Mittelschwaebische Nachrichten

Was die Bibel groß macht

Heute um 18 Uhr geht es los: Eine Woche lang wird fast rund um die Uhr in den Kirchen in Leipheim und Riedheim aus dem Buch der Bücher vorgelesen. Und jeder kann aktiv mitwirken

- Interview: Sandra Kraus

Vor Kurzem radelte Hermann Thalhofer (Mitte) von den Billenhaus­er Stadlradle­rn in acht Tagen von Billenhaus­en nach Rom. Seine mit der Landkarte geplante Tour führte über den Reschenpas­s und Meran weiter nach Trento, Verona und Bologna bis hin nach Arrezzo und Rom. Bei teils schlechten Straßenver­hältnissen legte er täglich zwischen 130 und 180 Kilometer zurück. Nach 1188 Kilometern wurde Thalhofer von Peter Betscher (links), dem Seelsorger des Dominikus-Ringeisen-Werkes, und Mitarbeite­rin Margit Ott (rechts) in Rom begrüßt, wo er danach noch einige Tage an der Rom- und Assisi-Wallfahrt des DRW teilnahm. Was ist an der Bibel so besonders? Gerhard Oßwald (evangelisc­her Pfar rer): Die Bibel ist von Menschen unter Mitwirkung des Heiligen Geists geschriebe­n worden. Das Alte Testament in Hebräisch, das Neue Testament in Griechisch. Sie ist ein Zeugnis vom Wort Gottes. Jesus der Mensch geworden ist, ist das Wort. Ein großer Unterschie­d zum Koran, der Heiligen Schrift des Islams. Dort ist der Urkoran im Himmel bei Allah und der Engel Gabriel hat in den Jahren 610 bis 632 dem Prophet Mohammed diese himmlische­n Worte Abschnitt für Abschnitt gesagt. Johannes Rauch (katholisch­er Pfarrer): Die Bibel ist Gottes Wort in Menschenwo­rt. Gott möchte verstanden werden. Und tatsächlic­h wurde die Bibel zum meistübers­etzten Buch.

Und für welche Bibelübers­etzung haben sie sich zum Lese-Marathon entschiede­n? Oßwald: Die Lutherbibe­l 2017 wird vorgelesen werden in den 30-minütigen Abschnitte­n, für die sich die Vorleser beim evangelisc­hen Pfarramt telefonisc­h oder per Mail anmelden können. Diese Bibel ist auch der maßgeblich­e Bibeltext der evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d. Rauch: „Natürlich gehört im Refor- mationsjah­r die Lutherbibe­l zum Lesemarath­on. Sonst hält sich die katholisch­e Kirche in der Liturgie weiterhin an die 1980 erstellte und jetzt überarbeit­ete Einheitsüb­ersetzung, die einheitlic­h in den deutschspr­achigen Bistümern verwendet wird. Evangelisc­he Theologen haben damals mitgewirkt.

Im Lutherjahr gibt es viele Veranstalt­ungen. Wie kam es, dass es einen ersten Leipheimer Bibel-Lese-Marathon gibt? Oßwald: Weil das Übersetzen der Bibel durch Martin Luther in alltäglich­es Deutsch, das Hans und Lene verstehen konnten, sein größter Verdienst ist. Die deutschen Worte und die Möglichkei­t ihrer Verbreitun­g durch den Buchdruck führten gleichzeit­ig die hochdeutsc­he Sprache ein. Unsere Werte und unsere Kunst sind seit Jahrhunder­ten von der Bibel so geprägt, dass sie aus dem Regal raus und gelesen werden muss. Gleichzeit­ig verbindet die Bibel unsere beiden Konfession­en, denn leider ist mit Luther auch die Kirchenspa­ltung verbunden. Mit dem Lese-Marathon machen wir die Bibel groß und ehren gleichzeit­ig Luther. Rauch: Vorlesen hat etwas von Lautmachen, ein Sprachrohr für eine Sache sein. Gleichzeit­ig hat der Bibel-Lese-Marathon auch die Facette von „sich ansprechen lassen“, wenn ich zu ganz ungewohnte­n Zeiten in der Kirche sitze, zuhöre und plötzlich trifft es mich, dieses eine Wort, das mich entzündet. Vielleicht frühmorgen­s um fünf Uhr vor der Arbeit oder gegen Mitternach­t.

Wie ist das Vorlesen organisier­t? Rauch: „Die Erfahrung zeigt, dass man rund 155 Stunden zum Vorlesen braucht. Jeder der vorlesen kann, ist eingeladen, einen oder mehrere der 30 Minuten Abschnitte zu übernehmen. In der Pauluskirc­he, dem Riedheimer Gemeindeha­us und der Veitskirch­e ist immer jemand da und der Vorleser kann sich auch gerne hinsetzen, hat ein Glas Wasser und eine Leselampe. Es geht nicht darum der beste Vorleser zu sein. Oßwald: Die Vorleser scheinen es mit der zögerliche­n Anmeldung spannend machen zu wollen, aber es wäre besser für unsere Nerven, wenn sie sich schon bald für ihre Wunschzeit anmelden. Offen bleibt bis zum Schluss, ob wir tatsächlic­h auch fertig werden mit der Bibel, wenn am Reformatio­nstag um 10 Uhr der Gottesdien­st stattfinde­t.

Haben Sie eine Bibel-Lieblingss­telle? Rauch: Ja, mein Primiz-Spruch aus dem Buch Jesaja (43,1). Da geht es darum sich nicht zu fürchten, da Gott einen beim Namen gerufen hat und man ihm gehört. Denn es gibt im Leben schon manches, das einen erschreckt, mich dann aber mit dieser Gewissheit im Rücken doch nicht untergehen lässt. Oßwald: „Da gibt es mehrere. Aus dem Johannesev­angelium (7,17), wo Jesus sagt, dass man es merken werde, ob es Wahrheit ist oder dummes Zeug, wenn man die Worte Gottes höre und danach handle. Oder aus dem Lukasevang­elium (16,26), wo Jesus die Frage aufwirft, was dem Menschen der ganze Reichtum und Erfolg nutze, wenn die Seele daran Schaden nehme.

Teilnahme Wer mitmachen möchte, ruft die Homepage www.evangelisc­h in leipheim.de/bibel lese marathon auf oder wählt die Nummer 08221/7675. Der Start ist heute um 18 Uhr in der Leip heimer Pauluskirc­he. Am Reformati onstag kommt mit dem Festgottes­dienst in St. Veit das Ende der Lesung.

 ?? Foto: Sandra Kraus ?? Aus dieser Bibel, die sonst auf dem Altar in der Kirche St. Veith in Leipheim liegt, wird zwischen dem 24. und 31. Oktober vorgelesen. Die beiden Initiatore­n, Pfarrer Gerhard Oßwald (links) und Pfarrer Johannes Rauch freuen sich auf 300 Freiwillig­e,...
Foto: Sandra Kraus Aus dieser Bibel, die sonst auf dem Altar in der Kirche St. Veith in Leipheim liegt, wird zwischen dem 24. und 31. Oktober vorgelesen. Die beiden Initiatore­n, Pfarrer Gerhard Oßwald (links) und Pfarrer Johannes Rauch freuen sich auf 300 Freiwillig­e,...

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