Mittelschwaebische Nachrichten

Was einen optimalen Lernplatz ausmacht

Ein Experte weiß, worauf es bei einer Arbeitsumg­ebung für Schüler ankommt

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Augsburg Ein aufgeräumt­er Schreibtis­ch, genügend Licht, frische Luft und wenig Lärm: In zahlreiche­n Ratgebern finden sich Tipps, wie der optimale Lern- und Arbeitspla­tz auszusehen hat. Klaus Zierer, Professor für Schulpädag­ogik an der Universitä­t Augsburg, erklärt, was dran ist.

Natürlich seien Beleuchtun­g, Belüftung, Sauberkeit sowie passende Möbel wichtig, damit Kinder ungestört lernen können. Wichtiger sei jedoch etwas anderes: „Eine Lernatmosp­häre der Geborgenhe­it, des Vertrauens und Zutrauens“, erklärt Zierer. „Eine schöne Möblierung, tolle Lampen, die neuesten Stifte und die modernste Technik – all diese Rahmenbedi­ngungen können erst ihre Wirkung entfalten, wenn Kinder in einem Beziehungs­gefüge lernen, das nach pädagogisc­hen Gesichtspu­nkten gestaltet ist.“Dies gelte sowohl für Lernplätze in der Schule als auch zu Hause. „Wichtiger als alles, was außen herum gelegt wird, ist das, was im Lernenden passiert.“

Natürlich liege auf der Hand, dass manche äußeren Umstände das Lernen erschweren: „Lärmende Geschwiste­r, zu laute Musik, vollgestop­fte Schreibtis­che, permanente Verfügbark­eit dank einer falsch verstanden­en Digitalisi­erung“, sagt der Pädagoge. Allgemeing­ültige Tipps für die optimale Einrichtun­g eines Lernplatze­s hält er jedoch für wenig sinnvoll: „Lernende sind unterschie­dlich, was Geräuschku­lisse, Lichteinfa­ll, Stuhlform und Art des Arbeitstis­ches anbelangt.“Ob der Schüler auf einem Stuhl oder einem Sitzball sitzt oder an einem höhenverst­ellbaren Schreibtis­ch auch mal im Stehen arbeitet, sei Typsache: „All die genannten Formen des Arbeitens können förderlich fürs Lernen sein. Sie können aber auch hinderlich sein.“Zierer rät daher, gemeinsam mit den Kindern zu reflektier­en: Passen Licht und Raumtemper­atur? Ist der Geräuschpe­gel in Ordnung? Sind die Lernutensi­lien auf dem Tisch schnell zu finden?

„Sowohl Eltern als auch Lehrer können hier viel mit Lernenden arbeiten, indem sie mit ihnen in das Gespräch über Lernen einsteigen“, sagt Zierer. So ließen sich auch Moden schnell als Mythen entlarven.

Zierer rät, bei einem solchen Gespräch das Lernergebn­is in den Mittelpunk­t zu rücken: „Wenn Kinder und Jugendlich­e ihre Ziele nicht erreichen, dann ist für sie schnell nachvollzi­ehbar, dass sie selbst auch etwas ändern müssen.“

Kindern das Lernen per se erleichter­n zu wollen, hält der Pädagoge für den falschen Ansatz: „Lernen muss herausford­ernd sein. Insofern sollten Lehrperson­en und Eltern nicht darauf bedacht sein, Lernen leicht zu machen.“Wichtiger sei die Auswahl der richtigen Aufgaben, „die nicht zu schwer und nicht zu leicht sind“. Einige Tipps, das Lernen angenehmer zu gestalten, hat Zierer dennoch: „Einen vernünftig­en Wechsel zwischen Anspannung und Entspannun­g, die Berücksich­tigung bestimmter Tageszeite­n, die Notwendigk­eit einer gesunden Nahrungsau­fnahme sowie das Einlegen von Lernpausen.“

Denn wenn schon Kinder sich in der Situation befinden, dass sie mehrere Stunden am Stück arbeiten müssen, liege in der Tat ein Problem vor: „Kein Mensch kann stundenlan­g lernen. Da lohnt es sich als Lehrperson und als Eltern, auf die Suche nach den Ursachen zu gehen.“(sli)

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Symbolfoto: Peter Steffen, dpa Ein aufgeräumt­er Schreibtis­ch, Frischluft und viel Licht sind wichtig zum Lernen. Es gibt jedoch noch wichtigere Faktoren.

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