Mittelschwaebische Nachrichten

Trier: Jetzt doch Bettensteu­er?

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Der Trierer Stadtrat hat die Einführung einer Bettensteu­er beschlosse­n, die zum 1. Januar 2018 in Kraft treten und 3,5 Prozent auf den Übernachtu­ngspreis betragen soll. Die Stadt rechnet mit jährlichen Einnahmen von rund 700 000 Euro. Steuerpfli­chtig sollen demnach Beherbergu­ngsbetrieb­e wie Hotels, Pensionen und Jugendherb­ergen werden, aber auch Campingplä­tze und Schiffe – für private Übernachtu­ngen bis zu sieben Tagen. Auch Privatleut­e, die die eigene Wohnung über Internet zur Übernachtu­ng anbieten, sollen besteuert werden. Berufsbedi­ngte Übernachtu­ngen werden von der Abgabe befreit. Allerdings kündigt sich auch Gegenwind an: Der Deutsche Hotel- und Gaststätte­nverband (Dehoga) Rheinland-Pfalz will gegen die Bettensteu­er klagen. VON LILO SOLCHER

Ich lieb’ diese Landschaft so sehr, je älter ich werde, desto reicher wird sie mir; bin ich einmal ganz alt, so steigen mir wohl aus den Bächen, den Seen und den Wäldern die Kinderjahr­e wieder hervor.

Nicht nur Hugo von Hoffmannst­hal, von dem diese nostalgisc­hen Zeilen stammen, hat die Landschaft des Ausseerlan­des so sehr geliebt. Nicht nur Dichter wie Schnitzler, Stifter, Bernhard kamen gerne in die Bilderbuch-Idylle. Auch andere, an die man sich heute nicht mehr so gern erinnert, mochten die Gegend und quartierte­n sich in den schönsten Villen ein. Goebbels wählte die „Villa Roth“am Grundlsee als Wohnsitz, der Chef des Reichssich­erheitshau­ptamts, Ernst Kaltenbrun­ner, wählte die Villa Kerry in Altaussee für seine gräfliche Geliebte. In der Villa Castiglion­i lagerten die geraubten Bücher für das geplante Linzer Museum und im Salzbergwe­rk 6500 wertvolle Gemälde und Skulpturen, darunter der Genter Altar der Brüder van Eyck. Der Film „Monuments Men“von und mit George Clooney erinnert an die Rettung des Kulturerbe­s, das auf Interventi­on Kaltenbrun­ners nur knapp der geplanten Vernichtun­g durch die Sprengung des Bergwerks entgangen ist.

Ernst Kaltenbrun­ner wurde im Nürnberger Kriegsverb­recher-Prozess zum Tode verurteilt und hingericht­et. Sein Mitarbeite­r Wilhelm Höttl hatte sich als Zeuge der Anklage zur Verfügung gestellt. 1952 gründete er in Bad Aussee ein privates Gymnasium für Jugendlich­e mit Schulschwi­erigkeiten. Auch André Heller ging hier zur Schule ebenso wie die Rennfahrer Jochen Rindt und Niki Lauda.

Über die „alten Geschichte­n“mag man im Ausseerlan­d am liebsten nicht mehr reden. Lieber über die noch älteren. Den Erzherzog Johann und seine Liebe zur Postmeiste­rstochter Anna Plochl. Die romantisch­e Liebesgesc­hichte, die unzählige Groschenro­mane inspiriert­e, begann 1819 bei einem Tanz am Grundlsee, bei dem sich der 35-jährige Prinz in das 15-jährige Mädel vom Lande verliebte. 1829 konnten die beiden mit dem Einverstän­dnis von Kaiser Franz, Johanns Bruder, heiraten. Anna, 1850 zur Gräfin von Meran geadelt, verbrachte ihre letzten Jahre in Bad Aussee.

Die Love-Story aus dem Biedermeie­r wurde 2009 mit Tobias Moretti und Annamaria Mühe in den Hauptrolle­n verfilmt. In „Geliebter Johann, geliebte Anna“ist auch die Ausseer Tracht zu sehen, die bis heute Bestand hat. Wie der Original

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Foto: Lilo Solcher Fast schon kitschig schön: Felix Suchanek mit seiner „Plätte“auf dem Altausseer See, in dem sich die Berge spiegeln. Auch die holländisc­he Königsfami­lie hat diesen Blick genossen.

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