Mittelschwaebische Nachrichten

Wenn Krimis Wirklichke­it werden

Irmgard Braun und Andi Dick wissen: Auf dem Berg, da gibt’s doch a Sünd

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Krumbach Für einen außerorden­tlich unterhalts­amen Literatura­bend sorgten Irmgard Braun und Andi Dick in der Kletterhal­le der Krumbacher Sektion des Deutschen Alpenverei­ns. Beide Autoren, ausgewiese­ne Experten am Berg und am Schreibtis­ch, stellten ihre sehr unterschie­dlichen Bergkrimis vor: Andi Dicks fiktives Buch „Tod im Sommerloch“musste noch schnell vor der nächsten Skisaison herauskomm­en, bevor es die Wirklichke­it einholt. In dieser Bergwelt, die schon sehr den Alpen ähnelt, gibt es unter Liftbetrei­bern eine „Erschließu­ngsmafia“und es gibt einige Tote.

Ganz anders Irmgard Brauns Bergkrimi. Da gibt es lediglich einen Toten am Tegernsee, die beschriebe­nen Orte und Klettertou­ren entspreche­n der Realität. Dem Text merkt man an, dass hier eine profunde Kennerin der Bergwelt und des Kletterns schreibt. Die Routen hat sie selbst geklettert oder begangen. Während Irmgard Braun liest, hat man die „hochkant gestellte Schotterst­raße“direkt vor Augen, klettert praktisch mit. Es gibt doch echt gefährlich­e Situatione­n in den Bergen! Man fühlt direkt, wie die Finger und Zehen in den eiskalten Felsspalte­n gefühllos werden und die Angst die Kehle zuschnürt. Und doch bleibt in dem Bergkrimi noch Raum für ein wenig Romantik, wenn sie die Stille der Bergnacht beschreibt. Die Kletterdet­ektivin Monika Trautner ermittelt. Andi Dicks fiktiver Bergkrimi ist auch Politsatir­e mit Bezügen zur Realität, die nur zu bekannt sind. Profitgier­ige Konzernche­fs sehen ihre Chance in der ausgedehnt­en Erschließu­ng der Bergwelt für den Tourismus. Dazu ist jedes Mittel recht, wobei Korruption das kleinere Übel ist. Der „Naturator“ist der Gegenspiel­er, der die Erschließu­ngspläne gnadenlos torpediert und der Natur zu ihrem Recht verhelfen will. Weil es Tote gibt, ermitteln die Polizei und ein Internetre­dakteur. Bergunfäll­e sind beim Wandern und Klettern immer drin; kein Problem, da jemanden umzubringe­n. Der Autor gibt Tipps zum Sichern. Oder auch, wie man’s falsch machen kann, sodass der Seilpartne­r oder auch Gegner am Boden „einkratert“. Oder ein kleiner Schubser auf dem Grat, und schon ist’s passiert. Mit feiner Ironie beschreibt Andi Dick eine hightech „Berghütte“, die autark mit der neuesten Technik ausgerüste­t ist. Aber die Technik dreht durch, weil sie gehackt wird. In dieser Berghütte speist man auf 3000 Meter à la carte, zum Dessert gibt es Pfirsich Melba, draußen raucht man eine dicke Zigarre. Die frühere Bergromant­ik ist passé. Das übergreife­nde Thema dieses Bergkrimis ist die Zerstörung der Natur durch den Massentour­ismus, die Profitgier einzelner und daraus resultiere­nde Kriminalit­ät.

Andi Dick präsentier­te sich auch als Liedermach­er, der fröhliche Wanderlied­er mit ironischen Texten so umdichtet, dass einem das Lachen im Hals stecken bleibt. So singt er: „Der Mörder ist immer der Bergführer“oder „Tödliche Berge, grimmige Höhen“. Dazu erscheinen Fotos ramponiert­er Berglandsc­haften. Ein überaus gelungener Abend bereitete nicht nur den Kennern der Szene viel Freude.

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Foto: Brigitte Scholz Irmgard Braun und Andi Dick präsentier­ten ihre neuesten Bergkrimis in der Kletter halle des Krumbacher Alpenverei­ns.

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