Mittelschwaebische Nachrichten
Gemeinsames Abendgebet: „Wir sind alle Gotteskinder“
Evangelische und Katholiken im Gedenken an Martin Luther
Thannhausen Eine beeindruckende und berührende Stunde erlebten die Besucher beim ökumenischen Abendgebet in der nahezu voll besetzten Christuskirche in Thannhausen. Beide christlichen Kirchen in der Mindelstadt nahmen die 500-Jahrfeier der Reformation zum Anlass, ihren Gläubigen einen gemeinsamen Abend im Gedenken an Martin Luther zu widmen.
Kirchenmusiker Robert Sittny stellte dafür einen stimmkräftigen Chor mit Sängern beider Konfessionen zusammen, die das Abendgebet auch mit Liedern aus dem Luther Pop-Oratorium musikalisch umrahmten. Stadtpfarrer Stefan Finkl freute sich, an dieser Veranstaltung teilzuhaben, Prädikantin Eva Behrens begrüßte für die krankheitsbedingt verhinderte Pfarrerin Ivena Ach die Gäste der Christuskirche und leitete das Abendgebet.
Nach dem Titellied „Wir sind alle Gotteskinder“, vom Chor kräftig und überzeugend vorgetragen, sprach die ökumenische Gemeinde gemeinsam ein Gebet Martin Luthers. Eva Behrens stellte in Form einer brennenden Kerze das Licht des Lebens vor dem Altar auf, Frauen beider Konfessionen fügten ein Kreuz für ein Leben in Hoffnung, bunte Tücher als Farben des Feuers, vom Heiligen Geist kommend, und eine Bibel als die gemeinsame Glaubensbotschaft hinzu.
Beeindruckend ließ der von Sittny souverän geleitete Chor das „Sola fide“(allein durch Glauben/allein aus Glauben) aus dem Luther-Oratorium erklingen, ein Grundelement der reformatorischen Lehre von der Rechtfertigung. In ihrer Würdigung Martin Luthers und seiner Kurzbio- grafie erwähnte Behrens die Erkenntnis des Reformators, dass kein Kaufen von Ablassbriefen, keine frommen Bußübungen oder gar Kasteiungen den Menschen von seiner Sünde befreiten. Es sei allein die Gnade Gottes, die ihn von seinen Sünden erlöse. Aus eigener Anstrengung kann der Mensch sich diese Erlösung nicht verdienen, sondern sie werde ihm von Gott geschenkt. Gott sei nicht der Richter, der den Sünder bestraft. Denn, so sprach schon Paulus, der Gerechte werde durch den Glauben leben.
Die Gläubigen konnten auf einem Zettel ihre Anliegen niederschreiben und in eine Box stecken. Dann durfte jeder ein Friedenslicht entzünden, dies vor dem Altar abstellen und auf dem Weg zu seinem Platz einen Bibelspruch mitnehmen. Begleitet wurde dieser Lichtergang vom Chor mit einem sich ständig wiederholenden „Meine Hoffnung und meine Freude“Stadtpfarrer Stefan Finkl forderte die Gläubigen auf, ihre persönlichen Fürbitten vor Gott zu bringen und lud zum gemeinsamen Vaterunser ein. Dieses ökumenische Abendgebet rief bei allen Besuchern Begeisterung hervor.