Mittelschwaebische Nachrichten
Feiertage für alle?
Religion Vertreter von Kirche und Staat im Landkreis sind größtenteils gegen den Vorschlag, einen islamischen Feiertag in Deutschland einzuführen. Muslime äußern sich zurückhaltend
Landkreis Sollte man in Deutschland einen islamischen Feiertag einführen, zumindest in Regionen mit einem hohen Anteil an Muslimen? Dafür sprach sich nun der Präsident des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, aus. Auch Innenminister Thomas de Maizière hatte öffentlich bereits über einen muslimischen Feiertag in muslimisch geprägten Gebieten nachgedacht. Was bundesweit bereits für viel Unverständnis und Diskussionen gesorgt hat, stößt auch im Landkreis größtenteils auf Widerstand.
„Da halte ich gar nichts davon“, sagt Alfred Sauter, CSU-Kreisvorsitzender und Landtagsabgeordneter gegenüber unserer Zeitung. „Das entspricht nicht dem, wie ich über Feiertage denke.“Feiertage seien nicht an Konfessionen auszurichten, sondern orientierten sich an kultureller Tradition, wie der 1. Mai zum Beispiel. Er hält de Maizières Vorschlag für einen „undurchdachten Schnellschuss“– und wenn durchdacht, dann kontraproduktiv. „Vielleicht denkt der Innenminister mal darüber nach, wie die Diskussion in der Türkei wäre, wenn man dort den Karfreitag zum Feiertag ausruft?“Zudem seien Feiertage in Deutschland auch zahlenmäßig schlichtweg begrenzt. „Ein muslimischer Feiertag hat mit unserem Land nichts zu tun, ganz einfach.“
„Man gießt hier Öl in ein Feuer, das noch gar nicht brannte.“Martin Finkel, Dekan
Überrascht vom Vorstoß des ZdKPräsidenten Sternberg zeigt sich auch der Burgauer Stadtpfarrer und Dekan Martin Finkel. Die Nachricht sei erstaunlich und der Vorschlag völlig unnötig: „Kein Mensch hat je danach geschrien.“Das sei ein Alleingang, der niemandem diene und der sicher nicht abgesprochen gewesen sei. Nur weil einer meine, dass er „einen Luftballon steigen lassen muss“, sagt Finkel. „Man gießt hier Öl in ein Feuer, das noch gar nicht brannte.“Wie gehe es denn den Christen in islamischen Ländern, wo sie eine Minderheit seien? Christen bekämen in der Türkei auch keine Feiertage. „Dann auch freie Ostern und freie Weihnachten für alle bitte“, sagt der De- kan. Feiertage gehörten zur Identität einer Region und man sollte mit unseren Traditionen nicht spielen. Das schließe Toleranz nicht aus, aber Toleranz heiße ja nicht, „dass wir unsere Identität und Werte aufgeben“. Und Integration verlange, dass man sich dort anpasse, wo man lebe. Sicher sei der Alleingang nicht mit Muslimen abgesprochen, die schon lange hier leben. Auch die Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Augsburg, Hildegard Schütz aus Edenhausen, sagt: „Die Forderung kam ja nicht von den Muslimen.“Sie hält einen neuen Feiertag nicht für angebracht. „Es ist wichtig, dass sie ihren Glauben leben und ihre Feiertage feiern können und zu diesem Zweck auch von ihrem Arbeitgeber frei bekommen“, sagt die Pfarrgemeinderatsvorsitzende. Dieses Zugeständnis gebe es ja bereits. Doch unsere Gesellschaft sei christlich geprägt und jeder Religion einen eigenen Feiertag einzuräumen, würde die Gesellschaft zersplittern.
Die Dekanin des EvangelischLutherischen Dekanats aus dem Landkreis Neu-Ulm, Gabriele Burmann, steht Sternbergs Vorschlag dagegen offen gegenüber. Sie findet ihn „neu und interessant“. Schließlich lebten die Muslime mit und unter uns. „Warum sollen sie in unserem Land nicht auch einen Feiertag haben?“Sie halte es für einen Zug der Wahrnehmung der in unserer Region respektablen Minderheit. „Wir haben ja lange nebeneinander her gelebt. Es wäre ein Zeichen, dass wir uns kennenlernen wollen.“
Ob es dafür eigens einen Feiertag braucht? Das habe sie nicht zu Ende gedacht, sagt Burmann. Aber die Idee gehe in eine richtige Richtung. Andere Länder, andere Kulturen, andere Rhythmen – das wahrzunehmen schade nicht und erweitere den Horizont. Sich gegenseitig wahrzunehmen dient außerdem dem Frieden, sagt die Dekanin. Lieber nicht dazu äußern will sich Ertugrul Yalcin, der Sprecher der türkisch-islamischen Gemeinde Ditib in Günzburg. „Ich möchte nicht von einer Person auf die Meinung der Gemeinschaft schließen“, sagt er gegenüber unserer Zeitung. Denn innerhalb des Moschee-Vereins habe man sich mit dem Thema noch nicht befasst. Es sei für sie bisher keine großartige Debatte gewesen. Bevor er etwas dazu sage, möchte er sich in der Moschee umhören, sagt Yalcin. Weiter wollen sich er und Vertreter anderer türkisch-islamischer Organisationen nicht äußern.