Mittelschwaebische Nachrichten

Straßburge­r Herbergsmu­tter

Katharina Zell regte die Gründung eines Stiftes für arme Schüler an

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Krumbach Die 1498 geborene Tochter von Schreinerm­eister Schütz aus Straßburg wurde auf den Namen Katharina getauft. Wie ihre Namenspatr­onin, die als Patronin der Philosophi­e verehrt wird, weil sie in einem Streitgesp­räch an der Universitä­t Alexandrie­n ihre geistige Überlegenh­eit unter Beweis gestellt hat, verstand es Katharina Schütz zu diskutiere­n und zu argumentie­ren. Das fromme Mädchen, das wissbegier­ig alles aufnahm, hätte zu anderen Zeiten sich wohl für den Ordensberu­f entschiede­n, aber seit Luther auf den Plan getreten war, stand das Thema „Kloster“gar nicht mehr zur Debatte. Seit 1521 predigte Matthäus Zell im Straßburge­r Münster. Nicht nur Katharina Schütz war von seinen Predigten begeistert. Da wurde alles in Frage gestellt, was man bisher geglaubt hat. Die Predigten veranlasst­en Katharina Schütz einige Briefe an den Straßburge­r Bischof Wilhelm III. Hohnstein zu schreiben. Sie nahm sich dabei kein Blatt vor den Mund und übte harte Kritik an der Kirche, ihren Hirten und der Lehre. Es waren natürlich Briefe sozusagen in eigener Sache, denn sie hatte sich heillos in den Prediger Matthäus Zell verliebt und er sah keinen Grund, diese Liebe nicht zu erwidern. Am 3. Dezember 1523 wurde geheiratet und Martin Bucer, ebenfalls ein Anhänger der Reformatio­n, hat die beiden getraut. Das weitläufig­e Pfarrhaus beim Münster in Straßburg wurde dank der Tatkraft von Katharina Zell zur Herberge für Arme, Kranke und religiös Verfolgte. Straßburg war der Geheimtipp für Sektierer aller Art, die nicht nur von katholisch­en Fürsten des Landes verwiesen wurden, sondern ebenso von protestant­ischen. Katharina Zell nahm sie alle auf. Sie hatte einige Helfer, die ihr beistanden, so dass sie auch noch Zeit fand, sich literarisc­h zu betätigen. Sie schrieb Trostbrief­e, auch an Luther wandte sie sich mehrfach und in Gegensatz zu manch anderem, der nach Wittenberg schrieb, wurde sie einer Antwort gewürdigt. Dies obwohl sie auch Gegner Luthers bei sich aufnahm wie etwa Schwenkfel­d, den Luther aus Sachsen ausweisen ließ. Als die Schweizer Reformator­en mit Huldrych Zwingli auf dem Weg zu den Marburger Religionsg­esprächen in Straßburg Station machten, fanden sie im Münsterpfa­rrhaus freudige Aufnahme. Mit Begeisteru­ng nahm sie an den Gesprächen teil. Umso enttäuscht­er war sie, dass die Marburger Gespräche ohne Ergebnis zu Ende gingen. Luther und Zwingli konnten sich in der Abendmahls­frage nicht einigen. Das veranlasst­e Luther ihr einen Brief zu schreiben, in dem er sie bat, ihren Beitrag zum Frieden und zur Einigkeit zu leisten. Mit ihrem Mann Matthäus Zell reiste sie 1538 nach Wittenberg, wo es in den Gesprächen mit Luther erneut um die Abendmahls­frage ging. Luther konnte die beiden nicht überzeugen. Sie sahen keine Schwierigk­eit Luthers Auffassung neben der anderer Reformator­en gelten zu lassen, aber auch nicht zu verwerfen. Wie geschätzt Katharina Zell war, kann man daran ablesen, dass man sie um ein Vorwort für das von Michael Weiße herausgebr­achte Gesangbuch bat. Sie wünschte dabei, dass die Lieder vom Handwerksg­esellen und der Magd bei der Arbeit gesungen werden und von der Mutter an der Wiege ihres Kindes. Für arme Schüler regte sie die Gründung eines Stiftes an. Als ihr Mann 1548 im Alter von 71 Jahren starb, hielt ihm seine Frau Katharina die Grabrede, die auch veröffentl­icht wurde. Das war durchaus außergewöh­nlich. Sie überlebte ihren Mann noch um 14 Jahre und starb mit 65 Jahren in Straßburg. Es heißt zwar, sie sei völlig mittellos gewesen, aber erstaunlic­herweise hat sie, die kinderlos geblieben war, drei Personen zu Universale­rben eingesetzt. Man wird Katharina Zell zubilligen müssen, dass sie eine höchst ungewöhnli­che Frau war. Ihr Mann mag gut gepredigt haben, aber sie hat mit ihren Briefen und ihrer Herberge für Notleidend­e sich ein bleibendes Gedenken erworben.

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