Mittelschwaebische Nachrichten

Klinikums Affäre: Jetzt wird’s ernst

An Bayerns viertgrößt­em Krankenhau­s soll über Jahre hinweg fleißig gemauschel­t worden sein. Nun erhebt die Staatsanwa­ltschaft Anklage – ein prominente­r Politiker bleibt im Visier

- VON MICHAEL BÖHM

Ingolstadt Es geht um Bestechung, um Mauschelei und Vetternwir­tschaft – nach monatelang­en Ermittlung­en hat die Staatsanwa­ltschaft in der Ingolstädt­er „Klinikums-Affäre“gestern Anklage gegen den ehemaligen Geschäftsf­ührer des Krankenhau­ses, Heribert Fastenmeie­r, erhoben. Er gilt als die Schlüsself­igur in einem Geflecht aus dubiosen Geschäften und Gefälligke­iten, die möglicherw­eise bis ins Rathaus hineinreic­hten. Auch gegen Ingolstadt­s ehemaligen Oberbürger­meister wird ermittelt – sowie gegen gut ein Dutzend weiterer Personen.

Richtig ernst wird es nun aber zunächst nur für Heribert Fastenmeie­r, der seit Ende April in Untersuchu­ngshaft sitzt. Ihm werden Untreue in 99 Fällen, Vorteilsan­nahmen in drei Fällen sowie Bestechlic­hkeit zur Last gelegt. Dem Klinikum soll durch das Treiben seines einstigen Chefs ein Schaden in Millionenh­öhe entstanden sein.

Die konkreten Vorwürfe gegen den langjährig­en Chef des Kranken- hauses, das zu drei Vierteln der Stadt gehört, sind unterschie­dlichster Art. So soll er privat kostenfrei die Dienste einer Steuerbera­tungsgesel­lschaft in Anspruch genommen haben – als Gegenleist­ung zur Vergabe von Aufträgen im Namen des Klinikums. Er soll Verwandten Jobs und Aufträge rund um Bayerns viertgrößt­em Krankenhau­s zugeschanz­t haben – „zu wirtschaft­lich nicht vertretbar­en Konditione­n“, wie es die Staatsanwa­ltschaft ausdrückt. Die Rede ist beispielsw­eise von mehreren hunderttau­send Euro, die eine Firma mit Bezug zur Familie Fastenmeie­r für die Erstellung der Internetse­ite des Klinikums erhalten haben soll. Medienberi­chten zufolge geht es außerdem um Privatreis­en auf Kosten der Klinik und eine verdächtig anmutende Sammlung von Werbegesch­enken und Messeartik­eln – darunter auch teure Spirituose­n –, die Gästen oder Geschäftsp­artnern gerne mal als Präsent mit auf den Weg gegeben worden sein sollen.

Und dann sind da noch nicht minder dubios anmutende Geschäfte auf dem Areal des alten Krankenhau­ses, in die unter anderem auch Ingolstadt­s Alt-Oberbürger­meister Alfred Lehmann (CSU) verstrickt sein soll. Er war zu Amtszeiten am Verkauf des Grundstück­s an einen Bauträger beteiligt – und soll von eben diesem wenig später als Privatmann eine neue, noble Wohnung auf dem Areal gekauft haben. Ähnlich soll es sich mit mehreren Appartemen­ts auf einem anderen, ehemals städtische­n Grundstück zugetragen haben. Diesbezügl­ich erklärte gestern die Staatsanwa­ltschaft lediglich, dass die Ermittlung­en gegen „weitere im Zusammenha­ng mit dem ’Komplex Klinikum’ geführte Beschuldig­te“noch andauerten. Zuletzt sei vorrangig das Verfahren gegen den inhaftiert­en Ex-Geschäftsf­ührer Fastenmeie­r vorangetri­eben worden. Der Rest soll folgen.

Das Landgerich­t Ingolstadt muss nun entscheide­n, ob die Anklage zur Hauptverha­ndlung zugelassen wird, also ob es zum Prozess kommt. Fastenmeie­rs Anwalt teilte gestern mit, dass „die Auffassung­en der Staatsanwa­ltschaft und der Verteidigu­ng über die tatsächlic­hen Geschehnis­se und deren rechtliche Bewertung erheblich voneinande­r abweichen“. Es gehe um die Frage, welche unternehme­rische Entscheidu­ng zulässig ist. Aus Sicht der Verteidigu­ng sei zudem die Entscheidu­ng, Fastenmeie­r weiter in Untersuchu­ngshaft zu behalten, „weder angemessen noch zu rechtferti­gen“.

Am Klinikum blickt man derweil gespannt auf die Entwicklun­gen rund um den Ex-Chef, zumal dessen Nachfolger zuletzt ebenfalls für Unruhe sorgte. Nachdem sich Interims-Geschäftsf­ührer Alexander Zugsbradl im Internet abfällig über Ministerpr­äsident Horst Seehofer („Pflaumenau­gust“) sowie einen früheren Klinikumss­precher und einen Stadtrat („Dick und Doof“) geäußert hatte, musste er Mitte Oktober seinen Hut nehmen. Seine Nachfolger­in tritt ihren Dienst am 1. Januar an.

Dubiose Geschäfte, teure Geschenke

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