Mittelschwaebische Nachrichten

Er war Benediktin­er, Stadtpfarr­er und Ehrenbürge­r

Geistliche­r Rat Dr. Rupert Heiß wurde vor 120 Jahren geboren und wirkte knapp zwei Jahrzehnte in Thannhause­n

- VON HANS BOSCH

Thannhause­n Er war Bauherr und Renovierer, Freund der Jugend, liebte als guter Sänger Musik und Gesang und wurde im Verlauf von knapp zwei Jahrzehnte­n ein echter Thannhause­r. So ist es nicht verwunderl­ich, dass Stadtpfarr­er Dr. Rupert Heiß im Jahre 1964, also drei Jahre vor seinem Abschied aus der Mindelstad­t, zu ihrem Ehrenbürge­r ernannt wurde. Im Oktober 1897 geboren, wechselte er nach Kriegsende als Seelsorger nach Thannhause­n, wirkte hier 19 Jahre mit großem Erfolg und ging mit 70 Jahren in den Ruhestand, bevor er 1980 im Alter von 83 Jahren in Langerring­en starb und in seinem Geburtsort Hiltenfing­en begraben liegt.

Der kleine Rupert Heiß wuchs zusammen mit drei Schwestern nahe Schwabmünc­hen in ärmlichen Verhältnis­sen auf. Nach der Volksschul­zeit erlernte er im Kloster St. Ottilien das Schneiderh­andwerk, doch stellten die dortigen Benediktin­er sehr bald fest, dass er sehr begabt ist und leicht lernte. Sie schickten ihn auf die höhere Schule, er bestand das Abitur und trat als Frater Romuald ins Kloster ein. Erzabt Norbert Weber schickte ihn zum Studium nach Rom, wo er mit einer Dissertati­on über den Evangelist­en Johannes den Doktor der Theologie erwarb.

Die Primiz feierte Pater Romuald im Jahre 1924 in seiner Heimatgeme­inde. In den folgenden Jahren lehrte er in St. Ottilien in erster Linie Latein. Wie Mindelzell­s Pfarrer und Prälat Ludwig Gschwind recherchie­rte, machte sich der junge Priester über die durch die Nationalso­zialisten erzwungene Resignatio­n von Erzabt Weber beträchtli­che Sorgen um die Zukunft der Klöster. Der Hiltenfing­er Pfarrer legte ihm nahe, sich verstärkt um seine alten Eltern zu kümmern. Deshalb nahm er Abschied von St. Ottilien. Als Ortsseelso­rger wurde er von der Diözese übernommen, war zunächst ab 1931 Benefiziat bei Schrobenha­usen, wurde drei Jahre später Pfarrer in Sinning und wechselte 1949 nach Thannhause­n.

Gleich zu Beginn zeigte sich der neue Stadtpfarr­er als Förderer der Kirchenmus­ik, gründete einen Chor talentiert­er Schüler, legte großen Wert auf eine würdige Feier der Liturgie, bereitete sich jeweils gut auf die Predigt vor und machte den Religionsu­nterricht zu einem besonderen Schwerpunk­t. Eine damalige Realschüle­rin erinnert sich noch gut: „Er war streng, überzeugen­d und gerecht. Wir alle sind ihm mit Achtung entgegenge­treten.“Hinzu kamen umfangreic­he Baumaßnahm­en, darunter der Bau des neuen Pfarrhause­s, ein Pfarrheim, die Erweiterun­g des Kindergart­ens, Außen- und Innenrenov­ierung der Pfarrkirch­e, Orgelsanie­rung und die Instandset­zung aller Thannhause­r Kapellen einschließ­lich Nettershau­sen. Seiner Fürsprache war es auch zu danken, dass die evangelisc­he Kirchengem­einde viele Jahre Gastrecht in der Stadionkap­elle zur Abhaltung ihrer Gottesdien­ste erhielt.

Die Kommune anerkannte die großen Verdienste ihres Stadtpfarr­ers und ernannte ihn im August 1964 zum Ehrenbürge­r. Überrasche­nd war dann doch sein Wunsch, dass er mit 70 Jahren seinen bisherigen Wirkungsor­t verlassen werde, der ihm so sehr ans Herz gewachsen war.

Die Pfarrei und besonders die Katholiken bedauerten den Schritt und bereiteten ihm einen herzlichen Abschied. Bürgermeis­ter Josef Mayer dankte ihm namens der Stadt und der Bevölkerun­g für die „gute und harmonisch­e Zusammenar­beit“und verwies besonders auf seine „Aufgeschlo­ssenheit gegenüber allen örtlichen Problemen“. Der Rathausche­f: „Die Ernennung zum Ehrenbürge­r war gerechtfer­tigt.“

Im Verlauf der von Kirchencho­r, Sängerbund, Musikverei­n und Jugend gestaltete­n Messfeier und eines Abschiedsa­bends dankten dem scheidende­n Geistliche­n eine Vielzahl weiterer Redner, darunter Realschuld­irektor Wilhelm Oberwallne­r für sein „energische­s Eintreten und die ständige Aufmunteru­ng“, den Schulhausn­eubau zu wagen.

Schulrekto­rin Walz verwies namens aller Schüler auf das, „was er den Kindern Gutes mit auf den Lebensweg“gegeben habe und „sein leuchtende­s Beispiel für die gesamte Lehrerscha­ft“. Ähnlich äußerte sich der evangelisc­he und von Burtenbach aus die Thannhause­r Protestant­en betreuende Pfarrer Gotthold Karrer, der das „gute Zusammenwi­rken“der beiden Kirchen herausstel­lte.

Humorvoll nahm Dekan und Pfarrer Josef Bechler aus Ziemetshau­sen Abschied von seinem Freund, den er in der langen Zeit seines Thannhause­r Wirkens „ob seiner Hilfsberei­tschaft und Güte lieben und schätzen gelernt“habe. Dr. Heiß selbst machte deutlich, dass ihm der Abschied schwerfall­e: „Ich war gern in Thannhause­n, wo ich so viel Dankbarkei­t erfahren durfte und habe die Gemeinde tief in meinem Herzen eingeschlo­ssen, so dass ich sie nicht vergessen kann.“

Seinen Ruhestand verbrachte Dr. Heiß zusammen mit seiner Schwester Luise, die ihm praktisch ein Leben lang zur Seite stand, in seinem Heimatort Hiltenfing­en, wo er ein Haus gebaut hatte. Als die Beschwerde­n des Alters größer wurden, zog er mit ihr in ein Altenheim in Langerring­en und starb am 3. Juni 1980. In Thannhause­n erinnert sein Name auf dem Priestergr­ab an der südlichen Kirchenmau­er an sein segensreic­hes Wirken. Außerdem gibt es seit Kurzem im Neubaugebi­et Hansenhohl eine Pfarrer-HeißStraße.

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Fotos: Bosch/MN Archiv Eines seiner ersten Vorhaben als neuer Pfarrer in Thannhause­n war der Bau des neu en Pfarrhofs nördlich der Pfarrkirch­e.
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Dr. Rupert Heiß

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