sich zwei Schulklassen als Zuhörer. Als die Unruhe während der Verhandlung zu groß wurde, machte sie ernst: „Jetzt reicht’s“, lautete die unmissverständliche Warnung. Im Wiederholungsfall drohte sie den Schülerinnen und Schülern mit Rausschmiss. Die beiden Verhandlungen wegen brutaler Gewaltdelikte gegen zwei Männer endeten ohne weitere Konsequenzen für die Schulklassen – für die Angeklagten jedoch mit Haftstrafen.
Vor der Einzelrichterin mussten sich an diesem Vormittag zwei Männer im Alter von 34 und 44 Jahren verantworten. Beiden wurde schwere Gewaltdelikte an Frauen vorgeworfen. Der ältere der beiden, ein rumänischer Kraftfahrer, hatte seine drei Jahre jüngere Ehefrau übel behandelt. Im angetrunkenen Zustand – er hatte eigenen Angaben zufolge mehrere Cognac intus – schlug er der Frau im August vergangenen Jahres mehrmals mit der flachen Hand ins Gesicht und beleidigte sie mit Schimpfworten wie „Hure“und „Blöde“. Bei einem weiteren Gewaltausbruch nur wenige Monate später hat er die Frau an der Unterlippe gepackt und daran gerissen. Außerdem fasste er ihr mit beiden Zeigefingern in den Mund und zog diesen auseinander. Mit der Drohung „Ich bring dich um“, verlangte er die Herausgabe der Kinderpässe von seiner Ehefrau und demolierte deren Smartphone an einer Stuhllehne. Als der erwachsene Stiefsohn die Auseinandersetzung mitbekam und seiner Mutter helfen wollte, versetzte ihm der Angeklagte einen derart heftigen Kopfstoß, dass die Nase des jungen Mannes brach.
Im zweiten Fall war der Übergriff des 34-jährigen Angeklagten auf seine Ex-Freundin in Krumbach noch eine Spur härter. Der Mann verfolgte die aus Kuba stammende 42-Jährige und stellte sie mit den Worten „Woher hast du das Auto, du Schlampe“auf offener Straße zur Rede. Das Opfer versuchte in ein nahe gelegenes Restaurant zu flüchten, in dem sie als Reinigungskraft arbeitet. Doch der 34-Jährige holte sie ein, packte sie von hinten und drückte sie gegen eine Außenmauer des Gebäudes. Dann griff er der Frau mit einer Hand an den Hals, sie mehrere Sekunden lang und hielt ihr mit der anderen Hand den Mund zu. Nur durch das beherzte Eingreifen eines jungen Mannes und weil sich die Frau mit Pfefferspray wehren konnte, wurde Schlimmeres verhindert. Das Opfer erlitt Schmerzen, hatte Schluckbeschweren und mehrere Druckstellen sowie eine Prellmarke an der Innenseite der Unterlippe.
Beide Angeklagten ließen durch ihre Rechtsanwälte Konrad Arendt (Günzburg) und Reinhard Dauer (Ichenhausen) ein Geständnis ablegen. Das bewahrte die beiden Männer vor deutlich höheren Strafen.
Im Fall des 34-Jährigen hätte die Staatsanwaltschaft sogar von einem bedingten Tötungsvorsatz ausgehen können, wie es im Juristen-Deutsch heißt, was eine Anklage beim Schwurgericht bedeutet hätte, sagte Richterin Braun.
Die Ehefrau des rumänischen Mannes bestätigte, von einem Dolmetscher übersetzt, im Wesentli- chen die brutalen Attacken. Wegen des Alkoholmissbrauchs habe es öfter Streit gegeben. Aber seit Anfang des Jahres habe der Mann aufgehört zu trinken und seitdem habe sich die Beziehung verbessert: „Jetzt ist alles in Ordnung, wir haben geredet“, sagte die zierliche Frau. Der Angeklagte wurde wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung und Sachbeschädigung zu einer Haftstrafe von acht Monaten auf Bewährung verurteilt. Außerdem muss der Mann 2000 Euro Geldbuße an die Familienberatung zahlen.
Deutlich härter traf es den zweiten Angeklagten. Zunächst sah es so aus, als ob er mit einer Geldstrafe davonkommen würde. Die Staatsanwältin hatte unter Einbeziehung eines früheren Strafbefehls 70 Tagessätze zu 30 Euro gefordert.
Rechtsanwalt Dauer schloss sich in seinem Plädoyer diesem Antrag an und hielt eine Geldstrafe von 4800 Euro für ausreichend, zumal sich sein Mandant beim Opfer entwürgte schuldigt habe. Doch das klappte nicht. Zum einen, weil der Angeklagte schon sechsmal gegen ein Gewaltschutzurteil des Amtsgerichts verstoßen hatte und trotz Kontaktverbots seine Ex-Freundin immer wieder abgepasst hatte. Noch schwerer wog die Würgeaktion. Nach Gutachten eines Gerichtsmediziners hätte diese Tat durchaus lebensgefährliche Wirkungen haben können. Durch Kompression des Halswirbels kann es zu Atemstillstand oder einem Schlaganfall kommen. Richterin Braun ahndete das Gewaltdelikt mit elf Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldauflage von 2000 Euro an den Kreisjugendring. Offensichtlich habe ein zweiwöchiger Aufenthalt hinter Gittern wegen des Verstoßes gegen das Kontaktverbot noch nicht gereicht als Warnung. Die Schulklassen haben die Warnung der Richterin übrigens verstanden: Es war anschließend mucksmäuschenstill beim Rest der Verhandlung.