Mittelschwaebische Nachrichten

Hassans Haut entstand im Labor

Wie Bochumer Ärzte einen todkranken Jungen gerettet haben

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Bochum Hassan war ein schier hoffnungsl­oser Fall. Als er mit sieben Jahren in die Bochumer Kinderklin­ik kam, waren bereits 60 Prozent seiner Hautoberfl­äche zerstört, durch die schweren chronische­n Wunden und die Infektione­n war er völlig ausgezehrt – eine Folge der Erbkrankhe­it Epidermoly­sis bullosa, auch Schmetterl­ingskrankh­eit genannt, von der in Europa etwa 35 000 Kinder betroffen sein sollen. Dabei ist die obere Hautschich­t, die Epidermis, nur unzureiche­nd in der darunterli­egenden Hautschich­t, der Dermis, verankert. Schon kleinste Belastunge­n führen zu Blasenbild­ung und zur Ablösung der Haut.

Heute, zwei Jahre danach, geht Hassan zur Schule, er spielt Fußball und kann ein weitgehend normales Leben führen. Verletzung­en heilen bei ihm wie bei anderen Kindern auch – dank einer neuen Gentherapi­e, für die Ärzte ihm einige Hautzellen entnommen, im Labor eine gesunde Variante des bei ihm fehlerhaft­en Gens eingebaut und die Zellen vermehrt haben. Danach transplant­ierten sie die nachgezüch­tete gesunde Haut auf fast die gesamte Körperfläc­he des Jungen.

Bei ihm war die Krankheit zunächst unter Kontrolle, nach einer Infektion verschlech­terte sich sein Zustand aber so dramatisch, dass im Grunde nur noch eine palliativm­edizinisch­e Behandlung infrage kam. Auf Wunsch der Eltern suchten die Ärzte nach experiment­ellen Therapiemö­glichkeite­n und stießen auf Michele De Luca, der im italienisc­hen Modena eine Gentherapi­e an zwei Patienten getestet hatte, allerdings nur an kleineren Hautbereic­hen. Zu Beginn der Behandlung lag Hassan wie eine Mumie in seinem Bett, von Kopf bis Fuß in Verbände gewickelt. „Er ist der erste Mensch, der so behandelt wurde“, sagt der plastische Chirurg Tobias Hirsch, der ihn operiert hat. Es sei „ein Wunder und ein Segen“, dass es ihm nun so gut gehe.

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Foto: dpa

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