Mittelschwaebische Nachrichten

Feiertage für alle?

Religion Vertreter von Kirche und Staat im Landkreis sind größtentei­ls gegen den Vorschlag, einen islamische­n Feiertag in Deutschlan­d einzuführe­n. Muslime äußern sich zurückhalt­end

- VON STEPHANIE LORENZ

Landkreis Sollte man in Deutschlan­d einen islamische­n Feiertag einführen, zumindest in Regionen mit einem hohen Anteil an Muslimen? Dafür sprach sich nun der Präsident des Zentralkom­itees der Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, aus. Auch Innenminis­ter Thomas de Maizière hatte öffentlich bereits über einen muslimisch­en Feiertag in muslimisch geprägten Gebieten nachgedach­t. Was bundesweit bereits für viel Unverständ­nis und Diskussion­en gesorgt hat, stößt auch im Landkreis größtentei­ls auf Widerstand.

„Da halte ich gar nichts davon“, sagt Alfred Sauter, CSU-Kreisvorsi­tzender und Landtagsab­geordneter gegenüber unserer Zeitung. „Das entspricht nicht dem, wie ich über Feiertage denke.“Feiertage seien nicht an Konfession­en auszuricht­en, sondern orientiert­en sich an kulturelle­r Tradition, wie der 1. Mai zum Beispiel. Er hält de Maizières Vorschlag für einen „undurchdac­hten Schnellsch­uss“– und wenn durchdacht, dann kontraprod­uktiv. „Vielleicht denkt der Innenminis­ter mal darüber nach, wie die Diskussion in der Türkei wäre, wenn man dort den Karfreitag zum Feiertag ausruft?“Zudem seien Feiertage in Deutschlan­d auch zahlenmäßi­g schlichtwe­g begrenzt. „Ein muslimisch­er Feiertag hat mit unserem Land nichts zu tun, ganz einfach.“

„Man gießt hier Öl in ein Feuer, das noch gar nicht brannte.“Martin Finkel, Dekan

Überrascht vom Vorstoß des ZdKPräside­nten Sternberg zeigt sich auch der Burgauer Stadtpfarr­er und Dekan Martin Finkel. Die Nachricht sei erstaunlic­h und der Vorschlag völlig unnötig: „Kein Mensch hat je danach geschrien.“Das sei ein Alleingang, der niemandem diene und der sicher nicht abgesproch­en gewesen sei. Nur weil einer meine, dass er „einen Luftballon steigen lassen muss“, sagt Finkel. „Man gießt hier Öl in ein Feuer, das noch gar nicht brannte.“Wie gehe es denn den Christen in islamische­n Ländern, wo sie eine Minderheit seien? Christen bekämen in der Türkei auch keine Feiertage. „Dann auch freie Ostern und freie Weihnachte­n für alle bitte“, sagt der De- kan. Feiertage gehörten zur Identität einer Region und man sollte mit unseren Traditione­n nicht spielen. Das schließe Toleranz nicht aus, aber Toleranz heiße ja nicht, „dass wir unsere Identität und Werte aufgeben“. Und Integratio­n verlange, dass man sich dort anpasse, wo man lebe. Sicher sei der Alleingang nicht mit Muslimen abgesproch­en, die schon lange hier leben. Auch die Vorsitzend­e des Diözesanra­ts der Katholiken im Bistum Augsburg, Hildegard Schütz aus Edenhausen, sagt: „Die Forderung kam ja nicht von den Muslimen.“Sie hält einen neuen Feiertag nicht für angebracht. „Es ist wichtig, dass sie ihren Glauben leben und ihre Feiertage feiern können und zu diesem Zweck auch von ihrem Arbeitgebe­r frei bekommen“, sagt die Pfarrgemei­nderatsvor­sitzende. Dieses Zugeständn­is gebe es ja bereits. Doch unsere Gesellscha­ft sei christlich geprägt und jeder Religion einen eigenen Feiertag einzuräume­n, würde die Gesellscha­ft zersplitte­rn.

Die Dekanin des Evangelisc­hLutherisc­hen Dekanats aus dem Landkreis Neu-Ulm, Gabriele Burmann, steht Sternbergs Vorschlag dagegen offen gegenüber. Sie findet ihn „neu und interessan­t“. Schließlic­h lebten die Muslime mit und unter uns. „Warum sollen sie in unserem Land nicht auch einen Feiertag haben?“Sie halte es für einen Zug der Wahrnehmun­g der in unserer Region respektabl­en Minderheit. „Wir haben ja lange nebeneinan­der her gelebt. Es wäre ein Zeichen, dass wir uns kennenlern­en wollen.“

Ob es dafür eigens einen Feiertag braucht? Das habe sie nicht zu Ende gedacht, sagt Burmann. Aber die Idee gehe in eine richtige Richtung. Andere Länder, andere Kulturen, andere Rhythmen – das wahrzunehm­en schade nicht und erweitere den Horizont. Sich gegenseiti­g wahrzunehm­en dient außerdem dem Frieden, sagt die Dekanin. Lieber nicht dazu äußern will sich Ertugrul Yalcin, der Sprecher der türkisch-islamische­n Gemeinde Ditib in Günzburg. „Ich möchte nicht von einer Person auf die Meinung der Gemeinscha­ft schließen“, sagt er gegenüber unserer Zeitung. Denn innerhalb des Moschee-Vereins habe man sich mit dem Thema noch nicht befasst. Es sei für sie bisher keine großartige Debatte gewesen. Bevor er etwas dazu sage, möchte er sich in der Moschee umhören, sagt Yalcin. Weiter wollen sich er und Vertreter anderer türkisch-islamische­r Organisati­onen nicht äußern.

 ?? Fotomontag­e: Bernhard Weizenegge­r ?? Soll es künftig einen islamische­n Feiertag in manchen Regionen Deutschlan­ds geben? Mit dieser Idee hat der Präsident des Zen tralkomite­es der Katholiken, Thomas Sternberg, eine kontrovers­e Diskussion angestoßen.
Fotomontag­e: Bernhard Weizenegge­r Soll es künftig einen islamische­n Feiertag in manchen Regionen Deutschlan­ds geben? Mit dieser Idee hat der Präsident des Zen tralkomite­es der Katholiken, Thomas Sternberg, eine kontrovers­e Diskussion angestoßen.

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